Was ist Dur? (keine Anfängerfrage...)

  • Ersteller Floralangriff
  • Erstellt am
F
Floralangriff
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
17.02.14
Registriert
29.08.13
Beiträge
33
Kekse
374
Hallo Forum,


Wie ist das Dur-/Mollsystem in das Modal-Interchange-System einzuordnen?

Meiner Meinung nach kommen nämlich zwei der vier Möglichkeiten in Betracht.

Die vier Möglichkeiten:
Unitonal - Unimodal
Polytonal - Unimodal
Unitonal - Polymodal
Polytonal - Polymodal

Für das Dur-/Mollsystem kommen theoretisch [Polytonal-Unimodal] und [Polytonal - Polymodal] in Frage...

Beispiel:

Gegeben ist C-Dur/Ionisch als Skala. Sowie eine I - IV - I Verbindung.
Als Dreiklänge also C - F - C

Dies lässt sich jedoch auf zwei unterschiedliche Weisen interpretieren:

Möglichkeit 1 [Polytonal - Unimodal]:
Die Skala besteht immer aus den Tönen c-d-e-f-g-a-h in gleicher Anordnung; also Unimodal. Nur das temporäre tonale Zentrum wechselt von Akkordgrundton zu Akkordgrundton. Also von c zu f zu c.

Möglichkeit 2 [Polytonal - Polymodal]:
C-Ionisch und F-Lydisch

Wie seht Ihr das?


Grüße, Floralangriff
 
Eigenschaft
 
Ich GLAUBE (!), die Begriffe POLYTONAL und POLYMODAL sind anders zu verstehen ... ohne das jetzt noch extra nachgeschlagen zu haben ...

UNIMODAL hieße in diesem Beispiel: C-ionisch und F-ionisch, oder C-lydishc und F-lydisch ... Aber Deine Möglichkeit 1 ist nicht unimodal, da C-ionisch und F-lydisch. Daß beides Modi von C-Dur sind und dieselben Töne beinhaltet, tut hier nichts zur Sache ...

Und im übrigen verstehe ich nicht ganz, was das ganze mit MI zu tun haben soll ... ?!

LG - Thomas
 
@ turko

Danke für die Antwort, aber

die vier möglichen Begriffspaarungen sind die Grundvoraussetzungen für jedes Modal Interchange. Sogar DAS übergeordnete Kompositionssystem überhaupt. Das Dur-/Mollsystem ist lediglich eine von vielen Unterkategorien. *Wobei man den Begriff Modal aber eher als "Skalär" verstehen muss.

Du schreibst C-Ionisch und F-Ionisch. Es würde sich um Polytonal - Unimodal handeln. Die vier Begriffspaarungen sind immer im Doppelpack zu verstehen.

Grüße, Floralangriff (war übrigens mein erster Beitrag)
 
Möglichkeit 1 [Polytonal - Unimodal]:
Die Skala besteht immer aus den Tönen c-d-e-f-g-a-h in gleicher Anordnung; also Unimodal. Nur das temporäre tonale Zentrum wechselt von Akkordgrundton zu Akkordgrundton. Also von c zu f zu c.


Aber wenn die Töne immer dieselben oben genannten bleiben, und das tonale Zentrum von AkkordGT zu AkkordGT wechselt, also von C nach F, dann ist das Resultat halt nunmal C-ionisch, F-lydisch. Und das ist dann NICHT unimodal.

Den Zusammenhang zu MI verstehe ich immer noch nicht. Du brauchst Dich aber von mir aus nicht zu bemühen ... so wichtig ist das für mich nicht ...

LG - Thomas
 
Kompositionen in Dur und Moll leben von Quintfällen. Die Vollkadenz schließt alle leitereigenen Stufenakkorde mit ein. Und diese werden zwangsläufig im Wechsel verwendet. Das sich in Dur und Moll also permanent unterschiedliche, temporäre Zentren (GT des aktuellen Akkordes) ergeben steht außer Frage. Eine Komposition in C-Dur ist in jedem Fall Polytonal. Bleibt aber immer in C-Dur (als übergeordnete Muttertonart). Kurzfristige "Ausreißversuche" (z.B. durch Variantklänge) völlig außen vor. Die Frage ist also, wann spricht man in Dur/Moll von einem echten Tonartwechsel. Doch nur wenn übergreifend die Muttertonart von C-Dur nach (z.B.) D-Dur gewechselt wird. So sieht es bei den klassisch ausgebildeten Leuten nun einmal aus. Deswegen könnte/müsste eine Komposition in C-Dur zwar als Polytonal aber (nach der übergeordneten Muttertonart definiert) als Unimodal bezeichnet werden.

