Wie improvisieren?

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Sky94
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Eigentlich meine ich mich mit der Theorie ganz gut auszukennen (habe auch das erste Harmonielehrebuch von Haunschild gelesen). Ich kann die Stufenakkorde bilden, meine mich mit erweiterten Akkorden habwegs auszukennen und kenne verschiedene Tonleitern (Dur, Moll, Dur- und Mollpentatonik, harmonisch Moll, melodisch Moll, Ganztonleiter, sowie die Kirchtonarten).
Ich weiß also zum Beispiel durchaus, dass G mixolydisch ein F enthält statt ein F#, was wiederum eine kleine Septime ist, die dann eine bluesartige Wirkung hat.

Nun habe ich all dieses Wissen und kann aus akkordtechnischer Sicht durchaus meinen Nutzen daraus ziehen. Ich könnte ja theoretisch ein Lied in dorisch schreiben, wenn mir natürliches Moll zu langweilig klingt.



Aber ich würde auch gerne improvisieren können (ich spreche hier jetzt von Gitarre, wobei das Instrument hierbei ja völlig egal sein dürfte).
Nun habe ich beispielweise gelesen, dass im Bluegrass gerne einmal die mixolydische Skala für die Improvisation eingesetzt wird. Doch wie setze ich diese nun ein?
Angenommen das Lied ist in der Tonart G-Dur, improvisiere ich dann durchgehend mit der Skala "G mixolydisch" und achte darauf keine Note zu spielen, die sich mit dem aktuellen Akkord nicht versteht oder richte ich mich mit der Wahl der Skala grundsätzlich nach den Akkorden? Also ist z.B. der Akkord G-Dur, spiele ich "G-mixolydisch", ist der Akkord C-Dur, spiele ich "C-mixolydisch" und ist der Akkord Em, spiele ich "Em-äolisch" oder Em-phrygisch".

Sollte man sich nun tatsächlich nach den Akkorden richten, muss es doch furchtbar schwer sein, seine aktuelle Idee zu verwirklichen, bevor man wieder die Skala wechseln muss.
Wollte ich dann über ein Bluesschema improvisieren, müsste ich ja am Schluss des Schemas in drei aufeinanderfolgenden Takten auch drei unterschiedliche Skalen verwenden :eek:

Und wie sollte ich dann über einen Jamtrack aus dem Internet oder aus dem Keyboard improvisieren, bei dem ich zwar die Tonart, aber nicht die Reihenfolge der Akkorde kenne?
 
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Hallo Sky94! In der populären Musik improvisiert man in der Regel über Harmoniefolgen, die einem Song (Lied) zugrunde liegen. Zur Übung kann man sowohl über einzelne Akkorde, wie über einfache Akkordfolgen und schlußendlich über ganze Lieder improvisieren.

Als Einstieg hat sich die sogenannte II-V-I-Verbindung als sehr erfolgreich bewährt.
Das wäre in C-Dur die Akkordfolge: d-moll7/G7/C-Major7. Wichtig ist auch möglichst
immer mit Begleitung zu Üben.

Als Buch möchte ich Dir empfehlen: How to improvise / An Approach to practising Improviation by Hal Crook (Advance music ISBN 3-89221-031-4). Darin steht Alles,
was man über die melodische Improvisation über Akkorde wissen muß.
Mit einem genauen Trainingsplan.

MfG
habadawi
 
Zuletzt bearbeitet:
Und wie sollte ich dann über einen Jamtrack aus dem Internet oder aus dem Keyboard improvisieren, bei dem ich zwar die Tonart, aber nicht die Reihenfolge der Akkorde kenne?

Gar nicht! Man sollte schon wissen, WOZU man spielt ...
Aber über vorheriges Anhören und alanysieren läßt sich die Akkordstruktur ja prinzipiell immer herausfinden ...

Und von wegen Skalen-Wechsel bei Akkordwechsel ... Es geht vorrangig darum, melodiöse Einfälle zu verwirklichen. Ein Einfall endet nicht bei einem Akkord und nicht mit einer Skala ... In der Regel ist die ganze Akkord-Sequenz (z. B. ein Turnaround) das Feld für eine melodiöse Idee ... die Kunst ist es, das so zu gestalten, daß die verschienen Akkorde und Skalen bei dieser Idee berücksichtigt werden (Stichwort Chordscales ...)

