Petz
Registrierter Benutzer
Wie aufwendig ist so etwas denn ca. ?
Ihr die auch Klavier spielen könnt ist es denn so enorm schwer und kompliziert so etwas selbst zu erlernen bzw. durchzuführen ?
Ich meine natürlich nur wenn man es ausführlich beigebracht bekommen bzw. erlernt hat.
Muß vorab sagen daß ich mir die Stimmerei mit einem Klavierbauerlehrbuch selbst beigebracht habe.
Voraussetzung ist mal ein sehr gutes Gehör und die Fähigkeit Interferenzschwingungen aus nem Ton rauszuhören. Wenn Du das hast und mit einem Stimmgerät die Referenzoktave stimmst ist der Rest an sich kein großes Problem. Was man braucht ist ein Stimmschlüssel (bei diesem unbedingt darauf achten das die Innenverzahnung konisch ist - billige Exemplare sind parallel wie ein normaler Steckschlüssel und können die Stimmwirbelkanten ruinieren), einen Stimmkeil sowie bei nem Flügel unbedingt einwandfreie Bandscheiben . Der Keil ist normalerweise aus Filz, ich verwende mittlerweile bevorzugt schräg angeschliffene Gummischlauchstücke weil der Gummi erstens besser dämpft und auch bei harten Anschlägen die beim Stimmen erforderlich sind zuverlässiger zwischen den Saiten hält.
So als Kurzüberblick:
Zwischen den linken beiden der drei Tenorsaiten eines Tones den Keil zur Dämpfung dieser zwei Saiten klemmen und die verbleibende rechte Saite passend zum Stimmgerätton stimmen. Dann Keil zwischen linker Saite und Nachbartonsaite stecken damit die gedämpft bleibt und die mittlere Saite der bereits gestimmten rechten anpassen. Dann Keil weg und die linke den anderen beiden bereits gestimmten Saiten anpassen.
Dies bei der gesamten Referenzoktave so machen und am Schluß nochmal alle Töne prüfen.
Dann Ton für Ton alle Oktavtöne ausgehend von dem jeweiligen Ton der Referenzoktave stimmen.
Ich persönlich stimme die Basstöne jeweils eine Spur zu tief weil man dadurch bei kleineren Instrumenten (Pianos) die meist etwas blechern klingenden Obertonanteile bei den Basstönen abschwächen kann.
Im Gegenzug kann man in den hohen Oktaven ne Spur zu hoch stimmen weil die hohen Töne viel schneller ihre Stimmhöhe verlieren als die anderen und man dadurch eventuell die nächste Stimmung etwas rauszögern kann.
Die Stimmhaltung bei sehr beanspruchten Klavieren kann man auch dadurch verbessern indem man beim Stimmen einer Saite selbst diese nicht einfach nur auf die korrekte Tonhöhe zieht sondern (mechanisch robustes Instrument allerdings vorausgesetzt) zuerst den Ton leicht überzieht und ihn dann unter Fortissimoanschlägen langsam mit dem Stimmschlüssel nachlassend auf die korrekte Höhe "runterprügelt" (gelernte Klavierbauer werden jetzt zwar die Augen verdrehen aber diese Technik hat sich jedenfalls bei mir in Bezug auf die Stimmhaltungsdauer sehr bewährt).
Als Anfänger jedenfalls aufhören wenn die Konzentration nachlässt und besser später nach ner längeren Pause wieder weitermachen sonst wird es zur Tortur. Abgesehen davon braucht ne zuverlässig und genau durchgeführte Stimmung mindestens zwei bis drei Stunden, alles drunter ist meiner Ansicht nach Pfusch!
Abraten würde ich jedenfalls jedem Anfänger zu versuchen eine Stimmung ohne Stimmgerät für die Referenzoktave zu machen. In dieser Variante legt der Stimmer nur mit einer Kammertonstimmgabel und dem sogg. Quintenzirkel die Referenzoktave und dafür braucht man lange Erfahrung weil der, mathematisch vorliegende Fehler bei den Quinten auf alle Töne der Referenzoktave so "verteilt" werden muß das trotzdem alle Tonintervalle klanglich einwandfrei sind.
Dies ist dann die sogg. wohltemperierte Stimmung noch aus Bach´s Zeiten - bei älteren Stimmvarianten wo dieser Ausgleich noch nicht erfolgte waren nämlich einige Töne nicht verwendbar.