Grüße, Floralangriff* *
 
Zuletzt bearbeitet:
Deswegen könnte/müsste eine Komposition in C-Dur zwar als Polytonal aber (nach der übergeordneten Muttertonart definiert) als Unimodal bezeichnet werden.

Warum ?

Wenn die ganze Komposition in C-Dur ist, sich also dauernd auf den GT C bezieht, warum soll sie dann polytonal sein ... ?

Weder die Verwendung der diatonischen Stufenakkorde, noch die von gelegentlichen chromatischen Zwischenakkorden würde daran etwas ändern ...

Thomas
 
Das stimmt auch wiederum (wäre also Uni - Uni)

Ich verwirre mich gerade selber...

(...falls Du überhaupt noch Lust hast...)

Lass mich das anders fragen:

(1) In welche der vier Kategorien würdest Du eine gewöhnliche Dur/Moll Komposition (also mit Kadenzen) einteilen?

(2) Der Zwist mit dem ich nicht klar komme ist folgender:

Sollte es sich bei jedem Stufenakkord-Wechsel in C-Dur um einen Wechsel von GT und Skala handeln, dann wäre Dur ein "Poly - Poly" System)*

Sollte man eine Komposition in C-Dur aber nach der übergeordneten Muttertonart bereits vorab als ein unimodales System bestimmen, dann müsste es sich um etwas anderes handeln. Die temporären Akkorwechsel/Kadenzen würden hier keine Rolle spielen, sondern als "interne Selbstverständlichkeit" angesehen werden; überdacht von dem übergeordneten Unimodal-System.

Jetzt habe ich mich endlich verständlich ausgedrückt.


Floralangriff
 
(1) Wenn alles schön diatonisch und modulationslos bleibt, dann wohl Uni-Uni.

(2) Das (Poly-Poly bei "normalem" Dur ...) gälte nur dann, wenn Du die auftauchenden Stufenakkorde als so etwas wie "eigenständige tonale Zentren" siehst. Genau das sind sie aber in so einem Fall mMn NICHT. Es gilt da wohl der größere Zusammenhang, und der lautet: GT bleibt die ganze Zeit über unverändert. Tonmaterial auch. Also Uni-Uni.

Soweit meine (weitgehend selbstgestrickte !) Auslegung. Aber das mag wer anderer anders beurteilen.

Thomas
 
Auch die stabilste Modulation bildet eine Spannung zur Grundtonart, das ist in klassischer Musik auch klar auskomponiert. Einen "echten" Tonartwechsel so wie ich dich verstehe gibt es demnach nicht. Oder wie meinst du das?

Vorsicht vor einer Begriffsdopplung! Nämlich bei wirklich polytonalen Stücken (etwa bei Skrjabin oder Bartok). Selbst dort gibt es Begriffsprobleme, weil es querstandsarme (~unimodale) und -reiche (~polymodale) polytonale Musik gibt, was zwei völlig unterschiedliche Dinge sind. Also lieber keine dritte Bedeutung reinnehmen, sonst wird nur noch einander vorbeigeredet.

Zudem ist erstmal zu klären, welche Töne Dur überhaupt beinhaltet. Der #4. und ü6. Skalenton sind heiße Bewerber. Streng skalar wird da eigentlich nicht gedacht.

Ich fürchte, dass dein Anliegen zwar ein interessantes Gedankenexperiment ist, aber mehr verwirren als klären wird.
 
Danke für die Diskussion bis hierhin. Alle anderen sind eingeladen.

Das nächste soll keine neue Diskussion werden, nur meinen Grundgedanken zu dem Thema erklären. Vielleicht eröffne ich in der nächsten Woche darüber einen Thread im Kompositionslehreforum.

