Gitarren-Verstärker: Warum ich keine Röhren mehr verwende

Warum ich keine Röhren mehr verwende​

Moin!
Ich möchte mit diesem Thread keinen Glaubenskrieg zwischen Transe und Röhre los treten, sondern meine objektive Einschätzung meiner Erfahrung zu diesem Thema der Bauteilwahl der letzten 10 Jahre mitteilen. Es ist nicht einfach so etwas zu schreiben, daher wäre es schön, wenn andere ihr Bashing vermeiden, damit dies ein weitestgehend objektiver Thread bleibt. Immerhin kann sich jeder bei den Pro- und Contra- Argumentationen seine eigene Meinung dazu bilden und letzten Endes entscheidet sein eigenes Ohr (und bei einigen auch die Messungen).
Auch ich habe in dem Glauben angefangen zu basteln, dass die Röhre mächtiger ist als der Transistor was die Mukker-Soundwelt betrifft. Immherin hat die Röhre besondere eigenschaften, die der Transistor nicht hat. So entstanden viele Amps in einer Keksdose oder Verzerrer, EQs, Compressoren und sogar ein Wah habe ich ins Rack in reiner Röhrentechnik ferngesteuert ohne einzelnen Halbleiter gepflanz. Allerdings war es bevor ich mich hier im Forum angemeldet habe, sodass ich hier nichts davon zeigte. Doch mitlerweile stauben die Röhren ein, weil ich sie nicht einmal mehr ansehe, wenn ich ein Projekt plane und bauen möchte. Die Gründe hierzu möchte ich nun in diesem Thread aufschreiben.

Lüge Nummer 1: Der warme Röhrensound:

Das ist ein sehr offensiver Einstieg, ich weiß. Aber dies ist auch das was mich am meisten nervt, immer wieder von nicht technisch versierten Menschen vorgekaut zu bekommen, dass alle Transistoramps diese Wärme vermissen lassen oder den Punch, den ein Röhrenamp liefert. Dieses Argument ist allerdings nicht nur in der Musiker-Welt vertreten, sondern auch in der HiFi-Welt. Klar, ist das sehr emotional. Das ist es in der Musik eigentlich immer. Es geht hier um Kunst und nicht kalte Analytik. Aber ich habe an einigen (zum Teil leider überteuerten) Workshops damals teilgenommen, die dieses Thema ansprachen. Eins dieser Workshops war von Menno van der Veen geleitet. Er wickelt die genialsten Ausgangsübertrager, die ich je gehört und durchgemessen habe. Der Hintergrund des "warmen Röhrensounds" ist nämlich der AÜ und hat weniger mit Transistoren zu tun. Dieser gute Mann hat Röhrenamps gebaut die mit absicht absolut kalt und analytisch ausgelegt waren und mit AÜs bestückt wurden, die linear bis 100kHz laufen. Das hatte mich damals schwer beeindruckt. Natürlich habe ich mir gleich zwei Stück davon gekauft und experimentiert. Es stellte sich heraus, dass mein damaliger Gitarren-Röhrenamp mit diesen AÜs zur grottigsten Kiste verkommen ist, die an die ersten Versuche der Transen-Amps erinnerten. Ein grottiger reiner Transen-Amp hat dann den AÜ aus meinem Röhren-Amp erhalten und klang sofort um Welten besser. Es wurde daraus nicht magischer weise ein sehr toller Amp, aber die verbesserung hinsichtlich des Sounds und "Wärme" hat sich drastisch verbessert.
Was sagt uns das jetzt? Mir hat es von da an einfach gezeigt und gesagt, dass wenn man echten sogenannten "Röhrensound" haben möchte, einfach einen schicken Ausgangsübertrager am Ende seiner Signalkette einbaut, um die gewünschten Unzulänglichkeiten im Hochtonbereich zu erhalten. Dabei ist natürlich wichtig, dass dieser nicht von schlechter Qualität ist. Aber wie bereits dargestellt hat es nichts mit der Verwendung von Röhren zu tun. Natürlich brauchen die meisten Röhren-Schaltungen einen solchen AÜ und daher hat es sich wohl eingebürgert es auch dem Röhrenamp zuzuschreiben eine solche Wärme zu haben. Es ist ja auch richtig heimelig glühende Röhren anzusehen und im Winter sind sie eine gute Heizung.

Lüge Nummer2: Röhrenamps sind leichter zu warten:​

Naja, wenn man die alten Amps mit Point to Point Board und wirklich wenig Bauteilen ausgeht, stimmt das schon. Aber das hat eher was mit der Bauweise als mit der Verwendung von Röhren zu tun. Jeder kann auch einen einfachen Transistor-Amp mit solchen Lötaugen oder einem Turret-Board versehen und so einen für jedem einfach zu wartenden Amp bauen. Der springende Punkt ist einfach, dass heutige moderne Amps alle sowieso über eine dicht bestückte Platine verfügen, die zum Teil SMD Bauteile aufweisen. Die meisten Amps haben sogar Halbleiter im Signalweg, um die Röhre anzusteuern, den Bias automatisch einzustellen und so weiter... Das was einem dann weh tut ist die hohe Spannung. Bei einem nicht offensichtlichem Defekt muss man im inneren bei laufendem Gerät Messungen durchführen und bei 400V ist dies einfach gefährlicher als bei 50V. Besondere Vorsicht ist dabei geboten. Das macht eine Reparatur für mich wesentlich unentspannter als bei einem kleinen Transistoramp. Daher kriege ich immer einen Hals, wenn zu mir jemand ankommt, der mich gerade kennen gelernt hat und mit der Aussage "Hey, mach mir das mal eben bitte. Immerhin sind Röhren leichter zu warten." versucht etwas von mir zu erhalten, dass dann so nicht einmal stimmt. Man muss sich einfach nur ansehen, wie die Endstufenplatine in diesem Thread aussieht. Die ist absolut winzig im Vergleich und hat keine besonderen und auch nicht viele Bauteile. In ihr schlummern dennoch bis zu 70W Leistung.

