Da dieser Thread garantiert für SUFU noch ein paar mal gelesen wird, werd ich mal noch einen Psalm schreiben, den mir die Gitarrenbauerin meines Vertrauens mit auf den Weg gab. (nebenbei "Krasse Gitarren" Werkstatt in Berlin... die Frau hat es einfach hammer drauf).
Billige Gitarren
Um billige Gitarren fertigen zu können, logisch, muss man Kosten einsparen. Kosten heisst sparen an Material, Fertigungsausrüstung und Arbeitszeit.
Material
Je weniger ein Material kostet, desto mehr Probleme kann es machen. Es heisst nicht generell "ups, das ist Laminat, das muss scheisse klingen". Es gibt hochwertige, teure Laminate und sehr billige massiv-Materialien. Man kann also nicht generell sagen, Massiv = gut, Laminat = scheiss. Aber, preiswerte Materialien können Fehler enthalten, die man dann klanglich hört. Meistens werden Materialfehler mit einer dicken Schicht Lack übertüncht (Redwood z.B. ist da ein Kandidat, oder auch manchmal Fender). Lack in Dick dämpft. Billigmaterialien klingen also gern mal dumpf, oder haben keine Bässe, klingen nach Eierschneider etc. Bei preiswerten Materialien werden auch gerne mal Arbeitsschritte, die Zeit und Geld kosten abgekürzt oder weggelassen. So kommt es dann, dass feuchtes Holz bearbeitet wird, was dann mit der Zeit verziehen kann oder gar reisst, Blasen im Lack wirft, sich löst. Das kann massiv als auch Laminate treffen. Von Pressspan, überdicker Kleberschicht zwischen den Holzschichten, weichem Kleber der verzieht, etc reden wir gar nicht. Alle diese Sachen, sofern sie die Gitarre nicht sofort unbrauchbar machen, haben klanglich wie gesagt einen deutlichen Effekt, den man sofort hört, wenn man vergleicht.
Wenn man mit dem Klang einer Billiggitarre klar kommt, dann ist das dennoch kein Problem. Es kann auch echt sein, dass man mit einer 150 Euro Gitarre eine 1000 Euro Gitarre in den Schatten stellt (was zugegeben extremst selten vorkommen dürfte). Das eigene Ohr entscheidet.
Der zweite Punkt bei Material ist die Haltbarkeit. Billigmaterialien sind zumeist absolut wenig haltbar, da nicht darauf ausgelegt. So zu sehen an meiner Fender CD60SB. Nach 3 Jahren und einigen hundert Stunden Spiel ist eine Mechanik hinüber, die Decke beult sich an der Stelle, wo der Arm liegt, die Bünde sind wegen viel zu weichem Material runter, als ob ich das teil seit 1000 Jahren spiel. Auch klanglich baut das Ding immer weiter ab.
Fertigungsausrüstung
Mit guten Werkzeugmaschinen und einer guten Computertechnik kann man sehr präzise fertigen. Bloss solche Maschinen sind teuer. Das heisst, man muss viele viele Gitarren verkaufen, damit sich so eine Maschine lohnt, oder man macht den Preis höher. Viele Billigklampfen werden also mit Maschinen z.B. in China oder Indien gefertigt, die mit veralteter Technik laufen. Die Maschinen sind langlebig, aber fertigen mit einem gewaltigen Toleranzband. Das heisst, die Streuung, die die Bebündung z.B. hat, oder der Sattel, ist immens. Dadurch hat man schnarrende Saiten (herausstehendes Bundstäbchen z.B.), einen krummen Hals, eine miese Saitenlage, einen gedämpften Klang etc.
Bei alledem leidet der Spielspass und ich möchte nicht wissen, wie viele Anfänger mit Billiggitarren angefangen haben und aufgegeben haben, weil die Bespielbarkeitskatastrophe aka Billiggitarre es unnötig schwer gemacht hat. Auch hier reden wir von Ausschlusskriterien wie fehlende Oktavreinheit durch miese Bebündung, wackelnde Hälse, lose Mechaniken, schiefe oder lose Sättel etc nicht.
Nichtsdestotrotz, man findet auch im unteren Preissegment gut gefertigte Gitarren, die mit neuen Werkzeugmaschinen hergestellt wurden und sehr präzise gearbeitet sind. Auch gut bespielbare Sachen findet man. Mit etwas Abrichten der Bünde und vielleicht einem angepassten Sattel, manchmal einfach nur mit kleinsten Einstellungen, kann man eine ausgezeichnete Gitarre bekommen. Aber man sucht meist länger danach.
Arbeitskraft
Arbeitskraft kostet. Das heisst, es wird mechnisiert, automatisiert und rationalisiert. Holz ist aber ein Werkstoff, der sich nicht einfach so per Mechanik bearbeiten lässt. Ist halt was naturgewachsenes. Das heisst, wenn man mit Holz präzise fertigen will, dann braucht man eine gute Qualitätskontrolle und zu 99,9% eine individuelle meistens manuelle Nacharbeit. Die sparen sich die meisten China oder India Crafter, da hier Geld einzusparen geht. Dementsprechend kommen fehlerbeladene Klampfen raus, die im günstigsten Fall noch kaschiert werden, im ungünstigsten nicht. Ausgleichsarbeiten, wie Bundabrichten wird nicht gemacht, da diese Sache Zeit, Erfahrung und Gefühl braucht. alles dreies kostet.
Fazit:
Billig = schlecht ist eine Pauschalaussage, die so nicht gilt.
Richtig ist
Klanglich macht man bei billigen immer Abstriche. Rein von der Schallphysik her muss eine massive Fichte anders klingen als eine laminierte. Das heisst aber nicht, dass es zwangsweise schlecht sein muss. Das eigene Ohr muss entscheiden.
Bespielbar kann man, sofern das Ohr sagt "gut", die meisten Gitarren machen, indem man einen Gitarrenbauer die Qualitätskontrolle und die Nacharbeit machen lässt, die die Crafter sparen. Wenn man die hundert Euro (Preis = Schuss ins Blaue, Angaben ohne Gewähr) mit einplant, kommt schon was bespielbares raus.
Qualitativ macht man Abstriche. Billige sind nunmal billig gefertigt und halten weniger lange, gehen sogar kaputt, bauen klanglich ab, haben Fehler. Irgendwoher muss der günstige Preis ja geholt werden.
Wem das bewusst ist, er den Kompromiss aber eingeht, der kann eine lange glückliche Beziehung zu einer preisgünstigen Gitarre haben.
(Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.)