"Hart" ist ein zu klinischer Ausdruck für musikalischen Kontext.
Ich nehme mal emotionalere Wörter: "Böse", "Bedrohlich"
Hier mal Lesestoff:
http://derstandard.at/2000019252860/Was-Schreie-im-menschlichen-Gehirn-bewirken
Worauf ich hauptsächlich hinauswill ist folgendes Zitat: "
Schreie haben ein Merkmal, das als Rauigkeit bezeichnet wird. Rauigkeit entsteht, wenn Geräusche eine zeitliche Struktur durch Änderung der Amplitude oder der Frequenz erhalten".
Sowie "
Wenn diese Änderungen sehr schnell erfolgen, ist das Gehör nicht mehr in der Lage, diese zeitlichen Veränderungen aufzulösen – man empfindet ein solches Geräusch dann als rau und damit als unangenehm"
Das ist mehr oder weniger ziemlich genau das, was passiert, wenn z.B. eine Gitarre verzerrt wird, mit dem Unterschied, dass das Geräusch nicht direkt unangenehm wird, weil die Frequenzen nicht komplett willkürlich geändert werden. Aber, wer schon mal im Zoo neben einem brüllenden Löwen gestanden hat wird vermutlich bestätigen können, dass sich das vom "Soundfeeling" her irgendwie wie eine langsam gespielte, tiefe, böse verzerrte Gitarre anfühlt. Tiefe, übersteuerte Frequenzen suggerieren außerhalb des musischen Kontextes "Groß, stark, will mich vermutlich fressen".
Im elektronischen Bereich bin ich nicht bewandert, aber das muss natürlich kein Gitarrensignal sein, das man so "böse" klingen lässt.
Also noch vor harmonischen oder rhythmischen Aspekten ist das denke ich in erster Linie eine Soundfrage.
Ähnlich geht das auch bei Drums auf, man kann eine Snare ziemlich zierlich klingen lassen oder so, als ob bei jedem Schlag ein Böller in die Luft fliegt. Was macht unsereins, wenn es "Explosionen" hört? Man erschreckt, plötzlich Knalltöne suggerieren, das irgendwo ganz nah große Energieentladungen stattfinden und das ist bekanntermaßen meist gefährlich. So ziemlich alle Tiere, die hören können, ergreifen bei einem Knall die Flucht, auch wenn sie noch nie vorher einen gehört haben. Und die Bassdrum kommt von der Frequenz und Intensität vermutlich ganz gut dorthin, dass unser Kleinhirn meint, ein wütender Elefant stampft gerade aus allen Richtungen auf uns zu.
Ich glaube das "harte" Musik ein Spielen mit menschlichen Urinstinkten ist und man sie deswegen am besten begründen kann, indem man wie eben versucht, die akustischen Parameter auf solche urtümlich "Gefahrenindikatoren" hin zu interpretieren.
Weil an was denkt man bei "harter Musik"?
Ich denke an Metal, Neue Deutsche Härte, eventuell ein bisschen Rockmusik oder diverse Schuppen, wo ich weiß Gott warum gelandet bin und es irgendeine "Hardcoreelektromusik" spielt. Wäre ich aus einer anderen musikalischen Ecke würde ich vermutlich 3 verschiedene Elektronik- Richtungen aufzählen und noch "diese harte Gitarrenmusik" dazu erwähnen. Egal. Alle haben gemeinsam, dass sie eine soundmäßig satt aufgeblasene Unterlage im tiefen bis mittleren Frequenzbereich haben und die perkussiven Elemente sind meist auch so, wie vorher beschrieben. EDIT Und- danke @ eins drunter - sie werden in der Regel recht laut vorgetragen bzw. konsumiert.
Oder zusammengefasst, um noch mal aus den Artikel zu zitieren:
"Während normale Töne in erster Linie im Hörzentrum des Gehirns verarbeitet werden, erhöhen die "rauen" Laute zusätzlich die Aktivität der Amygdala, eine Region im Gehirn, die unter anderem für die Verarbeitung und die Erinnerung von Angst zuständig ist."
Ist harte Musik einfach alles, dass genug akustische Parallelen zu [wovor-auch-immer-wir-aus-evolutionären-Gründen-Angst-haben] hat, wodurch wir uns aber in dem rationalen Wissen, das dem nicht so ist und dem Umstand, dass es rhythmisch- melodisch verpackt ist nicht in Furcht erstarren, sondern uns eher wie Adrenalinjunkies verhalten, die mit einem Fallschirm aus einem Flugzeug springen. Auch da spielt man ja eigentlich nur mit den Urinstinkten, in dem Fall der Tot durch tiefen Fall. Klar wird der Springer mehr Adrenalin im Blut haben als ein Metalkonzertbesucher, weil er den Falltod deutlicher vor Augen hat als der Konzertbesucher sich all dem geschriebenen überhaupt bewusst ist, aber ansonsten ist das denke ich durchaus vergleichbar.
Just my 2 Cents.