Für mich gibt es nicht wirklich ein Dur-/Mollsystem. Ich verstehe jede Skala als ebenbürtig. Und mit jeder Skala kann man eben auf diese vier*Möglichkeiten arbeiten um das Beste herauszuholen. Beziehungsweise, jede erdenklche Komposition (12-Ton-Reihen; indische 22er Unterteilung der Oktave etc. sind natürlich ausgeschlossen) lässt sich auf eine dieser vier Möglichkeiten definieren. Die Frage ist nur nach der Interpretation.

Ich interessiere mich sehr für Videospielmusik. Also die sogenannte Mood/Stimmungs-Technik. Da kommt man mit Dur/Moll nicht weit. Wenn also fröhliche Märchenwaldmusik erklingen soll, dann kann z.B. Lydisch oder Lydian-Dominant die richtige Wahl sein.

Dann stellt sich aber sofort die Frage wie man mit Lydisch komponieren soll, damit es authentisch klingt. Kadenzen kommen nur sehr begrenzt in Frage.
Polytonal - Unimodal*(z.B. A-Lydisch im Wechsel mit D-Lydisch) schafft Abwechslung.
Oder Unitonal - Polymodal: über dem gleichbleibenden Grundton A ein Wechsel von z.B Lydisch und Lydian-Dominant oder aber im Wechsel über A: Lydisch und Ganzton.

Kannst Du ja zum Spaß irgendwann mal ausprobieren. (Z.B. Dmaj7 - D - Amaj7 - A; oder A+/augmentet - A)


Grüße, floral attack
 
Zudem ist erstmal zu klären, welche Töne Dur überhaupt beinhaltet. Der #4. und ü6. Skalenton sind heiße Bewerber.

Wirklich ? D A S ist klärungsbedürftig ... ?!

Und soweit ich es verstanden habe, wollte FLORALANGRIFF weder etwas verwirren noch klären, und schon gar nicht hat er irgendein Gedankenexperiment vorgestellt. Er hat einfach einen Sachverhalt zur Diskussion gestellt, der ihm nicht klar war/ist. That´s ist.

Thomas
 
Floralangriff: Das ist ein interessanter Ansatz mit dem man sicherlich viel gutes zu Stande bringen kann. Mit Klassik oder "dem Dur-/Mollsystem" hat das aber nicht viel zu tun, was ja auch nichts schlechtes ist. Gut, dass du den Stil eingegrenzt hast, damit lässt sich nämlich arbeiten :)

turko: Erstmal tief durchatmen :D
 
[Beitrag #10 ist nach #9 und #11 entstanden; mein Beitrag ist aber vor die #11 gerutscht. Dadurch sieht turko´s Antwort unvorteilhaft aus. Denn jetzt habe ich möglicherweise doch ein Gedankenexperiment aufgestell. Zumindest ein Halbes.]

Woher/womit die #4 und die ##6 abgeleitet werden verstehe ich auch noch nicht...*

Floralangriff
 
Mal mit konkreten Tonhöhen (natürlich C-Dur :D ) :

#4 = Fis, müsste ja aus einer ganz anderen Tonart (nämlich G-Dur) entspringen, was es ja auch skalar tut. Aber wer hört bei Doppeldominanten in Kadenzen eine Ausweichung? C-Dur, E-Moll, F-Dur, Fis-halbvermindert, G-64... und ähnliche sind absolute Standardfloskeln die C-Dur BESTÄRKEN und nicht durch Ausweichung schwächen. Zudem sind eben diese halbverminderte Akkorde charakteristisch für u.a. diese Funktion.
Und jetzt wird es noch seltsamer: Ersetze Fis-halbvermindert durch Fis-vollvermindert (fis a c es). Damit bestärkt der Ton Es (die b3) C-Dur! Klingt paradox, ist aber kein Problem, wenn man das klassische Dur/Moll-System nicht skalar auffasst. Wie sollte man Fis-vollvermindert in C-Dur skalar auffassen? G-harmonisch Moll? B hat in C-Dur nichts zu suchen, es ist der Ausweichungston Nr.1. G-harmonisch Dur mit zusätzlichem F? Wer bitte hört dort harmonisch Dur? Hier gerät die skalare Auffassung völlig aus dem Ruder.