Das Übersteuerungsverhalten von Röhren:​

Ja, das ist keine Lüge. Röhren gehen nicht plötzlich dazu über ein Rechtecksignal auszugeben, wie ein Transistor es im Übersteuerungsfall tun würde. Aber dieses Verzerrungsverhalten haben wir aber doch schon gemeistert mit Transistoren zu emulieren. Ich gebe jedem Recht, der meint digital emulierte Sounds klingen flach und eindimensional, wenn es um Verzerrungen geht. Da müssen wir noch ein wenig daran programmieren und ein oder zwei Generationen Rechenleistung abwarten. Ja, ein Camper kommt da schon sehr nahe, aber mir ist das noch nicht gut genug. Eine Emulation steht und fällt ja mit der Anzahl der berechneten Harmonischen im Signal. Bei einigen Effekten wie einem Delay reicht es die ersten zwei oder drei Harmonische zu kopieren. Aber gerade bei einem verzerrten Signal passiert so viel, dass dies nicht reicht. Aber ich denke mit der Zeit wird sich das erledigt haben.
Aber wir haben ja jetzt unsere schicken Bodentreter mit Transistoren und sogar Op-Amps bestückt, die für einem die schöne Zerre liefern. Das lustgie hierbei ist, dass wieder Fehler oder eigentlich unerwünschte Eigenschaften in Bauteilen zu einem angenehmen und gut klingenden Sound führen. Der Erfolg des Tube Screamers ist darin begründet, dass der verwendete 4558 eine recht lange Recovery-Time hat, sodass bei jedem Wechsel der Peaks in die andere Richtung der Sättigung der OP gemächlich reagiert, sodass nervige Obertöne einfach nicht vorhanden sind. Dabei war das damals eine reine Preisentscheidung, da dies damals der günstigste OP auf dem Markt war.
Wäre das nicht so, dann klänge er wesentlich rauer und harscher. Ich habe das ausprobiert und einige Burr Brown OPs der obersten Liga in einen TS eingebaut und das Ergebnis war einfach der schlechteste Verzerrer, den ich je gehört habe. Und dann gibt es zudem noch so viele schlechte Röhrenzerren auf dem Markt. Ein Beispiel ist für mich der Ibanez Tube King. Als ich den das erste mal im Netz gesehen habe, war er ausverkauft und nicht mehr auf dem Markt in der roten Version. Ich habe unzählige Stunden mit der Suche danach verbracht, ehe ich einen kaufen konnte. Die Features reizten mich schon sehr und YouTube Videos habe ich auch zu hauf gesehen. Das Problem mit den Videos ist ja, dass die immer arg komprimiert sind und man oft doch nicht richtig einschätzen kann wie das Gerät so ist. Jedenfalls kam der Tube King bei mir an und er klingt einfach nur flach, eindimensional und undynamisch. Meine liebste Zerre derzeit ist der Tight Metal von Amptweaker. Er ist sehr dynamisch, hat ein wundervolles Impulsverhalten, das man vor allem regeln kann und hat mich mit dem integrierten Gate einfach überzeugt. Als ich ihn das erste mal anspielte, nachdem ich ihm nur auf Verdacht aufgrund des niedrigen Preises in der Bucht geangelt hatte, klappte mir regelrecht die Kinnlade runter.

So, da gibt es aber noch die Endstufensätigung auf die viele immer noch abfahren. Ja, das kann ich verstehen. Es ist laut, es drückt, der ganze Körper wird davon ergriffen und der Amp wirkt reaktionsfreudiger und spricht einfach schneller an. Bei neuen modern ausgelegten Amps funktioniert das ganze aber schon lange nicht mehr, auch wenn es Röhren-Amps sind. Da passiert die Soundgestaltung in der Vorstufe und die Endstufe macht nur noch lauter. Nicht wenige Amps haben mitlerweile sogar einen Presence-Regler der nichts mehr mit der Endstufe zu tun hat, sondern da übernimmt eine Schaltung der Vorstufe die emulierte Soundänderung. Da wird man hier auch schon quasi verarscht. Aber da es noch alte Amps gibt, die solches Verhalten haben, gehe ich auf die modernen Amps nicht ein. Wenn man sich die Amps anschaut die diesen Effekt der Endstufensättigung besonders haben, dann haben die meist sogar Röhrendioden oder Röhrengleichrichter im Netzteil. Was dann bei hohen Lautstärken oft passiert ist, dass das Netzteil nachgibt und nicht mehr die Spannung liefern kann, die eigentlich vorgesehen ist. Dieser Sag, den man auch bei Fuzzes mit fast leerer Batterie gerne hat, den hat man dann auch zum Teil bei solchen Amps. Um dies mit Transistoren zu emulieren kann man entweder sein Netzteil mit Absicht unterdimensionieren oder eine Regelung entwerfen die dann abhängig vom Eingangssignal reagiert. Bisher habe ich das noch nicht komplett heraus gefummelt, wie man das idealerweise kopieren kann. Aber das mache ich nur nebenher aus reiner Neugierde. Eigentlich will man ja heutzutage keine Soundänderung mit Änderung der Lautstärke haben. Daher ist dies mMn nicht wirklich wichtig. Das die Vorstufen ohne Röhren gute Dinge verrichten haben wir ja schon im darüber liegenden Absatz besprochen. Warum also nicht auch hier eine solche Endstufe verwenden und eine klangneutrale und lineare Geschichte am Start haben?