Thomas
 
Hallo,

ich empfehle eher einen einfachen Jamtrack zu nehmen und mal nach dem Gehör zu gehen, wenn du schon musikalisch bist. Erstmal einfach coole Melodien. Theorie empfinde ich teilweise anfangs eher nur als störend.

lg
 
....Aber ich würde auch gerne improvisieren können ...Sollte man sich nun tatsächlich nach den Akkorden richten...
Und wie sollte ich dann über einen Jamtrack aus dem Internet oder aus dem Keyboard improvisieren...?

Das Gehör ist m.E. entscheidend, also brauchst Du gute musikalische Vorbilder, die Du ausgiebig bis ins Detail belauschen kannst.
Dabei suchst Du dir am besten zuerst relativ einfache Stücke oder sogar nur Teile davon aus und lernst als Erstes, die Melodie und das Solo zu singen.
Wenn es mit und ohne Begleitung des Originals recht sicher klappt, lernst Du auch die Akkorde dazu. Falls Du sie noch nicht heraushören kannst, gibt es im Netz und auch im Forum reichlich Hilfen.
Wenn Du dein Stück dann komplett spielen lernst, gehst Du nach deinem Singen und damit nach dem Gehör. Das wird dabei mit der Originalaufnahme abgeglichen und so verbessert man sich mit der Zeit. Damit das von Anfang an überhaupt klappen kann, braucht es einfache Stücke in der Musik, auf die Du stehst.
Gut ist auch, Du zählst die Takte aus und malst dir von deinem Stück alles oder wenigstens die "wichtigen" Noten auf. Sie sind meist auf Taktanfängen und anderen vollen Zählzeiten zu finden. Du wirst bald feststellen, dass das Akkordtöne sind.

Improvisationen bestehen aus analysierender Sicht im Tonmaterial aus Arpeggios, also Abfolgen von Akkordtönen, aus Skalen bzw. Teilen davon sowie ihren Umformungen zu Riffs, Motiven und Melodien. Zur Musik wird das durch rhythmische Gestaltung und musikalische Phrasierung.
Oft findet man auch Annäherungen und Umspielungen der Akkordtöne, die als Zieltöne dienen sollen. Das kann durch Chromatik oder durch Diatonik (= Skalen/-teile) geschehen. Skalen und Akkorde sind nach heutiger Lesart (Akkordskalentheorie, Berklee-System) zwei ineinander überführbare Organisationsformen des gleichen Sachverhalts.
Alles aus diesem Abschnitt kann man natürlich ganz systematisch lernen und erarbeiten.

Eine praktische Hilfe dabei wäre in deutscher Sprache das Buch "Improvisieren, Musikarbeitsbuch" von Fritsch, Kellert, Lonardoni aus dem Leu-Verlag. Das Buch ist unabhängig von Rock oder Jazz einsetzbar, es vermittelt Übetechniken in der Entwicklung des musikalischen Hörens und des Einsatzes von Tönen an passenden Stellen des musikalischen Geschehens und erläutert "en passant" die dabei zugrunde gelegte Akkordskalentheorie.

Speziell für Rock in allen Spielarten gäbe es neben vielen Internetseiten die englischsprachigen DVDs und Clips der Lick Library, die durch meist virtuose Dozenten Theorie und Praxis vermitteln.

Ebenfalls in englischer Sprache, in praktischer Hinsicht sehr ausführlich und auf Jazz abgestellt wären zwei hervorragende Bücher von Hal Crook, nämlich "Ready, Aim, Improvise" und "How to Improvise", beide bei advance music erschienen.

In deutscher Sprache, jazzspezifisch und dabei in mancher Hinsicht aufwändiger als das oben genannte Buch von Fritsch, Keller, Lonardoni wäre das Werk von Frank Sikora, Neue Jazz Harmonielehre.

...Ich weiß also zum Beispiel durchaus, dass G mixolydisch ein F enthält statt ein F#, was wiederum eine kleine Septime ist, die dann eine bluesartige Wirkung hat...