Die ü6 kommt auch im letzten Beispiel dazu. Löst man das Es im vollverminderten nach E (in den G64), kann man zurecht die Meinung vertreten, dass der Ton kein Es, sondern ein Dis (ü6 in Fis) und damit der Familie der Akkorde mit übermäßiger Sexte angehört. Die klingen alle ganz ähnlich wie der. Schubert oder Schumann notiert so, wenn ich mich recht erinnere. Das wäre als Skala: C D Dis! E F Fis G A H C. Was ist das denn für ein Gebilde? Kein Mensch hört sowas. Und nein, Dis ist nicht gleich Es :)

Füge nach dem F-Dur ein F-Moll (ganz typisch!) hinzu, dann hast du C D Dis/Es E F Fis G As A H C. Danach noch den Neapolitaner (C zum Des)... Wtf? C Des D Dis... Was geht ab?! C-Dur müsste spätestens hier in astronomischer Ferne liegen. Wir sind hier (optisch) fast bei 12tonmusik! Trotzdem klingt die C-Dur Kadenz so klar wie sie nur sein kann.

C-Dur ist eben nicht C-Ionisch.

Und sorry für die ganzen Edits :D Jetzt reichts aber mit den Edits! Ich gelobe Besserung!

- - - Aktualisiert - - -

Im Übrigen noch eine These: Deine (wirklich schöne und stiltreue!) Akkordfolge wirkt so stark, weil man zu Beginn noch nichts von Lydisch weiß. Das Gis im Amaj funkelt durch seine Dissonanz zu D-Ionisch, nicht durch die Konsonanz die es später im klaren D-lydischen Kontext hat. Ist dieser etabliert, verflüchtigt sich die Wirkung. Insofern würde ich nicht versuchen, Verschiedenes mit einer Theorie unter einen Hut zu bringen, sondern das Verschiedene klar voneinander zu trennen und DANN hervorzuheben!
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber wer hört bei Doppeldominanten in Kadenzen eine Ausweichung? C-Dur, E-Moll, F-Dur, Fis-halbvermindert, G-64... und ähnliche sind absolute Standardfloskeln die C-Dur BESTÄRKEN und nicht durch Ausweichung schwächen.

Das ist richtig. Aber sie tun das, weil die vorkommenden Töne eben NICHT Bestandteil der Ausgangstonleiter sind, und somit schärfer und spannungsreicher klingen, als ihre diatonischen Verwandten ... sonst würden Zwischendominanten ja nicht funktionieren ...

Ich HABE jetzt durchgeatmet ... aber es nützt nichts fürchte ich ...

LG - Thomas
 
Ich habe am Anfang den Fehler gemacht das Modal-Interchange anzureißen. Die vier Möglichkeiten können als grundlegende Ausgangsbasis dafür verstanden werden. Entkoppelt man das etablierte MI-System von den vier Uni/Poly-Paarungen und ignoriert MI im weiteren, dann steht man da mit Uni und Poly. "Kann man etwas Größeres/Übergeordnetes daraus machen?" könnte man sich dann fragen.

Die Dur und Moll "Spielregeln" haben sich über Jahrhunderte entwickelt. Und beinhalten in ihrer ganzen Komplexität Elemente aus allen vier Uni/Poly-Paarungen. So könnte man zumindest interpretieren, wenn man einen Zusammenhang schaffen will. Für mich zum Beispiel sind die "Medianten" nichts weiter als willkürliche Transpositionen um Terz-Intervalle. Man könnte einen Akkordtypus auch genauso gut um jedes andere Intervall verschieben.

Dies (so angenommen) wäre für mich ein Anlass auch alle anderen Akkordtypen (auch die nicht leitereigenen) einmal in allen zwölf Intervallen (oder zumindest bis zum 3T - wegen der Komplementätrintervalle danach) und dabei immer im Bezug auf das tonale Zentrum der verwendeten Skala/Komposition zu verschieben. Und dann zu schauen welche Kombinationen genau den Charakter einer Skala treffen.