Jetzt wird es warm und hochspannungsvoll:​

Röhren sind Heizungen. Sprichwörtlich, da die Heizung der Röhre dazu nötig ist Elektronen zu emitieren, damit die überhaupt funktioniert. Im Sommer oder im engeren Proberaum brauche ich nicht noch mehr Hitze. Ein 100W Amp kann daher auch gut und gerne 400W verbrauchen. Das geht irgendwann ins Geld, wenn man den Strom selber bezahlen muss. Aber das ist eher eine Kleinigkeit und fällt meiner Meinung nicht zu schwer ins Gewicht. Nur die hohen Spannungen sind eher störend. Neben teureren spannungsfesteren Bauteilen braucht man hierbei viel Eisen, was die Geräte einfach groß, schwer und wesentlich teurer macht. Natürlich gibt es hier auch viele Ausnahmen in Richtung Radio-Röhre oder unzählige Versuche mit 40V Röhrengeräte mit Standard-Röhren zu bauen. Nur diese Geräte haben noch schlechtere Störabstände und Messwerte als jedes Transistorgerät in diesem Bereich. Man muss bei Transistoren ja nicht immer die 9V aus dem Steckernetzteil des Effekt-Pedals nehmen. Es macht oft Sinn wesentlich größere Spannungen für mehr Headroom, einen größeren Störabstand und weniger Rauschen zu verwenden. API und Neve haben daher schon immer mit höheren Spannungen gearbeitet. Dabei kommt man aber nie in den dreistelligen Bereich, der für einem selber in irgend einer Form gefährlich werden kann.

Lüge Nummer 3: Alles digitale taugt nichts und ist böse:​

Tja, da gibt es sie immer noch: Die puristen, die alles digitale verschmähen und in ketzerischer Art alles halbleiterbestückte verfluchen. Aber von denen gibt es zum Glück kaum noch welche. Was also tun? Es fängt ja schon bei den einfachen Pedalen an. Welches Delay, Hall oder Chorus ist noch rein analog aufgebaut? Es ist mühselig schicke Eimerkettenschaltungen zu entwerfen oder ein Tape als Delay zu verwenden und diese auch noch gut klingen lassen zu wollen. Da ist es rein digital wesentlich einfacher und die Möglichkeiten sind auch riesig. Es sind jetzt Geräte möglich, wie sie es einfach noch nie waren mit besserer Qualität und

Jetzt wird es digital:

Wer liebt sie nicht? Die kleinen handlichen Mini-Pedale diverser Firmen die wunderbare Halls, Echos, Delays und Co anbieten. Die kosten nicht mehr die Welt, sind leistungsfähiger als alle Vorfahren und zudem verbrauchen Sie wenig, sind klein und werden nicht heiß. Da sind sich die meisten darüber einig etwas gut klingendes in der Hand und vor allem im Ohr beim Spielen zu haben. Aber warum sollte es da schon aufhören? Auf PCs, Pads und Handys gibt es mitlerweile sehr gute Emulatoren die einfach nur sehr sehr gut sind. Wie es bei Verzerrern mMn aussieht wisst ihr ja bereits. Aber dem gebe ich einfach noch ein paar Jahre Zeit und ich bin sicher, dass ich damit dann auch glücklich und zufrieden sein werden. Es ist doch einfach so, dass die Rechenleistung mitlerweile unseren Vorstellungen überstiegen hat. Wir haben Geräte mit mehreren GHz Taktfrequenz die pro Takt eine Gleitkommaoperation durchführen können. Wenn man diese Geräte mit den richtigen mathematischen Operationen füttert, könnnen sie quasi Wunder vollbringen. Vor allem sind die Preise so weit im Keller, dass man sowas hier einfach aus dem Ärmel schütteln kann. Klar hatte ich Probleme, aber der Sound ist da.

Man kann mitlerweile jedes Verhalten eines Geräts auf das Signal emulieren, wenn man die Impulsantwort hat. Durch Faltung mit dem Originalsignal wird das Ergebnis das des Originalgeräts gleichen. Bei Boxensimulationen ist es bereits so. Das man einen Amp nicht zu 100% emulieren kann liegt einfach daran, dass theoretisch unendlich viele Einstellungen vorhanden sind. Durch Alterung oder Bauteiltoleranzen vergrößert sich hier zudem noch die Anzahl der Möglichkeiten. Dem müsste man dann genauso mit unendlich vielen Impulsantworten entgegen kommen, um dieses Problem zu lösen. Das dies unmöglich ist, sollte jedem klar sein. Das man allerdings dennoch ein gut klingendes Produkt hat, allerdings auch. Nur weil das letzte Bisschen Abweichung im Obertonspektrum vorhanden ist, heißt es nicht, dass die Simulation schlecht ist. Nur die Emulation genau dieses einen Geräts ist nicht ganz zufrieden stellend. Aber wen interessiert dies, wenn es einfach klingt? Daher bewerte ich die Software oder andere Produkte nicht anhand des Original-Sounds im Vergleich, sondern daran, wie gut sie allgemein performen. Das heißt ich bewerte den Sound, das Ansprechverhalten, die Features, das Durchsetzungsvermögen im Bandkontext und Preis/Leistung. Leider sind dazu notwenige DSPs immer noch recht teuer. Aber das legt sich sicherlich mit der Zeit, wie es beim Rest auch schon so war.

