"Durchsetzungsfähigkeit" erzielt man mit einem Haufen kleiner und grosser Massnahmen an diversen Stellen. Kostenlos:
Der Gitarrist: Saubere Anschlagtechnik und Intonation.
Der Ton: Fette Plektren und FRISCHE 10er Saiten (oder mehr).
Die Gitarre: Nicht zu flache Saitenlage, gut gestimmt. Im Idealfall ein Modell mit fester Bridge und fettem Hals.
Der Signalweg: Gute Kabel ohne Defekte - wenige, möglichst analoge Bodentreter (wenn überhaupt), mit guten Patches verbunden - gute Speaker-Kabel zwischen Amp und Box.
Man wundert sich, was dieser meist völlig unbeachtete Kleinkram bringt. Aber das sind die Nadelöhre, durch die jeder Ton mit vollem Impuls durch muss.
Ausserdem gibt's zwei wesentliche Faktoren für Durchsetzungsfähigkeit. Der eine ist Dynamik/Impulsfestigkeit/Attack. Alles, was komprimiert, klaut Durchsetzungsvermögen. Leistungsarme Pickups, ein niedriger Gain in der Amp-Vorstufe, eine Endstufe am idealen Arbeitspunkt (halb bis 2/3 von Voll-Last) und ein frischer, schneller Speaker mit hohem Wirkungsgrad bringen dagegen zusätzlichen "Punch".
Der andere Faktor ist die Frequenz. Das menschliche Ohr ist im Mittenbereich besonders empfindlich. 800 Hz als feste Grösse halt ich für Quatsch. Es bringt unheimlich viel, wenn zwei Gitarristen ihr Equipment aufeinander abstimmen - so, dass einer einen etwas tieferen, der andere einen höheren Mittenbereich besetzt. Das geht NICHT!! über den Amp-EQ, da muss man mit verschiedenen Gitarren experimentieren (Les Paul und Tele - genial!), mit unterschiedlichen Pickups, Amps und Speakern. Basslastige Gitarrensounds matschen den Bassisten zu, die Höhen dagegen ermüden das Gehör zu schnell und werden von den Cymbals des Drummers verdeckt.
Und dann ist da noch der grosse Rest: ein 1x12"- Combo mit open Back ist meistens besser zu hören als eine 4x12" Closed-Box - schon deswegen, weil der Schall aus einer (Fast)-Punktquelle kommt und zusätzlich durch die geöffnete Rückwand im Raum verteilt wird. Die 4x12" kämpft mit Phasenauslöschungen, der nervtötenden Richtwirkung und der Tatsache, dass der Schalldruck ein paar Meter braucht, um sich aufzubauen. Sehr hinderlich.
Zu grosse Amps sind auch kontraproduktiv. Ein 100-Watt-Röhrentop auf "Gain=8/Master=3" ist zwar laut - aber die Endstufe arbeitet nicht heiss genug und der Amp klingt wie ein Moskito in der Dose. Ein 30-Watter auf "Gain= 5/Master=6" ist genauso laut, aber viel besser zu hören, weil die Endstufe die Impulse dann mit voller Power verarbeitet.
Ich hab mehrfach und ziemlich zuverlässig die Erfahrung gemacht, dass ich in Probenräumen und auf Kneipensessions im Bandzusammenhang mit einem kleinen 18-Watt/10" Fender-Combo andere Gitarristen mit 100-Watt-Marshall-Halfstacks komplett wegblase. (Wenn der Amp warm ist, stehen Gain und Master meist auf 5 - und ich werde gebeten, leiser zu machen.....) IMO liegt's daran, dass diese Riesenteile für 90% der möglichen Einsatzorte falsch konstruiert sind - und dann auch mangels "Live"-Erfahrung falsch bedient werden. Sieht aber beeindruckend aus, so'n Stack...
"Ich hör mich nicht?" Selbst schuld. Nur: das schreib ich (und andere) hier alles schon seit ein paar Jahren........weshalb die Frage immer wieder auftaucht, ist mir ein Rätsel.
....Und wer alles richtig macht, bekommt ein ganz anderes Problem: erstens hört er plötzlich, an welchen Stellen er Mist spielt: durchmauscheln geht nicht mehr, ab sofort wird wieder geübt. Zweitens ist der Sänger plötzlich nicht mehr dein bester Freund.....