Nochmal zur klanglichen Vergleichbarkeit der Clones: Ich finde auch, dass alle brauchbar klingen und ihre Stärken haben. Und doch gibt es erhebliche Unterschiede. In den letzten Jahren ist sicherlich ein deutlicher Entwicklungsschritt vollzogen worden, der viele Vorteile, meines Erachtens nach aber auch einige Nachteile mit sich bringt. Die neuen Clones (XB3, VK8, CX3, Electro 2) zeichnen sich durch einen viel höheren Detailreichtum aus: In den Bereichen Leakage-Sound (Tonradgeräusche und -übersprechungen), sowie Leslie- und Röhrenpreampsimulation sind hier klare Fortschritte gemacht worden. Der Grundklang wirkt differenzierter als bei älteren Modellen. Vor allem scheint mir aber auch, dass im oberen Frequenzspektrum sich Dinge abspielen, die es bislang nicht gab. Das führt zu einem sehr "modernen", klar definierten Sound. Doch darin sehe ("höre") ich auch ein Problem: Diese Präsenz hoher Frequzen kann eine echte Tonradorgel wahrscheinlich gar nicht erzeugen - und deshalb habe ich bei diesen neuen Clones oft das Gefühl, dass hier "zuviel des Guten" gemacht wurde (und das lässt sich auch nicht einfach wieder abschalten oder herausfiltern).
Ein paar subjektive Eindrücke zu den einzelnen Clones: Am wenigsten überzeugt mich dabei die Korg-Variante. Hier fehlt mir das, was in englisschsprachigen User-Kommentaren immer gerne als "balls" bezeichnet wird. Bei aller Differenziertheit fehlt die Wärme, der Druck, die Persönlichkeit. Jede Hammond klingt, das wissen wir, anders, und die Korg klingt wie eine Hammond, die ich nicht kaufen würde.
Roland macht das besser: Mir macht es Spaß, auf den Rolands zu spielen, doch all das lebt von viel "Cosm-Technologie", mir fehlt so ein bisschen die puristische Basis.
Ganz anders Nord Electro: Der ist puristisch, klingt schön rund, für eine Hammond fast zu sauber (trotz brauchbarer "Zerre") und hat die beste Lesliesimulation von allen. In den Höhen allerdings für meine Vorstellung zu schrill. Die Demos im Netz machen Appetit, und doch: Ich habe den Electro nun bestimmt schon fünfmal rund eine halbe Stunde unter meinen Fingern gehabt - und es gelingt mir weder, ein inspirierendes Spielgefühl aufzubauen, noch den Sound zu erzeugen, den ich mir vorstelle. Allerdings konnte ich ihn immer nur über Kopfhörer spielen.
Hammond XK3: Ja, doch, wow - tolles Teil. Die beste der Neuen. Tolle Hardware, fasst sich gut an und klingt wirklich saugut. Hier kriegt man mich nur schwer wieder weg. Sehr differenziert und - auch durch die echte Röhre - trotzdem Persönlichkeit. Alles super - wenn da nicht auch dieses Zuviel an Präsenz in den Höhen wäre - definitiv die Orgel des Jahres 2005, aber nicht die tragbare Wiederauferstehung der alten Helden ...
Und die Vorgänger? Leider kenne ich die Auslaufmodelle von Hammond-Suzuki nicht wirklich. Bleibt meine Oberheim/Viscount/Voce-Schiene. Die Italiener sind vielleicht technisch noch nicht auf dem neuesten Stand - aber an meiner Hammond-Idealvorstellung trotzdem näher dran. Weniger differenziert, nicht so präsenzverliebt, dafür aber warm, voll, druckvoll, bestenfalls mit einem seidigen Schimmer, schwebend, lebendig, analog, und auch ein Röhrenamp (oder die entsprechende Simulation) lässt diesen Charakter immer noch klar durchscheinen. Ich glaube, ich würde mich für eine zweimanualige Viscount DB5 und gegen eine Hammond XK-3 entscheiden - wenn nicht die Faktoren Gewicht, Umfang, Transportierbarkeit eine Rolle spielen würden. Und leider ist der Support bei den Italienern oft sehr schlecht und man weiß nicht recht, wann mal etwas kaputtgeht ...
Grüße von Paul