Man darf einfach nicht vergessen, dass man digital quasi die Physik austricksen kann. Man schickt das Signal ja nicht durch reale physikalische Bauteile während es bearbeitet wird. So kann man auch plötzlich einen EQ mit 50dB Flankensteilheit ohne Phasenunterschied zum Originalsignal und ohne Überhohungen an anderer Stelle bauen ohne Probleme. In der Realität wäre eine solche Schaltung rein analog fast immer zum schwingen verurteilt. Zudem spart man sich auch Bauteile wie Spulen. Wie gesagt, "Eisen" ist immer teuer.

Kurzum: Digital wird die Zukunft sein, auch wenn der Stromverbraucht aufgrund der Flut an Transistoren im Chip wesentlich höher ist als bei analogen Schaltungen.

Was kann die Röhre eigentlich?

Die Röhre ist immer noch ein richtig genialer Impedanzwandler! Ich bin ein Fan von einem CD Player mit Röhren. Für die meisten ist es die bescheuerteste Idee der Welt, aber ich liebe den Magnat MCD 1050 einfach. Der Grund ist der, dass dies nicht einfach ein Marketing-Gag ist einem digitalem Medium "Röhrenklang" zu verleihen. Die Röhren liegen nämlich am Ausgang und treiben somit die Vorstufe vom dahinter geschalteten Amp. Das heißt, dass sie nicht verstärken und die Verstärkung gleich 1 ist. Der Vorteil ist einfach, dass der CDP so überall gleich klingt, da sich die Röhren an fast jedem Amp unabhängig der Eingangsimpedanz wohl fühlen. Ab und zu hat man das Gefühl ein Mismatch der Geräte vorliegen zu haben. Das hat man mit diesem Gerät nicht. Klar mag es Geräte geben, die die Röhre ganz anders und nur von der Marketing-Abteilung vorgeschrieben verwenden. Aber dieses Gerät ist wirklich kein Blender. Man hat einfach einen sehr neutralen Klang dadurch gewonnen und es geht nicht um "wärme" oder den besonderen Glanz oder Schimmer im Hochtonbereich.

Bis vor Kurzem waren Röhren auch sehr wichtig für alle möglichen HF-Anwendungen. Allerdings hat hier auch mitlerweile das Germanium einzug erhalten. Was für den HiFi-Menschen und Musikus zum alten Eisen gehört, da kaum einer noch Germanium Transistoren verwendet, ist gerade für den Funker neustes High-Tech. Hier hat der Transistor mitlerweile erneut gesiegt, auch wenn der Weg wesentlich länger war.

Erst wenn eine Atombombe in der Stratosphäre über Europa gezündet wird oder anderweitig ein EMP das Land in Dunkelheit hüllt, werden Röhrengeräte ein Revival haben, da sie noch funktionieren werden. Die meisten anderen Halbleiter wären durch die hohe Induktionsspannung fritiert worden. In diesem Fall würde die hohe Spannung zugunsten der Röhre ausfallen. Die Frage, woher der Saft für die zur Kommunikation notwendigen Radios und Funkgeräte dann kommt, ist eine Andere.

Warum klingen mache Geräte einfach schlecht?​

Das hat viele Ursachen. Prinzipiell kann jede Technologie im Audio-Bereich gut klingen. Natürlich hat jedes verwendete System Vor- als auch Nachteile, aber alle Geräte einer Gattung über einen Kamm zu scheren ist zu einfach gedacht. Man kann nicht alle Transistorverstärker schlecht finden. Zum Glück gibt es mitlerweile sehr viele gute Gegenbeispiele, die sich gut gemausert haben. Und auch Einschätzungen, die in die Richtung gehen bestimmte Dinge einem Genre zuzuweisen kann ich nicht unterstützen oder gar verstehen. Es scheinen viele immer noch zu meinen, dass Transen-Amps dem Metal gehören. Dabei gibt es doch viele schicke Dinger von Diezel mit Röhren. Und der Roland Jazz Chorus ist auch kein Röhrenamp.