Wesentlich am "G mixolydisch" und dem dazugehörigen G7 Akkord wäre m.E. der Tritonus der leitereigenen kleinen Dominantsept F zur Durterz B (dt. H). Das allein hat noch keine Blueswirkung, es sind z.B. einfach nur die leitereigenen Töne einer Kadenz in C.
Eine Bebop-Dominantskala hätte neben der Dominantseptim auch die große Septim als Durchgangston, wodurch man sie sehr geschmeidig einsetzen kann. Für G7 (B=dt. H) wäre die Bebop Dominant Scale also G A B C D E F F#.
Solche chromatischen Durchgangstöne sind auch für andere Akkordskalen möglich und beim "scale running" recht hilfreich. Natürlich gehen z.B. Fritsch, Kellert, Lonardoni auch darauf ausgiebig ein.
 
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Aber ich würde auch gerne improvisieren können (ich spreche hier jetzt von Gitarre,
:D
Eingentlich ganz einfach.... improvisiere ;)

Wenn du die Möglichkeit hast dich selbst aufzunehmen (und sei es mit Handy, Webcam oder sonstwas) dann nehm einfach ein Paar Akkorde in z.B. C-Dur auf.
Muss nicht viel sein....C-F-C-G-C z.B.
Nichts allzu kompliziertes, nichts zu ausgefallenes und Rytmisch im Bereich 4/4 Takt mit 8tel.

Und das lässt du einfach in ner Schleife laufen..immer und immer und immer wieder..... Und dann fängst du einfach mal an darin die C-Dur tonleiter zu spielen.
Beginn mit wenigen tönen (3-4) und wiederhole das gespielte oft.
Meiner Meinung nach ist Improvisieren eine Kunst die zwischen Theorie/Wissen und Erfahrung liegt.

Irgendwann haben sich ein paar Licks und Tonfolgen in deine Bewegungen eingebaut und irgendwann hörst du ein Lied, greifst einfach zur Gitarre und das "erinnerungsvermögen" deines Ohrs weiss welcher Ton passt und was du nun spielen kannst. :D
 
Also danke schon mal für die ganzen Antworten. Das hat mir schon mal ziemlich weitergeholfen.

Es heißt doch, dass man Halbtonschritte von der verwendeten Skala zum Akkord vermeiden soll, oder?
Streicht man diese Halbtonschritte in der C-Dur-Tonleiter einfach weg, erhält man eine C-Dur-Pentatonik.
Das macht ja durchaus Sinn. Deswegen gibt es die Pentatonik vermutlich.
Doch wieso sollte ich über einen C-Dur-Akkord kein "H" spielen dürfen? Wenn ich das täte, müsste ja eigentlich in diesem Moment ein Cmaj7-Akkord entstehen.
Sollte der Akkord, über den ich improvisieren möchte, sogar selbst ein Cmaj7 sein, ist die kleine Sekunde ja sogar bereits im Akkord enthalten. Ich sollte ja problemlos einen akkordeigenen Ton spielen dürfen.
Und wenn ich das "F" spiele, müsste ja ein Cadd11-Akkord enstehen.
Deswegen verstehe ich nicht ganz den Sinn von Avoid Notes.

Naja und, dass man dann oft in jedem Takt die Skala wechseln soll, ist mir immer noch etwas suspekt. Sollte ich ein Solo durchkomponieren, kann ich mir das ja noch vorstellen, aber das beim improvisieren in sekundenschnelle (gerade bei schnellem Spiel) zu entscheiden, finde ich erstmal wirklich schwer und den Durchblick zu behalten, welcher Akkord als nächstes kommt auch. Aber gut, das lernt man vermutlich mit der Zeit...

Achja, kennt jemand zufällig eine Seite oder Literatur zu Improvisation, die nicht nur in die Richtung Rock oder Jazz geht, sondern eher Country/Bluegrass/Folk?
 
Ich würde dir vorschlagen, einen Schritt nach dem anderen zu machen.
Country usw. sind relativ einfache Anwendungen der üblichen Regeln. Mein Buchtip zu Fritsch & Co. funktioniert dafür bestens.
Ausdrücklich mit deinem Thema beschäftigen sich meines Wissens nach nur amerikanische Hefte und DVDs, z.B. von Stefan Grossman, Fred Sokolow oder Jim Weidner.
http://www.guitarvideos.com/products/guitar-workshop-instructional-dvds

Es ist m.E. auch ziemlich schwierig, sich mit Harmonielehre zu beschäftigen, wenn man noch keine umfassende Erfahrung mit Stücken hat. Dann kann man die Beispiele nicht ausreichend mit bereits vorhandenem Wissen verknüpfen und es bleibt sehr formelhaft abstrakt.
 
