vielleicht für übertriebenes Selbstbewußtsein im Bezug auf die Realität... (...) diese "mir gehört die Welt" Mentalität. Ich bin gut, ich kann viel, gebt Futter für meine Fähigkeiten...
das Internet ist mitunter auch eine bunte Spielwiese für virtuelle Charaktere, die vehement mit der Realität ringen ...
Foren sind mitunter auch farbenfrohe Spielwiesen für exzentrische Selbstdarsteller, die ein deutlich wahrnehmbares Defizit an Zuhören können im Sinne von Mitlesen haben ...
Musik ist mitunter auch eine hellleuchtende Bühne, die scheinwerfersüchtige Motten auf das glitzernd funkelnde Parkett einer Scheinwirklichkeit lockt ...
Aber ... wie heißt es so schön: auch die Bretter, die mancher vor dem Kopf hat, können bisweilen die Welt bedeuten ...
Ich denke, bei dieser Mentalität postet mal, was ich spielen könnte, geht es aber nicht allein um solche Charaktereigenschaften alleine .... um dieses Verhalten erklären zu wollen, sollte man sich eventuell mal mit dieser Frage beschäftigen: wenn jemand (aus welchen Gründen auch immer) nicht in der Lage ist, sich selbst Lieder zu suchen, die er üben will - wird er dann in der Lage sein, sich Vorschläge zu erarbeiten?
.... die Antwort darauf hat in meinen Augen wenig mit geänderten Umweltbedingungen zu tun und ist auch kein Generationsproblem.
Übrigens: mein persönliches High-Light von Hans war ja eher dieses Statement hier:
Es gibt 10.000e, die mit Ihrem Instrument weitgehend außerhalb der Internetöffentlichkeit arbeiten und lernen und deren Problem es sicher nicht ist, nach 3 Jahren Zugehörigkeit, 4 Jahren Gitarre und 555 eigenen Beiträgen noch den Unterschied zwischen Dur und Moll zu erfragen.
Gibts da überhaupt einen?
Ich mach dass alles total nach Gefühl .... und komm ohne Skalen aus.
Hey Leute, kann mal wer ein paar Songs posten, die ich ohne Tonleitern spielen kann!
Aber im Ernst: ich hab in meinem Leben den Draht zu den heute jugendlichen Musikern zum Glück nicht ganz verloren ... und meine Beobachtungen bestätigen diese Aussage: es gibt (auch heute, trotz Internet) eine breite Masse an Musikern, die mit Ihrem Instrument intensiv arbeiten und lernen und sehr konkrete Vorstellungen habe, was sie spielen wollen und was sie lernen müssen, um Fortschritte zu machen.
Die Frage was kann ich spielen? liegt denen möglicherweise genauso fern wie der alten Generation, die sich hier zu Wort gemeldet hat.
Was mich bei diesem Thread etwas belustigt ist, dass er nicht direkt die Betroffenen fragt, sondern die ältere Generation. Vielleicht deswegen, weil man von den Betroffenen keine Antwort erwarten darf?
Also ich muss euch zu einem großen Teil recht geben und muss sagen das auch ich mich in dem einen oder anderen Punkt wieder erkenne. Anderseits gibt es innerhalb meines Alters auch wieder zwei Parteien. Einmal die von euch sehr häufig kritisierte, aber auch die andere, die sich durchaus mit Musik der damaligen Zeit auseinandersetzt.
Diese Gruppenbildung hat es zu unserer Zeit genauso gegeben. Ich würde es sogar noch genereller formulieren: es gibt auch solche (die von Dir zweit genannte Gruppe), die sich leidenschaftlich gerne mit Musik auseinander setzen ... die unterteilen sich wieder in weitere Gruppen nach Metal, Rock, Pop, Blues, Jazz, Klassik, Volksmusik, Schlager ... oder wie man diese Genres auch immer untereilen möchte ... manche sind dem anderen Genre gegenüber tolerant ... die anderen nicht ...
Ja, auch der Begriff der MP3-Sammelgesellschaft trifft ganz gut zu. Jeder hat ne externe 250GB Festplatte voll mit Musik von A-Z, aber hören tut das keiner, bzw. auch nur eine CD davon gekauft hat auch keiner. Man wird heutzutage dumm angemacht, wenn man sich noch CD's kauft. "Du hast doch nen Geldscheißer" heißt es da oft und das kann man von mir wirklich nicht behaupten. Ich setze halt Prioritäten, (...)
