Ich find es hier ein interessantes Thema, über das ich auch schon diverse Male nachgedacht und mit dem ich immer wieder meine Probleme habe.
Das große Problem, dass ich heutzutage sehe, ist, dass sich jeder irgendwie von den anderen angrenzen will, und durch neue Benennung der eigenen Musik in ein eigenes Subgenre versucht ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen.
Da aber leider hunderte Bands auf diesen Zug aufspringen explodiert die Zahl der "neuen (Sub)-Genres" auf extreme Weise.
Irgendwer hatte weiter vorne einen Vergleich mit Jazz aufgestellt. Den Ansatz find ich gut. Man kann bei Jazz bestimmte Subgenres relativ genau abgrenzen. Anhand von Besetzung, Tempo, Spielweise (Hot-Cool) etc, kann man die meisten Songs einordnen. Allerdings ist hier die Anzahl der Subgenres (zum Obergenre Jazz) relativ überschaubar. Auf vielmehr als ein Dutzend kommt man da nicht.
Heutzutage erfolgt die Einordnung weniger über musikalische Merkmale (Beispiel: Offbeat bei Reggea), oder Besetzungen etc, sondern vielmehr über die Bands ansich: xyz macht Heavy Metal, abc macht Alternative Rock.
Dadurch kann für den einen Elektronische-Popmusik durch einfache Melodien geprägt sein, wohingegen für den anderen das entscheidende Kriterium bspw der Einsatz von Synthesizern ist.
Die Eindeutigkeit eines Genres, die bis Mitte des letztens Jahrhunderts noch in weiten Teilen gegeben war, existiert ganz einfach nicht mehr. (was nicht heißen soll, dass es nicht auch prägende Elemente gibt, die man eindeutig definieren kann. Alphorn-Metal verlangt zwangsläufig nach einem bestimmten Instrument ;-)
Das ist mMn auch einfach auf den Massenkonsum von Musik zurückzuführen, der die musikalische Landschaft insoweit verändert, dass man um sich zu behaupten schon beinahe gezwungen ist Elemente verschiedener Genres zu mischen um wiedererkannt zu werden.
Und dann entstehen Aussagen in Interviews wie: "Wir machen sowas wie Alternative-Synthie-Pop-Rock-Jazz-Fusion mit klassischen Einflüssen"...
Mein Lieblingswort in solchen Zusammenhängen ist dann immer "Crossover". Das passt einfach immer, sagt nix aus, hört sich aber gut an.
Ich persönlich habe mich etwas aus diesem Schubladen-Denken verabschiedet, einfach aus dem Grund, dass ist mir letztlich völlig egal ist, welchem Genre ich einen Song zuordnen würde. Ich gucke ob er mir gefällt, und als erstes bin ich (zum Leidwesen meines Studiums) emotionaler Hörer, und muss mich für analytische Betrachtungen immer noch konzentrieren.
Die Idee, Songs einem Genre zuzuordnen, fußt ja letztlich darauf für möglichst viele Leute eindeutige Parameter festzulegen. Aber das klappt heutzutage ja nichtmal bei einfachen Dingen.
Geh auf die Straße und lass Leute jeweils 5 Merkmale von Heavy Metal aufzählen. Mit dem was du da rausbekommst kannst du mit Sicherheit keine eindeutigen Grenzen festlegen.
Da ich die Eindeutigkeit nicht mehr als gegeben ansehe, verzichte ich eigentlich darauf (neuere) Musik zu extrem zu kategorisieren.
Auch die allseits beliebte Frage "was für Musik hörst du?", beantworte ich nicht mehr mit der Angabe irgendwelcher Genres, wie ich es früher gemacht habe, sondern eher mit "Welche dir mich direkt anspricht".
Ich kann ja nichtmal eine Band angeben, bei der mir wirklich mehr als 30-40% der gehörten Songs super gefallen, und der Tag hat zuwenig Stunden um sie mit Musik zu vergeuden, die mich nicht wirklich umhaut.
Und wie soll ich da ein Genre angeben, dass ich primär höre..?
Zumal mein Gegenüber dann sowieso eine völlig andere Vorstellung davon hat.
Ich sehe einfach keinen großen Sinn in einer feinen Kategorisierung, die ohnehin nicht wirklich machbar ist.