Du darfst alles spielen.Wenn es im Kontext klingt auch ein C# im C-Akkord ;)
Die Harmonielehre hilft Dir dabei Töne zu finden die "vermutlich gut klingen", ohne es ausprobieren zu müssen. Und für mich ist sie auch immer noch Ideengeber.
"Gut klingen" ist ein sehr schwammiger Begriff und basiert hauptsächlich auf "Gewohnheiten". Die akkorde einer Tonart klingen zusammen (natürlich) gut, unter anderem, weil wir das so gewohnt sind. Wenn jetzt aber plötzich die dritte Stufe als Dur gespielt wird, klingt das oft eben auch sehr gut - es lässt sich mit komplexerer Harmonielehere auch sicher erklären warum - aber es ist nicht gesagt, dass der erste Mensch der das so gepielt hat sich das genau so "hergeleitet" und "ausgerechnet" hat. Harmonielehre bleibt also ein Hilfsmittel, kein Gesetz und nicht der letzte Schluss.
Ich bin theoretisch noch nicht so "gebildet" wie Du. Aber da Du das Wissen schon hast, empfhele ich folgendes Vorgehen:
1. Improviseire NUR in der (Moll)Pentatonik des Grundakkordes
2. Versuche, bei jedem Akkord, die Töne die diesen akkord ausmachen, miteinzubauen (bzw. die fehlenden des Tonleiters)

Bei 1. hast Du eine sehr einfache Skala, die Du ohne nachdenken spielen kannst. Das lockert finde ich sehr auf und macht Mut, da es einfach ist und meist "gut" klingt.
Bei 2. klingt es manchmal "bescheiden", mit der Zeit tun sich aber ganz neue Welten auf und Du bekommst ein Gefühl dafür, wann welcher Ton zur Pentatonik hinzugefügt werden kann. Das macht irre Spass, wenn man es dann mal beherrscht. Mit der Zeit denkst Du dann nicht mehr "jetzt bin ich auf der Stufe X, das heisst die 6 passt gerade super, das sie die Terz vom aktuellen Akkord ist", sondern Du hast es einfach im "Gefühl" was passt.

Viel Erfolg - und noch viel mehr Spass!
 
Ich hab' 'ne Zeitlang mal Acoustic Guitar gelesen, waren eigentlich gerade für Bluegrass und Country immer gute Sachen drin und ist auch sonst 'ne feine Zeitschrift, dürfte wohl auch über Ebay erhältlich sein.

Dieser Artikel

http://www.acguitar.com/article/default.aspx?articleid=25695&printable=yes

ist schon sehr gut, analysier' mal, wie hier einfache, teils leicht ausgeschmückte Akkordbrechungen über die einzelnen Dur-Akkorde funktionieren.

Im Bluegrass improvisiert man oft über die Melodie des Songs, also besorg' Dir ein Songbook und jam' mit ein paar Freunden, indem Du die Melodie singst und dann auf der Gitarre variierst. Hat Zonquer ja schon gesagt, man sollte erst mal ein paar Songs lernen; aus dem hohlen Bauch kann kein Anfänger improvisieren.

Zur Improvisation: Anfänger haben oft damit zu kämpfen, passende Noten im passenden Rhythmus zu spielen, also bastel' Dir 'nen Achtel-Rhythmus für einen 4/4-Takt zurecht, z. B.
1/4 - 1/8 - 1/8 - 1/8 - 1/8 - 1/4
oder gar mit Synkope
1/4 - 1/8 - 1/4 - 1/8 - 1/4
und halt' Dich beim Improvisieren daran, dann kannst Du Dich auf die passenden Töne konzentrieren.

Yours truly

Arthur Milton
 
...1. Improviseire NUR in der (Moll)Pentatonik des Grundakkordes..

Soll es richtig nach Country klingen, nimmt man praktischerweise den Dur-Modus der Pentatonik, für die Tonart C-Dur wäre das C D E G A statt des Moll Modus A C D E G. Gleiche Töne, aber verschiedene Wirkung.
Die Skala kann so lange beibehalten werden, wie das "tonale Zentrum" C-Dur erhalten bleibt.
 

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