Da seh ich einen grundlegenden Wertewandel. Zu unserer Zeit war es total cool, die neuesten LPs in der Tüte in die Schule mitzunehmen. Da konnte man sich einer spannenden Diskussion über sein eigenes Lieblingsthema sicher sein ... da unterstellte einem keiner (!!) Reichtum ... aber jeder hat sofort geschnallt: dem ist Musik was wert ... der verzichtet auf so manchen Rausch weil er eine andere Leidenschaft hat ... der gehört dazu ... für die meisten Schultaschen waren die LPs zu groß ... warum man mit einer tollen Platte den ganzen Tag als Musikfreak auf Hunderte Meter weit erkennbar war.
Und es war ein ausgewählter Kreis, dem man seine LPs geborgt hat. Wer keine LPs zum Verleihen hatte, hatte es schwer, mitreden zu können.
Wer nicht die gleiche Ernsthaftigkeit, Werthaltung und Leidenschaft hatte, konnte sich nicht hinter einem Usernamen oder einem bunten Bildchen dazuschwindeln und so tun als ob.
Sagen wir mal so: Fragen wie: Was kann ich den mal spielen? gab es damals auch ... nur hat solche Mitschüler niemand wirklich ernst genommen!
Möglicherweise riskierte man mit solchen Fragen eher, als Mama-Bubi aufgezogen zu werden, als uncooler Typ, dem Mami alles nachtragen muss. Aber mein Gedächtnis lässt mich angesichts solcher pubertären Grobheiten heute etwas im Stich!
Taschengeld zusammenkratzen, mit dem Fahrrad in den Plattenladen (oder warten, bis die Eltern mal wieder einkaufen fahren) - Platte kaufen (und dabei noch eine gute Stunde stöbern und vielleicht noch 2 oder 3 andere Schätzchen entdecken), zurück nach Hause und mit zitternden Händen vooorsichtig die Plattennadel in die Rille gesetzt. Auf's Bett setzen, Teetasse/Bierchen in die Hand nehmen und lauschen (evtl zusammen mit dem Kumpel, den man angerufen hat) Nach 20 Minuten umdrehen. Auf's Bett setzen und lauschen. Nach 25 Minuten nochmal umdrehen und von vorn. Und dann lief das Ding im Idealfall die nächsten Tage rauf und runter, bis man jeden Furz, jeden Ton auswendig kannte. Natürlich wurde am nächsten Tag in der Schule ein bisschen rumgeprollt: "Ey, ich hab die neue von...." - und dann gingen die Diskussionen los. (Über die Musik - nicht über die letzte NasenOP von Britney). Guten Freunden (und NUR denen) hat man ggf. die LP auf MusicCassette überspielt - aber nur im Tausch gegen eine andere.
Eine schöne nostalgische Erinnerung. Ich sehs deutlich vor mir! Unzählbare Stunden mit Freunden beim gemeinsamen Musikhören verlebt. Jeden Tag nach der Schule für ein bis zwei Stunde ab in den Plattenladen und alles anhören, was auch nur irgendwie nach Musik riecht ... ständig im Goldgräberfieber und auf der Entdeckungsreise nach neuen musikalischen Diamanten und Goldschätzen.
Gegenüber der Bushaltestelle zur Schule war ein Musikhaus mit tollen Instrumenten in der Auslage ... Gesprächsstoff ohne Ende ... trotzdem haben wirs regelmäßig in die Schule und wieder heim geschafft
eigentlich war es uns ziemlich egal, ob nun das Musikhaus, der Plattenladen oder die Schule das Ziel war ... solange nur alles Brauchbare und Interessante am Weg verfügbar war ...
... und seine WIRKUNG nicht verfehlt hat.
So anders das Leben ohne Digitaltechnik (PC, Internet, Mobiltelefon, MP3 etc.) auch war ... es ist für mich nicht die Antwort darauf, warum hier ständig Leute nach Liedvorschlägen fragen.
Wenn ich in solche Threads nichts ernsthaftes poste, liegt es daran, weil ich mich dieser Frage nicht verbeißen kann: Wenn jemand nicht in der Lage ist, sich selbst Lieder zu suchen, die er gerne spielen will oder die ihn weiter bringen - wird er dann in der Lage sein, sich Vorschläge zu erarbeiten?
Greetz relact