Warum sich dann solche Meinungen halten ist zum einen der Marketing-Abteilung vieler Firmen geschuldet. Wenn man aus verschiedenen Ecken die gleiche Meinung suggeriert bekommt, fängt man als technisch nicht affiner Mensch an dies zu glauben. Dann wird es wiederholt und auch an Orten wie diesem Forum weiter verbreitet. Schade eigentlich. Da ist es immer schwer dagegen anzureden und auch mit Beweisen wie technische Angaben und/oder Messungen hat man es manches mal schwer. Das soll keine Kritik an dieses Forum sein, im Gegenteil. Hier kann sich ja jeder Gehör verschaffen. Ich möchte nur darauf hinaus, dass viele ein Gerät nicht objektiv wahrnehmen können, wenn eine bestimmte Erwartung oder bestimmte Wertungskriterien vorhanden sind. Natürlich klingt sein Instrument nach dem Umbau besser, da man selber Hand anlegte und neben Zeit auch noch Geld investierte. Das ist dann schon fast eine selbsterfüllende Prophezeiung. So ist es dann auch mit Technik bei der man Vorurteile gegenüber hat. Auch ich ertappe mich immer wieder selbst dabei. Da denke ich von A, dass es besser sei als B und erst bei einer Messung, stelle ich fest, dass ich falsch lag. Das fehlt vielen Musikern, da Messgeräte und Wissen fehlen. Das ist auch ok so. Musik ist ja emotional und das soll es auch bleiben. Zum anderen ist es schwer Klang zu beschreiben. Da fällt einem bei jeder Vokabel eigentlich auch ein anderer Klang ein, den wir im Ohr dann hören, sodass ein echter Vergleich im Dialog mit anderen schwer fällt. So halten sich dann gewisse Schlagworte, auch wenn diese dann irgendwann falsch genutzt werden.

Aber es gibt Geräte die einfach schlecht sind. Das liegt dann an der Konstruktion, am Rotstift der Firma oder einfach an der Unfähigkeit. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die fehlen. Zu sehen ist es z.B. in diesem Thread über meinen Mod eines Alesis Noise Gates. Ich habe mich gewundert, warum viele Gates unten herum ein so schlechtes Ansprechverhalten haben und die Impulse beim Palm Muten quasi verschlucken. Durch Austausch der Koppelkondensatoren wurde daraus dann ein absolutes Spitzengerät, dass ich bis heute noch doppelt im Rack sitzen habe. Ein drittes unverändertes Gate habe ich auch noch, um anderen vor Augen zu führen, wie krass die Unterschiede vor und nach dem Mod sind. Alesis ist da aber kein Vorwurf zu machen. So ein Schaltungsentwurf bedarf Erfahrung und Zeit und wir wissen nicht was ursprünglich dabei gedacht wurde diese Kondensatoren in der Größe einzusetzen.
Die meisten Ingenieure nehmen kleinere Kondensatoren, da man kein Rumpeln und andere tieffrequente Störung im Gerät haben möchte. Da setzt man sich eine Grenzfrequenz bei der man der Meinung ist eine Gitarre könne solche tiefen Frequenzen nicht wiedergeben und vergisst dabei, dass viele Spielarten ein perkussives Ansprechverhalten in den tiefen Frequenzen besitzen. Das geht dann verlohren. Dies ist aber nur ein Beispiel von vielen, warum manche Geräte augenscheinlich nichts taugen. Es kann an einem einzigen Bauteil liegen, dass das Ansprechverhalten schlecht ist oder das Gerät einfach nur flach oder zu komprimiert und daher undynamisch wirkt. Daher ist es für mich immer so schwierig gleich eine Art oder Gattung von Bauweisen zu bewerten, da es mMn immer eine Lösung für dieses eine spezielle Problem gibt. Das andere ist natürlich auch, dass man möglichst breit gefächert aufgestellt sein möchte und damit versucht alle Möglichkeiten auszuloten. Dann gibt es auch noch den Geschmack. Das darf man nie vergessen. Der eine mag es sehr dynamisch, der andere will nur braten und das gefälligst in der gleichen Lautstärke, egal ob er gerade leicht zupft oder seine Gitarre verprügelt. Aber das ist dann wiederum eine andere Geschichte.

Schlusswort:​

Wie ihr seht, habe ich der Röhre doch ein paar gute Eigenschaften eingeräumt und das dieser Thread keine Hasstirade gegen Röhren darstellen soll. Nur die Vorteile einer Röhre überzeugen mich einfach nicht mehr, da man die gewollten Eigenschaften auch anderweitig erhalten kann. Die Nachteile der Röhre sind und bleiben einfach stets erhalten, auch wenn man versucht drum herum zu arbeiten. Daher könnte ich - wenn überhaupt - am ehesten mit einer Hybridlösung leben, die quasi "best of both woorlds" darstellt, wie sich auch im genannten CDP vorhanden ist. Es gibt viele Wege nach Rom und ich möchte niemandem seine Röhren schlecht reden oder weg nehmen. Wer mit seinem Sound zufrieden ist, ist einfach ein glücklicher Mensch und wie er das geschafft hat, ist doch egal. Ich wollte nur einige Dinge klar stellen und zurecht rücken, da die Marketingabteilungen der Firmen sich immer neue wilde Dinge ausdenken oder althergebrachtes Glauben immer wieder trotz mangelnder Richtigkeit runter gerattert wird. Ich möchte damit auch vor allem jungen Musikern den Mut geben sich etwas eigenes zu trauen und nicht nur das Equipment der Idole nachzujagen. Man kann nämlich auch unabhängig von den Meinungen der Magazine einen guten Sound ohne teure Röhren erhalten.

Ich hoffe dieser Thread war interessant genug zu lesen.

Gruß,
Etna

P.S.: Wie im anderen Thread bereits benannt juckt es mich derzeit unter den Nägeln einen Versuch zu starten und viele Gitarristen mal in ein Studio einzuladen und denen einen Amp vorzustellen, der wie ein typischer richtig großer Röhren-Bolide aussieht. Doch die sichtbaren Röhren sollen nur durch LEDs angeleuchtet sein und die Nutzung solcher vortäuschen. Im inneren sollte eine kleine süße SMD bestückte Platine mit Class D Endstufe werkeln, dessen Größe in ein Effekt-Pedal passt. Ich denke es wäre interessant zu erfahren wie der Amp dann bewertet würde und die Reaktion der Leute zu sehen, wenn ihnen gezeigt wird, was wirklich im inneren werkelt.
 