Es geht mir also darum eine Harmonische Analyse jeder Skala durchzuführen. Dazu bedarf es eines Systems. Die vier Uni/Poly-Paarungen scheinen genau das Richtige zu sein, um ungewöhnliche (oder einfach alle) Skalen im Zeitraffer genau so komplex zu harmonisieren, wie es sich über viele, viele Jahre bei Dur und Moll entwickelt hat. Immer im Blickpunkt auf die Klangfarbe einer Skala. Im Gegensatz zu Dur und Moll sollen Akkordverbindungen also nicht nur gut/ passend/ funktional klingen, sondern dafür sorgen das Mixolydisch nach Strandurlaub und Badespaß, dass Lydisch nach verwunschenem Schlosspark oder geschmeidigem Wasser, dass Phrygisch nach mystischer Tempelanlage oder nach aggressiver Feuermusik klingt. Auch, wenn die persönliche Assoziation der Klangfarbe selbstverständlich immer vom Hörer abhängt.**

Ich analysiere also (z.B.) Lydisch so:

Unitonal - Unimodal:
(1) Melodie über stehenden Grundton (Orgel-/Pedalton)
(2) stehenden Grundton rhythmisch als Perkussions-Simulation
(3) leitereigene Töne mit Grundton zu (wechselnden) harmonischen Intervallen kombinieren
(4) verschiedene Tonikaakkorde. Es muss nicht A oder Amaj7 sein. Es geht auch Großer-Dur-Sext; add9 etc.
(5) kreative Vorhalte. Also nicht nur sus2 und sus4 (bzw. sus#4)
(6) die leitereigenen Funktionsakkorde über dem stehenden Grundton verschieben
(7) einen stehenden, langweiligen Tonika-Akkord mit Arpeggio und ggf. Phrasierung (je nach Instrument) zu einer coolen Riff-Schleife machen
etc.

*Und dann bleiben eben noch drei andere Uni/Poly-Möglichkeiten (weitaus komplexer...) um eine Skala und deren Möglichkeiten für ein authentisches Harmoniegerüst zu Analysieren, das Dur und Moll in nichts nachsteht.


Grüße, floral attack
 
Zuletzt bearbeitet:
*Und dann bleiben eben noch drei andere Uni/Poly-Möglichkeiten (weitaus komplexer...) um eine Skala und deren Möglichkeiten für ein authentisches Harmoniegerüst zu Analysieren, das Dur und Moll in nichts nachsteht.

Ich verstehe (jetzt) Dein Anliegen und bewundere Deinen Elan, dem nachzugehen.

Ich persönlich würde mir ein solches Unterfangen nicht antun, weil das schon andere vor uns probiert haben und sich letztlich dabei herausgestellt hat, daß kein Modus die harmonischen Möglichkeiten von unserem Dur/Moll schlüssig überbieten kann, weswegen die anderen Modi nur ein Randdasein als melodische Klangfarben in unseren Breiten führen. Aufgrund dieser Erkenntnis hat sich ja gerade Dur/Moll über die Jahrhunderte so in unser Hörgedächtnis eingebrannt, so, daß jetzt zur Fülle der Möglichkeiten, die Dur/Moll bieten, auch noch der Gewohnheitseffekt hinzukommt ... Fazit: Eine schlüssige und in unseren Ohren wohlklingende Alternative wird nicht leicht zu finden sein.

Aber: Trotzdem viel Glück bei der Suche !

LG - Thomas
 
Mein Einwand bleibt bestehen: Du wirst voraussichtlich keine dem Dur-/Mollsystem ähnliche Lösung finden, weil deine Herangehensweise so skalar ist, dass sie wenig damit zu tun hat. Nochmal: Dur/Moll ist nicht gleich Ionisch/Äolisch/harm./melo.Moll.
Möglicherweise reden wir aber auch schon an den Grundlagen aneinander vorbei, weil ich mit deiner Medianteninterpretation (v.a. aus klassischer Sicht) nichts anfangen kann. Vielleicht kannst du sie ja näher erläutern.
Zudem fürchte ich, dass die Intersubjektivität deiner Erkenntnisse gering bleiben wird, wenn du die Wirkung der Kombinationen nur an deiner Fantasie misst und nicht an Konventionen anderer Musik (wie unten beschrieben). Das muss aber nicht eintreten wenn du bei deiner Theorie klar sagst, dass du in dem und dem Stil beheimatet bist. Dann wird sie auf jeden Fall dafür funktionieren.

