Sorry, es wird etwas länger, aber hier werden verschiedene Dinge zusammengeworfen. Nämlich die Frage nach der Bundreinheit und die nach einer guten Stimmung.
WARNUNG: Es wird kompliziert. <Schlaumeier-Modus>
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wie daraus klar wird, wird keine gitarre absolut korrekt bundrein sein, weil das technisch nahezu unmöglich ist.
wir müssen uns also mit (guten) kompromissen zufrieden geben.
um diese zu prüfen brauchen wir irgendwelche bezugspunkte.
es bieten sich die leeren saiten und die gegriffenen saiten im 12. bund an (thema okravreinheit!)
damit haben wir 12 vergleichstöne.
jetzt kann man sich die ganzen töne auf dem griffbrett suchen (in verschiedenen lagen) und vergleichen.
bei einer bundreinen gitarre sollte das alles ordentlich stimmen.
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Ja.
das ist ja nett von euch, aber das hilft mir nichts.
erklärt das doch mal für jemanden der nur 4 oder 6 griffe kann (sagen wir C-D-G-Am-Em-E).
Der wird evtl. Probleme haben, das Problem der Bundreinheit festzustellen, da er auch nur in bestimmten Tonarten spielt - was wiederum ja gerade der gleichstufigen Stimmung entgegen steht. (Und möglicherweise hat er dann auch so wenig Übung, dass er nur grobe Fehler hört.)
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geh mal erstmal von einzelnen tönen aus. (und einer exakt gestimmten gitarre)
du hast zum beispiel ein D im dritten bund der H-Saite.
exakt dasselbe D hast du aber auch im 7. Bund der G-Saite, im 12. Bund der D-Saite und im 17. Bund der A-Saite.
bei einer bundreinen gitarre sollten alle töne genau gleich klingen <...>
Ja. Wichtig ist, dass die Töne gegriffen werden und nicht mit Flageoletts verglichen werden - denn Flageolette-Töne sind "reine" Intervalle (= deren Frequenz in einem ganzzahligen Verhältnis zum Grundton steht); die Intervalle in der gleichstufigen Stimmung sind mit Ausnahme der Oktave nicht rein!
Also ich geb jetzt einfach mal meinen Senf dazu, wie ich Gitarren schnell mal auf Bundreinheit prüfe:
Einfach ein paar offene Akkorde in den höheren Lagen. Wenns da dissonant wird, stimmt eben etwas nicht. Um mit der Methode alle Saiten durchzuprüfen muss man sich eben die richtigen offenen Akkorde zusammensuchen
Und vorher optional ein normales Em um zu hören ob die Gitarre richtig gestimmt ist.
Ist zwar theoretisch nicht richtig - hilft aber ungemein. Ist für den ersten Check auch die Methode meiner Wahl. Wenn da schon etwas nicht passt...
Hi zum topic,
so würd ichs angehn
Eine ruhige Umgebung.
allererste grob Prüfung (dazu brauchts nicht mal Stimmung) Saite leer anschlagen oder besser flagolet am 12 Bund erzeugen und mit dem gegriffenen ton am 12ten vergleichen.. wenns da schon nicht passt ...
... kannst du den Rest auch vergessen. Völlig richtig.
nächste , brauchts kein Stimmgerät Gitarre muss aber über 5. bund sauber durchgestimmt sein.
Oktaven zu leer angeschlagenen Saiten auf verschiedenen Seiten suchen und vergleichen zB am einfachsten Oktave auf der nächst höheren zu tieferen am 7. Bund ( h Saite halt 8ter) oder detselbe am 2 (3.) Bund übernächst höheren Saite uswusw. Man kann auch mit Flagolets arbeiten..die da von Bund und Hals unabhängig sauber sein sollten..
Nein, eben nicht mit Flageoletts, wenn du die Bundreinheit prüfen willst. Zum Stimmen ist das o.k., wenn du das Instrument vor einzelnen Stücken (oder vor einem Set in der gleichen oder einer verwandten Tonart) neu stimmst, aber nicht zum Test der Bundreinheit!