Eigenschaft
 
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die der Farbfilm am Ende jahrzehntelanger Weiterentwicklung erreicht
Ich kann nichts verwerfliches daran finden, wenn sich ein Produkt bewährt hat


Jahrzehntelange Weiterentwicklung findet doch bei einem Produkt, welches sich "bewährt" hat, i.d.R. gar nicht mehr statt...

Ein Re-issue ist gerade dies - das Wiederanbieten eines alten, schon längst bestehenden Produkt-Konzepts.


Jetzt ist es halt der AxeFx und Kemper, die „jetzt aber wirklich“ e-x-a-k-t so klingen und sich so „anfühlen“, wie die analogen Originale. Wie mag das in 1-2 Jahren bewertet werden?

Kommt eben darauf an, wer den Kempern und Axes wird Paroli bieten-, mehr noch: diese sogar wird übertrumpfen können, oder wie Kemper oder Axe ihr bestehendes Produkt weiterentwickeln.




PS:
Insgeheim warte ich natürlich - im Geiste des Marketing-Zauberworts "Retro" und ganz im Sinne der Traditionalisten - auf ein originalgetreues Re-issue des AX-212...



bigax2.jpg




:cool: ;)
 
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Ich glaube, hier ist eher (bewärhte) Technologie gemeint als (bewährtes) Produkt.

Das gute alte Automobil beruht seit etwa 100 Jahren auf dem Verbrennungsmotor. Niemand wird bestreiten, dass das Produkt Auto heute deutlich anders aussieht als bei seinem Entwicklungsstart - es ist dennoch eine Verbesserung, Verfeinerung und Veränderung auf Basis der gleichen, bewährten Technologie.

Das Elektroauto wiederum basiert auf einer anderen Technologie, jedenfalls im Herzstück des gleichen Gebrauchsgegenstandes Auto und da muss es sich erst mal bewähren - und die Kriterien, an denen die Bewährung gemessen wird, werden aus dem gezogen, was an Bewährtem aus der schon länger eingeführten Technologie des Verbrennungsmotors bekannt (und beliebt) ist: Robustheit, Schnelligkeit, Anzugsfähigkeit, Ausdauer etc. Das ist ein ziemlich normaler Vorgang, dass zunächst eine Kopie der gleichen Kriterien oder Attribute eines bewährten Produktes angestrebt wird, das zudem andere Vorteile (potenzielle oder schon tatsächlich realisierte) wie Umweltfreundlichkeit und Unabhängigkeit von einem begrenzten Rohstoff bietet.

Auf einer anderen Ebene (die dennoch für den Käufer nicht uninteressant ist und für ihn in das Entscheidungskalkül fallen) sind dann Kriterien, die eher dem Umfeld dieser Technologie zuzuordnen sind: Anzahl der Tankstellen und der Betriebe, die ein solches Auto warten und reparieren können etc.

Zudem spielt die Einschätzung, wie ausgereift die Technologie derzeit ist und ob sie sich durchsetzen wird, eine Rolle im Kaufverhalten, die teils auf Informationen beruhen und teils auf Einschätzungen oder Spekulationen. Schließlich kennt auch jeder die Frage, ob man wirklich die erste Version eines Produktes bzw. einer Entwicklung wie Windows XXZ nehmen oder noch etwas warten soll, bis die erste Reihe der Bugs beseitigt ist ...

x-Riff
 
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Eine Auto ist keine Gitarre.... bitte!
 
Ich finde es erstaunlich, dass den Vertretern der "Röhrenfraktion" immer und immer wieder vorgeworfen wird, wie unglaublich rückständig aber gleichzeitig kompromisslos sie seien, während die Vertreter der "neuen Technologien" tolerant, modern und nach vorwärts gewandt sind.

Irgendwie gewinne ich bei dieser ganzen Diskussion aber eigentlich einen völlig anderen Eindruck. Geht es den "Röhrenfetischisten" - ich zähle mich zugegebenermassen irgendwie auch dazu, obwohl beim Aufnehmen auch 'mal einen X3 (obwohl bei den hier genannten HighTech - Teilen ja mittlerweile auf dem Niveau einer Dampfmaschine) nutze - in erster Linie um "Sound", argumentieren die Technik - Freaks ständig mit "Technologie", die genauso gut klingt wie Röhre, allerdings ihrer Meinung nach rein technisch überlegen ist. Stichwort "Stabilität" usw.. (immer noch darüber grübelnd, wo denn da tatsächlich das praktische Problem bei Röhrenamps liegen soll:gruebel:)

Es scheint also doch tatsächlich immer noch so zu sein, dass selbst bei den Kemper/Modeller/Wasweißich - Nutzern der Sound der altmodischen Röhrenamps rein klangtechnisch der Maßstab ist, weil man sich ständig darauf bezieht.

Während ich als Spieler und Nicht - Bastler meine Röhrenamp - Affinität stets nur dadurch begründen will und kann, dass ich mich schlicht besser fühle mit einem Röhrenamp, der hinter mir steht, sowohl klanglich als auch "spieltechnisch", so bemühen die Technologiefreunde in der Regel wahre physikalische Seminare, um die Überlegenheit der neuen Verstärker zu begründen.