Ist aber auch gar nicht so schlimm, weil a) deine Herangehensweise vielleicht auch gut ohne klassischen Bezug auskommt (glaube ich weniger) oder b) du dir die Mammutarbeit sparen kannst, weil es etwas ähnliches schon gibt, das gut funktioniert:

1. Das klassische Dur-/Mollsystem mit der These aus meinem letzten Beitrag. Das ist zwar ziemlich komplex und deshalb schwer zu systematisieren, aber wenn man erstmal den Dreh raus hat, ist es gar nicht mehr so schwer. Der Einstieg gelingt vielleicht mit folgender Regel gut: Etwas wirkt x, wenn man y erwartet, aber statt dessen z kommt und z ein Vertreter von y sein kann. x ist dann die Differenz von y und z. Klingt blöd, hier ein Beispiel aus dem Lodoss-Intro (siehe der Spannungen in Battle-Themes-Thread): Man erwartet die bVI. Stufe, statt dessen kommt die vi. Es wirkt angehoben (klar, der Ton ist höher), warm (dorisch ist wärmer als äolisch) und besonders (ist eben besonderer als die normale bVI. Stufe). Die Regel klingt zwar trivial, wird aber (leider nur) implizit an Hochschulen in Analyseseminaren gelehrt und wurde nachweisbar von klassischen Komponisten angewandt:
Einfaches Beispiel: Schumanns "Auf einer Burg" (Stichworte: ruinenhaft, altertümlich, eingeschlafen. Warum sind die Merkmale plausibel und wie werden sie erzeugt? Mach das mal, das bringt's)
Eher schweres Beispiel: Bachs D-Dur Fuge aus dem WTC1 (die französische Ouvertüre bekommt auf teils schadensfrohe Art ihr Fett weg. Bei einer vermeintlich abstrakten und toten Bachfuge! Ich kann dazu mal Anfang Oktober eine Analyse hochladen).

Schwierig daran: Um Abweichungen zu bilden, muss man vorher die Konventionen im Stück etablieren und dazu überhaupt kennen. Ein musikalisches Verständnis für klassische Musik auszubilden dauert etwas, lohnt sich aber.

2. Etwas klingt nach x, wenn es Musik ähnelt, welche die gleiche Bedeutung klar expliziert. Beispiel: GT-Leitern klingen magisch u.a. deshalb, weil sie an entsprechenden Stellen in Opern, Filmen und Hörspielen angewandt und mit klarem Textbezug verwendet werden. Für Lydisch gilt das gleiche. Das bekannte Fluch der Karibik-Theme klingt piratig, weil die Melodik Shanties ähnelt (wobei hier auch musikalischer Ausdruck geprägt wird - ist ja jedermann bekannt. Die Folge: Willst du, dass deine Musik piratig klingt, dann sollte sie z.B. dem Fluch der Karibik-Theme ähneln. Oder traditionellen Shanties). Die Regel ist eher einfach anzuwenden.

Beide Regeln sind zu kombinieren.

Ich will dich nicht entmutigen, ganz im Gegenteil: Deine Theorie ist damit vielleicht gewinnbringend zu vereinen. Außerdem: Clevere Leute, die sich systematisch für Musik interessieren und etwas anpacken, sind viel zu selten. Also mach weiter! :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Floralangriff schrieb:
Im Gegensatz zu Dur und Moll sollen Akkordverbindungen also nicht nur gut/ passend/ funktional klingen, sondern dafür sorgen das Mixolydisch nach Strandurlaub und Badespaß, dass Lydisch nach verwunschenem Schlosspark oder geschmeidigem Wasser, dass Phrygisch nach mystischer Tempelanlage oder nach aggressiver Feuermusik klingt
Damit begibst du dich aber wirklich auf sehr dünnes Eis. Neben deinem schon fast empirisch wirkenden Ansatz, so ein Fass mit Imagination aufzumachen, wirkt gelinde gesagt nicht sehr wissensschaftlich. Musik kann keine Bilder erzeugen. Und wenn du das mit Videospielmusik verbinden möchtest, dann nimm die Musik nicht aus ihrem Kontext. Die Musik funktioniert vielleicht sehr gut in dem sehr düsteren Level xy, aber alleinstehend?
 
Da hast Du völlig recht. Ich habe das total falsch ausgedrückt.

