Wenn ich so drüber nachdenke ... eine Band ist ja im Grunde etwas, das es in dieser Art der Organisation in der Klassik nicht gibt. In der Klassik habe ich entweder Solisten oder meinetwegen Duos, die sich problemlos direkt miteinander abstimmen können, oder ganze Esembles, die dann von einem Dirigenten geleitet werden.
Gibt es schon. In kammermusikalischen Formationen kann es durchaus sein, dass ich als Sänger mit 2, 3 oder 4 Instrumentalisten zusammen musiziere, ohne dass ein Dirigent anwesend ist. Und schon mit 2 Mitmusikern, da habe ich etwas Erfahrung, geht gar nichts, ohne exakte Absprachen, nicht nur, aber sowieso dann, wenn eines der Instrumente ebenfalls einen Solistenpart hat!
Bei grösseren Instrumental-Ensembles klar da gibt es einen Dirigenten, der die Tempi etc. in Absprache mit den Vokal- oder Instrumentalsolisten angibt.
Aber auch wenn ich "nur" mit einem Begleitpianisten musiziere, muss ich mich absprechen. Bei einer Opernarie hat der Pianist zwar eine gewisse Freiheit: da sein Part eh nur ein Klavierarrangement der (originalen) Orchesterversion ist, kann er sich das, wenn er gut genug ist, etwas zurechtlegen, auch mal Töne weglassen etc. und sich dann ev. auch etwas leichter spontan dem Sänger anpassen. Bei Lied geht das meiner Ansicht nach nicht. Die Klaviernoten sind original vom Komponisten und als eigenständiger Part gedacht. Klavier und Gesang sind 2 selbstständige Melodien, die sich umspielen, von einander entfernen und wieder treffen. Es entstehen dabei nicht selten überraschende aber im Kontext stimmige Harmonien. Eine Verschiebung und ist sie noch so klein, erträgt es nicht. Deshalb kann bei Lied nur was Gutes entstehen, wenn eine sehr intensive Zusammenarbeit von Sänger und Pianist dem Auftritt voran geht (es müssen dabei nicht nur Tempi und Rhythmus aufeinander abgestimmt werden, sondern auch Dynamik und Farben). Allenfalls wenn ein Duo schon sehr lange zusammenarbeitet und jeder im Gefühl hat, was der andere gleich machen wird, erträgt es ev. eine gewisse Spontaneität.
Ich musiziere seit neuerem auch ein bisschen mit einem Akkordeonisten zusammen. Ein absolut fantastischer Vollblutmusiker. Er muss ohnehin alle Noten ans Akkordeon anpassen (Lied machen wir natürlich nicht) und sagte mir dann: sing einfach, ich komme dann mit. Eine tolle neue Erfahrung für mich, wenn gleich auch etwas gefährlich, denn wenn ich dann die gleichen Stücken mit Pianisten mache und mich rhythmisch und tempimässig auch so völlig frei verhalte: hui!
Abschliessend finde ich es aber generell noch wichtig, dass sich der Sänger gegenüber den Instrumentalisten respektvoll verhält (indem er ihre Bedürfnisse ernst nimmt) und nicht die grosse Zickendiva gibt! Der Ruf der Sänger unter den (klassischen) Instrumentalisten ist ohnehin nicht der beste, dem muss ja nicht noch Vorschub geleistet werden!