Gibt's dafür auch ne absolut narrensichere Methode für absolute Anfänger, die keine Ahnung haben, was ein Flagolet ist? <...>
Nur ein centgenaues Stimmgerät oder ein chromatischer Satz Stimmgabeln. Oder ein Klavier, für den Hausgebrauch am besten ein elektrisches: Bei meinem alten Yamaha Clavinova kann ich zwischen verschiedenen Stimmungen (gleichstufig, mitteltönig, ...) wählen.
Wenn ich mir diese unglaubliche Gitarre <...> anhöre, die so klar und rein klingt und gestimmt ist, dass man manchmal meinen könnte, es wäre ein Piano, <...>
Wenn ich dich wörtlich nehmen sollte: Nein! Ein Piano ist - seit Bachs Zeiten ("Wohltemperiertes Klavier") eben normalerweise nicht "rein" gestimmt, sondern gleichstufig.
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und hier ergibt sich eine nette geschichte für die gitarrenspieler:
der flageolettton der tiefen E-saite über dem 5. Bund, 1:4 (nämlich das E nur zwei okatven höher) entspricht dem flageolettton auf der A-saite über dem 7. Bund, 1:3 (A + eine oktave + eine quinte = E).
und so lässt sich eine gitarre nach gehör stimmen. die obertöne machen es viel leichter zu unterscheiden ob zwei töne gleich sind.
ich hoffe das war etwas leichter ausformuliert und ergänzt. viel einfacher geht leider nicht mehr ;-)
... war leider schon zu einfach;-) - mit Flageolets stimmst du, wie oben erwähnt, reine Intervalle - und damit fällst du irgendwann, wenn du wirklich gleichstufig stimmen willst, auf die Nase.
Sorry, lange Rede - mittellanger Sinn:
(1) Zur Feststellung der technischen Bundreinheit, für die der Gitarrenbauer verantwortlich ist, benötigt man am besten ein sehr gutes Stimmgerät oder einen chromatischen Satz von Referenztönen (Stimmgabeln oder eben auch einen Frequenzgenerator oder eben ein elektrisches Klavier). Flageoletts helfen hier nur in der Oktave weiter, da die Bünde auf der Gitarre eine gleichstufige Stimmung erzeugen sollen.
Der Mensch hört eigentlich nicht wirklich gleichstufig. Übrigens auch nicht immer "rein". Streicher (und fretless-Spieler) neigen gerne dazu, Leittöne (z.B. die Septe, also in C-Dur das h) zu "scharf", also etwas zu hoch zu nehmen, wenn sie sich in den Grunddton auflösen sollen.
Und jetzt die guten Nachrichten:
(2) Die faktische Bundreinheit ist noch von zahlreichen anderen Faktoren abhängig: Art / Qualität und Alter der Saite, Höhe und Zustand der Bünde und Bundstäbchen / Sattel (scalloped fretboards erlauben ein geniales Vibrato...), Druck der Finger auf den Saiten etc. Ich z.B. neige dazu, die tiefen Töne der tiefen E-Saite zu kräftig herunter zu drücken, so dass der Ton schnell zu hoch wird. Es liegt also nicht immer an der Gitarre. Üben!
(3) Die Gitarre kann leicht umgestimmt werden. Man wird also eher das Instrument für eine bestimmte Tonart stimmen. Dann kann man wunderbar mit Flageoletts arbeiten.
(4) Damit wird es für den Hausgebrauch recht leicht: Saiten mittels (gutem) Stimmgerät stimmen, dann Oktaven, Quarten, Quinten vergleichen, ein paar Akkorde über alle Lagen spielen. Grobe Disharmonien weisen auf mangelnde Bundreinheit hin. Der Rest versendet sich oder erfordert einen lauten Sänger.
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