Erklärung:
*Wenn man den Klangcharakter/Klangfarbe einer Skala kennen lernen möchte (also mit der persönlichen Analyse einer Skala beginnt), dann fängt man am besten so an. Die Leiter rauf und runter über den stehenden Grundton. Dann experementiert man ein wenig melodisch, bis man ein paar kurze Melodie-Phrasen gefunden hat, deren (subjektiver/objektiver?) Klang den "Geist" der Skala wiederspiegeln sollte. Dann kann jeder Komponist für sich persönlich den klanglichen Charakter einer Skala festlegen und diesen auch wiedererkennen (auch in der Musik anderer - im Sinne von: ah, das ist wohl überwiegend in Mixolydisch; oder genauer: das ist eindeuteig eine dorische I-IV-I Verbindung)

Und jetzt kommt es:
Um so mehr Ideen (melodische und harmonische) sich im Laufe der Zeit zu einer Skala ansammeln, um so mehr wird deren (doch "athmosphärisch" relativ dichter) Klangcharakter gefestigt. Wobei sich früher oder später so viele Möglichkeitenergeben, dass Quasi jede Skala (zumindest Heptatoniken) gezielt in unterschiedlich Unter-klangfarben tendieren können/ aufgeteilt werden können. So kann man zum Beispiel Lydisch durchaus mal etwas heller und mal etwas dunkler klingen lassen. Dies gezielt durch ein vorab erarbeitetes harmonisches gefüge mit ausreichend Möglichkeiten zur Harmonisation einer modalen Komposition.

*[Dabei ist es klar, dass ich in niemandem meine persönlichen inneren Bilder erzeugen kann. Das war Schwachsinn/ falsch formuliert. Aber jeder sollte erkennen können, dass es sich um ein unkonventionelles Klanggefüge handelt. In sich schlüssig, meist wohlklingend (nach klassischem Kontrapunkt), und so umfangreich, dass es problemlos auf eigenen Beinen stehen kann und für ausreichend Abwechslung sorgt, um nicht ständig auf Dur/Moll zurückgreifen zu müssen.]

Wenn ich zum Beispiel beschließe Lydisch etwas dunkler klinen zu lassen, dann eignet sich eine Kombination von Lydisch mit der Ganztonleiter. Welche genauen Kombinationsmöglichkeiten überhaupt funktionieren, bzw. welche davon den Charakter der Skala wiederspiegeln/unterstützen, gilt es dann für jeden Komponisten per harmonischer Analyse der Skala selber herauszufinden.

*Wenn ich Lydisch hingegen heller klingen lassen will, dann entschließe ich mich für eine lydische, diatonische I-II-I-Verbindung. Oder z.B. einen add9 (über längere Zeit gehalten) als lydische Tonika; was nicht langweilig klingen muss, wenn man etwas interessantes mit dem add9-Arpeggio anstellt.

*Wenn ich einen fließenden Übergang von dunkel nach heller haben will (um für noch mehr harmonische Abwechslung in Lydisch zu sorgen), dann stelle ich nach ein bisschen Rumprobieren fest, dass über gleichbleibenden Grundton (z.B. C) eine Modulation von Ganzton über Lydian-Dominant (MM 4) über Lydisch hin zur Dur-Pentatonik sinnvoll zu sein scheint.
*(C+ - C7 - Cmaj7 - C)
Und schließlich wieder zurück zu C-Lydisch
Der Gedanke ist hier also, welche Skalen unterstützen die/ harmonieren mit der Grundskala.

Will ich einen kurzen, krassen Kontrast einbauen, dann gehe ich von der lydischen Tonika (C) einen Halbtonschritt tiefer, wähle einen Cb-Dur-Dreiklang, um diesen für ein paar Takte zur temporären Tonika für HH 5 (Mixo b9/b13) zu machen, mache da vieleicht kurz eine typische I-II-I-Verbindung, um schlielich nach C-Lydisch zurückzukehren (die HH 5-II wird wieder zur lydischen Tonika).
(C - D - C - Cb - C - Cb - C)
(C-D-C = lydische I-II-I, dann HH 5 I-II-I (Cb-C-Cb), dann wieder Lyd. I (C))

usw. usw.

Das ist natürlich auch alles im Dur-Moll-System möglich. Aber Ausgangsbasis ist hier eine andere Skala/Klangfarbe. Alle harmonischen Ideen dienen hier alleine der untypischen Mutter-Skala und sollen sinnhaft zu deren übergeordneten Klangfarbe passen. Um so länger man sich dann einer Skala beschäftigt um so mehr erkennt man selber deren wahre Natur und erkennt selber immer schneller welche harmonischen Möglichkeiten dazu passen. Daraus ergibt sich dann ein so sinnvolles und reichhaltiges Gesamtklangbild, dass dieses auch für ungeübte hörer sofort als etwas ungewöhnliches, eigenständiges wahrgenommen werden dürfte.

