"Professional" ist aus meiner Sicht ein formales Kriterium.
Richtig (mit Einschränkung)! Verdient jemand mit einer Tätigkeit seine Brötchen, dann ist diese Tätigkeit zunächst mal seine Profession - unabhängig davon, ob die Brötchen auch zum Sattwerden reichen.
Die Einschränkung bzw. Einengung des Begriffs ist
qualitativer Art, da es für die Ausübung bestimmter Professionen sowohl Vorgaben durch Institutionen gibt, als auch (formell wie informell) weitgehend akzeptierte Tätigkeitsprofile mit Mindestanforderungen (z.B. "Ein Klavierlehrer sollte Klavier spielen können"), sowie mehr oder weniger berechtigte Erwartungshaltungen seitens der potentiellen "Kundschaft".
Was man sicherlich beklagen mag, ist der Umstand, dass sich ein "institutionell bestätigter Profi" auch dann noch (zumindest auf dem Papier) als Profi bezeichnen darf, wenn er sich als beruflicher Rohrkrepierer herausstellt. Aber das regelt dann oftmals - wenn auch leider nicht immer - der Markt.
Was insbesonders den professionellen musikalischen Unterrichtsmarkt bisweilen schwierig macht, ist der vom Gesetzgeber verschuldete fehlende Titelschutz für die Tätigkeitsbezeichnung "Musiklehrer/in", was dazu führt, dass sowohl formell (institutionell), als auch informell (d.h. "autodidaktisch") gebildete "Profis" auf dem Unterrichtsmarkt in Konkurrenz stehen, die sich zumindest in Teilbereichen qualitativ doch so signifikant unterscheiden, dass etwas mehr Klarheit durchaus im Interesse des Kunden wäre.
Diese für den Kunden intransparente Situation hat auch wirtschaftliche Schattenseiten. Abgesehen von einigen "Selfmade-Profis", die ihre Kunden regelrecht "abziehen", weil sie Honorare auf Hochschuldozenten-Niveau verlangen (wenn sie aufgrund individueller Fähigkeiten gleiche oder sogar bessere Leistung bringen würden, wäre das sogar in Ordnung), hat der "Laienlehrer für Laien"-Markt überwiegend zu einem fatalen Honorar-Dumping geführt, dass für viele "Studierte" existenzbedrohend, teilweise sogar existenzvernichtend geworden ist.
... ich kenne wenige Pros, die in allen Bereichen entsprechend sicher sind ...
Das Gegenteil wäre mir auch äußerst suspekt, weil es doch insbesonders der
Grad der Spezialisierung ist, der den einen Profi vom anderen Profi, und beide vom Laien unterscheidet.
Die von dir genannten Stilmerkmale (von Swing über Bebop zu Modal, von
swing eighths zu
latin eighths) wurden von einzelnen Künstlern im Kontext individueller und/oder kollektiver künstlerischer Strömungen teilweise über Jahrzehnte hinweg entwickelt, wieder verworfen, neu formuliert, d.h.
nach und nach erarbeitet.
Wenn ein einzelner Musiker all diese Entwicklungsprozesse (und zwar ohne jegliche Einschränkungen!) in sich vereinen könnte, dann wäre er schon ein ziemliches Wundertier. Dann wäre er entweder ein begnadeter Imitator (unter "musikalischen Komikern" gibt es tatsächlich solche Talente, die allabendlich auf Zuruf jedes Lied in jedem gewünschten Stil vortragen können - mir fällt da z.B. Hans Liberg ein), oder eine doch eher befremdliche Jekill & Hyde-Persönlichkeit, bei der man nie sicher sein kann, welches ihrer multiplen Ichs da gerade am Werk ist.
Außerdem frage ich mich bei diesen
"multifaceted" Multistilisten immer, an welcher Garderobe sie ihre
eigene Persönlichkeit und ihren
eigenen Stil abgegeben haben - mal abgesehen davon, dass mich die musikalischen Produkte dieser Tausendsassas mangels individueller Eigenschaften meist sehr schnell langweilen.
Ansonsten gilt die Volksweisheit: Alleskönner können meist alles, aber nichts richtig!