Somit bin ich zu der Erkenntnis gekommen, daß bei entsprechender Pflege das Alter eines Instrumentes kaum eine Rolle spielt und außerdem der Wertverlust im Vergleich zu anderen Instrumenten - insbesondere den elektronischen - zu vernachlässigen ist. Ich denke, wer Qualität kauft (und vom Händler nicht beschissen wird), der kann fast nichts falsch machen.
Nein, der Wertverlust kann ganz schrecklich sein. Ich habe mir jetzt von einem Schweizer Händler eine überholungsbedürftige Morino ohne Modellbezeichnung, ohne Seriennummer und mit einer unverständlichen Baßmechanik geholt, die zudem von jemand unsachgemäß
gefettet wurde, so daß Bässe kleben. Ein Ladenhüter, den er endlich los haben wollte und nach sowas wie einem Jahrzehnt für einen Ramschpreis verscheuert hat, mit Sicherheit mit deutlichem Verlust (der Verkaufspreis war 1/6 dessen, was der ursprüngliche Preiszettel auf dem Instrument besagte).
Es klebt ein Zettel mit "Sonderkonstruktion 100611" im Instrument, und Hohner kann bisher damit nichts anfangen, was die Baudatumsbestimmung angeht.
Ich werde da auch eine Menge Holz für Gehäuserestauration, Mechanikausbau, Waschen, Überholen und Justieren, Ventilieren, Stimmen, Nageln der Diskantplatten auf Leder (der Wachs im Diskant ist brüchig bis zum Durchschauen, der Baß hingegen ist schon auf Leder) lassen.
Und der Händler ist noch gut weggekommen: die spielenden Vorbesitzer sind wohl alle gestorben, bevor sie das Instrument wiederverkaufen konnten bzw wollten. Der Erstbesitzer, Maurice Thöni, ein langjähriger Freund von Morino, hat das Instrument nach seinen Vorstellungen in der Nachkriegszeit von Morino konstruieren und bauen lassen (da war Gola noch bei Dallape). Das Vorgängerinstrument baute Morino 1917 (vor Hohners Zeiten) für ihn, es steht im Harmonikamuseum in Trossingen. Thöni starb 1980. Der Nachbesitzer, sein Schüler Ruedi Ruchti (?) hat das Instrument auch nicht überlebt. Der vermutlich nächste Besitzer Walter Müller hat seinen Namen so oft im und am Instrument hinterlassen, daß ich davon ausgehe, daß auch hier der Verkauf nur über seine Leiche möglich war. Und danach war die Historie des Instruments dann weg, die ich jetzt wieder ausgraben konnte.
Und Klang und Ansprache des Instruments sind bemerkenswert (und die Mechanik, mit der man die Akkordtonoktave verschieben kann, ist auch faszinierend und ermöglicht einige wunderschöne Registrationsvarianten). Und dabei ist der Wachs im Diskant momentan löchrig wie ein Sieb. Das kann nur besser werden.
Kurz: Das mit dem Wiederverkaufswert wird wohl bei mir auch nichts geben.