Natürlich ist es gut, wenn sich die Harmonien dabei von den bekannten in Dur-Moll (auch Dur/Moll-Jazzharmonien) unterscheiden. Um nicht die Hörgewohnheiten zu bedienen. Dann würde das Ohr natürlich sofort in Dur oder Moll zurückfallen...(Dumm, dumm, dumm) Es ist aber auch nicht schlimm, wenn bekannte Dinge mal vorkommen. Denn das übergreifende Klanggeflecht ist hoffentlich so füllig und dicht, dass es nicht verloren geht, wenn man davon abweicht.

*Es handelt sich also (noch) nicht wirklich um ein neues System. Sondern nur um den allgemeinen Versuch Skalen harmonisch zu analysieren. Es geht einfach nur darum möglichst viele gute Harmonie-Ideen zu sammeln, damit man aüßerst ausgiebig mit einer ungewöhnlichen Klangfarbe arbeiten kann; auch orchestrieren kann. Und nicht immer nur über den Grundton spielen muss, damit eine skala authentisch klingt.

*Glaub mir ich habe schon reichlich Ideen für Dorisch/Lydisch/MM 5 (Mixolydisch b13) gesammelt. Es funktioniert. Wobei selbstverständlich manche Skale besser funktionieren als andere.*

Es geht also darum wie jeder Komponist für sich selber eine neue Skala möglichst effektiv harmonisieren kann um deren typischen melodischen Charakter auch harmonisch zu unterstützen. Eine Vorgehensweise nach Uni/Poly schein sinnvoll, damit man auch nichts übersieht. So ist mein bisheriger Ansatz...Das ist jedenfalls das beste, was mir bis jetzt dazu eingefallen ist...

Du schreibst von sogenannten "Medianten". Was ist das...?
*Ich kenne nur die allgemeine Möglichkeit kurzeitig von einem Funktionsakkord auszubrechen, indem man den Funktionsakkord um ein beliebiges Intervall verrückt. Dann muss jeder selber herausfinden, welcher Intervallsprung gerade der geeignedste ist.*
*(Scherz: Ich weiss, natürlich, dass sich Medianten mit der Zeit als Erweiterungs-Möglichkeit für die Vollkadenz entwickelt und etabliert haben. Aber da frage ich mich schon wieder wie man so etwas auch auf andere Skalen übertragen kann. Und zwar indem man Medianten als allgemeine Akkordtransposition versteht, aus der sich auch andere Möglichkeiten (Intervallsprünge) ergeben können. Das jede Mediante immer noch einen Ton des Funktionsakkordes von dem sie abgeleitet wird enthält, scheint mir unbedeutend. Wenn das noch eine Verbindung zum Originaltonmaterial der Tonart aufrecht halten soll ginge das auch mit anderen Akkorverrückungen.)

[Ich habe übrigens gehöhrt das der Fluch der Karibik Soundtrack deshalb nach Piratenmusik klingt, weil das Orchester vor der Aufnahme mit reichlich Grog (50% heißes Wasser/ 50% brauner Rum) gefüttert worden ist ;)]

floral attack

[Ergänzung: Mein Gott, sind hier viele Rechtschreibfehler drin...]

- - - Aktualisiert - - -

Übrigens,

**ich glaube, dass bislang so viele Leute daran gescheitert sind die Modi zu harmonisieren, weil sie es gewohnt sind (das machen wirklich viele...) zuerst eine Melodie in einer Dur/Moll-Tonart zu komponieren und dann erst nach Möglichkeiten der Harmoniesierung suchen. Und das dann auch auf andere Skalen übertragen.

*Es gibt aber auch viele Komponisten, die entwerfen erst einen Form- und Harmonie-Schlachtplan (z.B. Jazz-Leedsheet oder auch komplexer) und komponieren dann im Anschluss melodisch darüber.*

Ich glaube, dass die zweite Kategorie von Komponisten die besseren Karten hat, wenn es darum geht die Modi zu harmonisieren...

FLORALANGRIFF
 
Zuletzt bearbeitet:

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben