Für mich ist das alles chinesisch...
Erst heist es Alnico II hat schwächeren Magnet als Alnico V = mehr Sustain weil weniger Dämpfung. Dann wiederum Alnico V hat mehr Output also mehr Sustain... Ja was denn nun?
Das kann ich durchaus nachvollziehen, wahrscheinlich habe ich mich auf die Frage nach einem direkten Zusammenhang etwas vergaloppiert, das passiert mir manchmal...
Also: Zu allererst kommt das
natürliche Sustain vom Instrument, die Saite klingt an mancher Gitarre länger aus, an anderen kürzer, je nach Bauweise, Materialeigenschaften sowie Art und Güte des Zusammenbaus. Denn eine Saite, die nicht mehr schwingt, kann auch nicht verstärkt werden. Darauf haben Pickups bzw. ihre Magnete keinen verbessernden Einfluss, allenfalls können sie die Saite quasi bremsen, wenn sie diese zu stark anziehen, also quasi das natürliche Sustain etwas verschlechtern. Und hier besteht tatsächlich ein gewisser Unterschied zwischen den Magnetmaterialien. Der gleicht sich letztlich aus, wenn man das bei der Einstellung berücksichtigt und PUs mit stärkerer Anziehung nicht so nahe an die Saiten schraubt.
Der zweite Faktor ist
Kompression, dh eine Einschränkung der Dynamik laut/leise bei der Wiedergabe. Die entsteht durch einen Compressor (ach nee) oder vor allem durch Overdrive/Distortion/Amp. Bei Kompression werden die Lautstärkespitzen gekappt, sodass umgekehrt die ausklingende Saite, die ja eigentlich leiser wird, immer noch genauso laut wiedergegeben wird. Trotzdem hat auch das irgendwo ein Ende, wenn die Schwingung ganz aufhört. Dieser Faktor bewirkt also geneu genomen eine scheinbare Verlängerung des Sustains, man hört die Saite Saite verzerrt einfach noch zu einem Zeitpunkt, zu dem sie clean zwar auch noch schwingen würde, aber nur noch so leise, dass man sie (erst recht innerhalb der Band) nicht mehr hören kann. Dieser Punkt ist dabei nicht ausschließlich vom Output abhängig, sondern auch von der Zusammensetzung der Frequenzen, da das Ohr nicht alle gleich gut hört. Das meinte ich mit dem Unterschied, den ich tendenziell bei Keramikmagenten wahrnehme, wobei das auch von der sonstigen Abstimmung des PUs abzuhängen scheint.
Hier kommt es jetzt auch zu dem scheinbar widersprüchlichen Aussagen zu AlNiCo II und V: vor allem Singlecoils kann man mit den IIern nach meiner Erfahrung um einiges näher an die Saiten, bevor sich die "Stratitis" bemerkbar macht. Mein Dimarzio Area 61 produziert dadurch letztlich genauso viel Output (und damit Zerre) wie der nominal stärkere Virtual Vintage Blues, den ich aber nicht so nahe an die Saiten schrauben kann, weil es sonst schief zu klingen beginnt. Hauptsächlich gilt das für die Halsposition, am Steg wirkt sich die Anziehung durch den geringeren Schwingungsbauch der Saiten nicht so stark aus.
Am Schluss gibt es fürs Sustain einen dritten Faktor, mit dem die Pus zu tun haben, und das ist die tatsächliche Verlängerung des Sustains durch
Rückkopplung. Dadurch kann eine Saite theoretisch unendlich schwingen, selbst wenn die Gitarre clean ein sehr kurzes Sustain hat. Ich verwende bewusst den deutschen Begriff, weil diese Kopplung auch schon unterhalb dieser Schwelle auftritt, die man dann als "Feedback" kennt. Wenn der Schall durch den Amp verstärkt wieder auf die Gitarre trifft, bewegen die Schwingungen der Luftsäule immer auch die Saite, und nicht nur umgekehrt. Je nach der eigenen Stellung zum Amp wird das stärker oder schwächer, und auch hier kommt es wieder auf die Klangeigenschaften des PUs an.
Der langen Rede kurzer Sinn: Für die deutlich wahrnehmbaren Unterschied im Sustain sind in erster Linie sicher nicht die Magnetmaterialien verantwortlich, sondern Instrument und Verstärkung. Will ich das natürliche Sustain verbessern, muss ich in erster Linie prüfen, ob die Hardware die Gitarre ausbremst. In gewissem Umfang kann man hier schon Verbesserungen erreichen. Die Grenze nach oben setzt die Qualität der Materialien und der Konstruktion. In Sachen Sustain beim Solo werde ich mit einem PU mit hohem Output und starken Mitten punkten, hier "singt" es sich mit AlNiCos mMn tatsächlich besser, jdenfalls wenn der Rest des PUs unverändert ist. Der Unterschied zwischen den AlNiCo-Sorten ist dabei wieder eher gering, da V zwar mehr Output liefert, II aber in vielen PUs die Frequenzen stärker betont, die man gut hört. AlNiCo VIII ist nochmal ein Sonderfal, weil am Hals mMn fast unbrauchbar, am Steg aber sowohl mit viel Output als auch starken Hochmitten gesegnet, die den amp ordentlich singen lassen.
So, das war jetzt mal wieder ein Riesenroman von bagotrix zu einer ganz einfachen, kleinen Frage.
Löschen tu ich das jetzt aber nicht mehr, weil das manche Laute auch gerne zu lesen scheinen.
Gruß, bagotrix