Ich kann erstmal für _alle_ Instrumente durchaus bestätigen, daß es eine beliebte Marotte überwiegend der nicht so Geübten ist, mangelnde Kontrolle durch lautstärke kompensieren zu wollen. Das ist keine Spezialität von Schlagzeugern, das schaffen auch Gitarristen, Sänger, Keyboarder, Bassisten, Blechbläser oder Akkordeonisten - einfach alle. Anfänger mehr wie Profis, aber nicht ausschließlich.
Speziell mit nicht so erfahrenen Leuten ist weitgehend unabhängig von Genre und Instrument ab und an zu beobachten, daß sie erst lautere Monitore fordern, dann gegen diese anspielen, was dazu führt daß sie wieder nix hören und lautere Monitore fordern... - das führt trivial erkennbar zu nichts. Also: den Leuten ruhig mal erklären, wozu Monitore gut sind, wie man mit denen sinnvoll arbeitet und daß sie besser nicht als "begleitender Duopartner" betrachtet werden.
IMHO eine unwiderlegbare Tatsache ist weiterhin, daß auf vielen Instrumenten - und da möchte ich (obwohl kein Drummer) durchaus behaupten, auch beim Schlagzeug - hohe Lautstärke zu hoher Anspannung und Verkrampfung und damit zwangsläudig zu schlechterer Kontrolle und schlechterem Timing führt.
Präzision und Geschwindigkeit erreicht man viel leichter, wenn man wenig Kraft ausübt, diese gut kontrolliert und bewußt eine saubere Spieltechnik umsetzt. War da an den Drums nicht mal so ein Thema "Stockbalance" und "Schlagvorbereitung"? Ja, ich weiß alles unpopuläre nervige Zeitverschwendung die einem schon als Schüler den Unterricht verleidet hat... SCNR
Schlechtes Timing führt zu matschigerem Sound und mehr Streß vor und hinter dem Mischpult. Das ist einfach mal so, da kann man nicht gegen an.
Gezielt die Anspannung rauszunehmen, indem man mal mit halber Lautstärke spielen läßt, ist einer der ältesten Tricks von Instrumentallehrern. Nimmt Körperspannung raus und schwupps, der gerade noch fast verkrampfende Schüler spielt lockerer, flüssiger und fehlerfreier. Das läßt sich in Studiosituationen durchaus nutzen - "laut" kann der Typ am Mixer dann schon machen wenns wirklich nötig ist.
Auf der Bühne kommts drauf an - einen gewissen Schallpegel an den Mikros braucht der Tonie, sonst muß er dauernd gegen Feedback ankämpfen und das klingt natürlich nicht gut. Wenn man die Monitore leise genug hält und sinnvoll ausrichtet und auch nicht voll am Mikro vorbeisingt/-spielt, gewinnt man Spielraum, mit dem der Typ am Pult dann helfen kann.
Das wichtigste, was man als Musiker für guten Sound auf der Bühne tun kann, ist jedoch in der Tat "Üben". Ein Mischpult ist und bleibt eben keine Kläranlage und wenn die Band matschig spielt dann hört es sich auf egal welcher Anlage und egal mit welchem Techniker halt auch matschig an.
Ein IMHO leider häufiges Problem ist Kommunikation. Techniker verstehen und reden über andere Dinge als Musiker und verstehen sich deshalb leider nicht zwangsläufig gut. Da nehme ich oft wahr daß man geflissentlich und hoch erregt aneinander vorbei streitet - was für beide kein Erfolgserlebnis werden kann.
Wenn der Musiker von Lautstärke oder Dynamik spricht, meint er nicht zwingend Signalpegel oder Kompression. Und wenn der Techniker von Druck oder Dynamik spricht meint der nicht zwangsläufig Lautstärke.
Der Techniker geht im Zweifel davon aus, daß man alles gleichermaßen gut und transparent hören soll - der Musiker möchte manche Dinge aber bewußt undeutlich und andere sehr dominant haben.
Oder der Techniker will daß möglichst wenig Bühnenschall seinen FoH-Mix stört, die Musiker brauchen aber einen direkten Eindruck vom Gesamtklang, damit sie gestalterisch daran arbeiten können, und beschweren sich daß es nicht klingt wie im Probenraum.
Viele Techniker finden Stereo komplett überbewertet weils die Dinge kompliziert macht und eh nur für nen Teil des Publikums funktioniert. Manche Musiker möchten aber auf keinen Fall eine "Klangwand", sondern einen räumlichen, in Breite und tiefe gestaffelten Klangraum, bei dem z.B. mehrere gleich laute und im gleichen Tonbereich stattfindende parallele Stimmen ausschließlich aufgrund ihrer räumlichen Anordnung getrennt wahrzunehmen sind (sowas ist bei Klassik oder Jazz wichtiger als bei Pop oder Heavy Metal, aber geben tuts das überall - Pink Floyd hat damals nicht von Ungefähr schon in den 70ern mit Quadrophonie experimentiert).
Oder andersrum: der Techniker ist stolz wie Harry, daß man Klarinette, Oboe und Flöte trotz schwieriger Überakustik sauber und deutlich getrennt neben der Trompete wahrnehmen kann, der Dirigent möchte aber an der Stelle den Akkord der Holzbläser als Klangteppich in einem homogenen Mischklang mit ganz leicht führender Funktion und viel Diffusschall , aus dem das Trompetensolo quasi herausragt wie eine Bronzestatue im Bauhaus-Stil auf einem Hochflor-Teppich.
Manches davon sind Zielkonflikte, manches aber auch nur scheinbare solche.
Da hilft nur: lernen, die Sache mit Augen und Ohren der "anderen Seite" zu betrachten, und miteinander reden.
Musiker, die auf große Bühnen wollen, sollten sich auch mit Möglichkeiten, Unmöglichkeiten und Schwierigkeiten von Tontechnik und Physik auseinandersetzen. Damit sie wissen, was der Techie tun kann, was er nicht tun kann, was ihn streßt, was ihm hilft, warum er bestimmte Dinge braucht und warum er Bröckchen hustet wenn man ein Mikro das beim Notenlesen im Weg ist einfach zur Seite dreht.
Ich habe den Rest dieses Beitrags und die darauf folgende Diskussion in einen anderen Thread ausgelagert, da diese Diskussion dann noch sehr OT geworden ist.