Leider sieht dazu die Beschreibung der klanglichen Vorteile dieser Verstärker meist recht karg aus. Viel mehr als "Klingt genauso wie ein Röhrenamp." kommt meistens nicht dabei heraus.

Hauptargument bleibt meistens die tatsächlich einem "Normalen" Verstärker überlegene Flexibilität und Soundvielfalt, die aber 90 % der Durchschnittsgitarristen gar nicht brauchen.

Ich wollte das nur 'mal kurz festhalten, weil ich das von der Argumentation her recht interessant finde.

Ich schaue mir bei Konzerten, sowohl live vor Ort aber auch im TV immer gerne an, welche Amps da so benutzt werden.

Täuscht mich mein Eindruck, oder sehe ich da zu 99,9 % alte, anachronistische Röhrenamps?

Ich schrieb es schon einmal in diesem Thread und andere haben es auch geschrieben: jeder nutzt das Equipment, das ihm gefällt.

Niemand ist ein besser oder schlechterer Musiker/ Experte, weil er dies oder das benutzt, oder dies oder das nicht.
 
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Moin!

Der Vergleich hinkt eh, da der E-Motor 100 Jahre mehr auf dem Buckel als der Diesel hat. Die ersten Fahrzeuge hatten zumeist einen E-Motor. Das Ende 19te Jahrhundert war von E-Fahrzeugen bestimmt bis sich der Otto-Motor durchsetzte. Zudem sind wir auch hier eher von den Petrolgesellschaften gesteuert, da sie die größere Lobby haben. In Ländern wie China bekommt man beim Kauf eines E-Fahrzeugs 10.000 Euro geschenkt. Soviel dazu. Aber das ist hier ja auch nicht Thema.

Mich stört viel mehr die aufsteigende Polemik hier. Ich werde dem nichts mehr entgegnen, da es keinen Sinn macht. Das hat nichts mehr mit dem Thema zu tun. Niemand soll ja und amen sagen, aber mich nervt es einfach, wenn falsche Tatsachen verbreitet werden. Daher habe ich oft Kontra gegeben. Das hatte nichts mit meiner Überzeugung zu tun. Meine letzte Gitarre habe ich auch nur gekauft, weil sie blau war.

Gruß,
Etna
 
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Ich finde es erstaunlich, dass den Vertretern der "Röhrenfraktion" immer und immer wieder vorgeworfen wird, wie unglaublich rückständig aber gleichzeitig kompromisslos sie seien, während die Vertreter der "neuen Technologien" tolerant, modern und nach vorwärts gewandt sind.
Warum muss man denn einer "Fraktion" angehören?
Es gibt viele unter uns die beides nutzen und schätzen - auch ich bin mit meinen Röhrenamps genauso glücklich; warum kann man denn diese Themen nicht ein wenig mehr sachlich diskutieren?

Es wurden bis auf einige bissige Ausnahmen vernünftige Beiträge gepostet - dann kommt einer "Ich hab den besten Röhrenamp den es gibt, kein Transistor kann so gut sein - den lasse ich mir nicht schlecht reden".

Ein wenig mehr Toleranz könnte da nicht schaden - aber das scheint ein Problem unserer Zeit zu sein. Zu viele sind einfach nur auf Krawall gebürstet....
 
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Das ganze hat übrigens gewisse Parallelen zu den obligarotischen "Linux vs. Windows"-Geschichten in gewissen anderen Foren :D
 
Täuscht mich mein Eindruck, oder sehe ich da zu 99,9 % alte, anachronistische Röhrenamps?
damit könntest du richtig liegen - ist als Deko mit vintage Appeal gerade durchaus angesagt... ;)
man kann damit aber auch gut einen bestimmten Status (oder ein gewolltes Image) deklarieren

ich steh auf jede alte Technik mit 'Charakter' - effektiv nutzen kann ich aus Zeitgründen aber 'nur' Modeller
Murmeltiertag:
es ging (hier) nie darum, den Spielern von Röhrenamps ihren persönlichen Favoriten zu vermiesen
Etna hat den (hoffnungslosen) Versuch unternommen, dem sinnfreien Gebrabbel von Röhrenwärme und imaginären Klangeigenschaften das Wasser abzugraben...
konkret: der Annahme, dass ein glimmender Glaskolben per definitionem 'guten Sound' liefert

die Mehrzahl der 'modernen' Röhrenamps klingt wie akustischer Dreck, aber man säuft sie sich quasi schön...
davon sind verdiente Exemplare, die jemand aus Begeisterung/Überzeugung spielt überhaupt nicht betroffen
und waren hier auch nie Thema

cheers, Tom
 
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Viele Beiträge hier gehen nun auf emotionale/ästhetische Aspekte ein, welche sicherlich auch relevant sind, um die persönlichen Präferenzen zu erklären. Gerade heranwachsenden Musikern mit weniger Geld geht es aber oft alleine um den Sound und da fällt es mir nach wie vor schwer ein eindeutiges Urteil zu fällen, wobei ich bislang aber auch nur eine sehr überschaubare Anzahl von Amps gespielt habe. Bei denen, die ich hatte, würde ich im Clean-Bereich keinen signifikanten Unterschied sehen; die Zerre war bei den Röhrenamps im Durchschnitt aber in gewisser Weise "körniger" und "organischer" (so ganz leicht in Worte zu fassen ist es nicht). Ich habe bisher auch noch keinen Transistor-Amp gehört, bei dem das so funktioniert hat, im Modelling-Bereich habe ich Amplitube, Revalver, Guitar Rig und Positive Grid Bias ausprobiert und fand die durchweg weniger gut als die meisten realen Amps. Ich würde mir unterstellen, weitgehend frei von Voodoo-Ideen zu sein. Es stellt sich natürlich die Frage, ob die Röhren-Amps, die ich hier hatte, mglw. einfach besser/aufwendiger konstruiert waren.
 
m Modelling-Bereich habe ich Amplitube, Revalver, Guitar Rig und Positive Grid Bias ausprobiert und fand die durchweg weniger gut als die meisten realen Amps
nehmen wir mal an du hattest was 'ausgesuchtes' halbwegs gutes Reales zum Vergleich
natürlich klingt das besser - so sicher wie das Amen in der Kirche - weil sich der natürliche Sound, den das Ohr gewohnt ist aus Amp, Cabinet, Speaker, Luftbewegung ergibt
kein Modeller dieser Welt kann das 1:1 simulieren - es wird immer anders klingen

wenn du aber den Spiess umdrehst, einen Track mit Modeller über eine gute hifi Anlage wiedergibst...
und zum Vergleich den 'Realo' in häuslicher Umgebung mikrofonierst und auf einen digitalen Track verfrachtest...
dann wird das Ergebnis zu 99% unter dem Modeller liegen - genauso sicher

ich habe letztens Vergleichsmaterial gesucht und bei YT zig Aufnahmen von kleinen Röhrengeräten angehört
(unter den gleichen Studio-Kopfhörern mit denen ich sonst 'Modeller' spiele)
selbst etwas mit Reputation wie der Fender Excelsior klingt da meist einfach nur shice
(weil Aufnahme-Equipment und/oder Kenntnisse nicht reichen...)

cheers, Tom
 
Es scheint also doch tatsächlich immer noch so zu sein, dass selbst bei den Kemper/Modeller/Wasweißich - Nutzern der Sound der altmodischen Röhrenamps rein klangtechnisch der Maßstab ist, weil man sich ständig darauf bezieht.

Nö, es gibt einfach nur mehr davon, ergo gibts auch mehr Profile. Ich habe erst gestern im Rig-Manager etwas herumgesurft, die anderen Kemper-User profilieren so ziemlich alles. Vom Blug Amp1 gibts beispielsweise schon Profile (da hat sich jemand wirklich Mühe gegeben und die verschiedenen Einstellungen des Amps gut abgebildet)
, ebenso vom Axe FX, Jazz-Chorus natürlich und lustigerweise sogar von Software wie S-Gear.


Während ich als Spieler und Nicht - Bastler meine Röhrenamp - Affinität stets nur dadurch begründen will und kann, dass ich mich schlicht besser fühle mit einem Röhrenamp, der hinter mir steht, sowohl klanglich als auch "spieltechnisch", so bemühen die Technologiefreunde in der Regel wahre physikalische Seminare, um die Überlegenheit der neuen Verstärker zu begründen.

Aber man muss man doch nicht immer und überall dieses ständige "nur mit Röhren krieg ich nen Orgasmus" posten wenns um andere Techniken geht. Hier in diesem Thread laufend, scheint aber trotzdem nicht zu reichen, also gibts noch nen Gegenthread. Irgendwie müssen einem Röhrenfans anscheinend immer mitteilen, dass nur Röhren den besten Sound überhaupt liefern.
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So, nun aber nochmal zu etwas konkretem: Ich habe gestern bei einem Kollegen das erste Mal den ZT Lunchbox gesehen und gespielt:


Es wundert mich etwas, dass dieser bisher noch nicht erwähnt wurde. Das Konzept ist wirklich interessant, gerade im Sinne dieses Threads: Ein kleiner, puritanischer Transisitor-Amp, extrem solide gebaut und für seine Größe recht schwer (trotzdem insgesamt nur so groß und schwer wie ein mittelgrößes Röhrentop) mit wirklich enormem Leistungsreserven. 200 Watt in so einer kleinen Box, wow, wenn ich da nur mal daran denke was für eine wirkliche Röhren-Armee (da wirds schon gerne mal zweistellig) mit entsprechender Wartungsintensität und -kosten schon so mancher 100 Watt Röhrenamp auffährt. Interessant fand ich vor allem, dass mir der Zerrbereich sehr "natürlich", "analog" erschien, also nicht so, als sei da einfach eine Zerr-Schaltung, also quasi ein Pedal, eingebaut. High-Gain oder Lead kann er nicht, die Klangbandbreite reicht nur von Clean bis Crunch / maximal Classic Rock-Sounds. Der interne 6,5 Zoll Speaker ist ganz nett für Unterwegs, aber natürlich limitiert, sowohl von der Lautstärke als auch auf das Klangbild bezogen. Zum Glück hat das Teil auch einen normalen Speaker-Out (findet man beispielsweise an Modellern leider viel zu selten), an dem man eine normale Box ab 8 Ohm anschließen kann. Wow, schon an einer 112 Box geht es wirklich rund, der Sound öffnet sich und der kleine kann richtig, richtig laut werden. Erinnert mich insgesamt, insbesondere von der Klangbandbreite und dem Grundsound, an den kleinen Palmer Fab 5, aber schon mit dem internen Speaker weniger "dosig" und nicht so sehr Blues-fixiert.

Vor allem fand ich auch die sehr gute Reaktion auf die Spieldynamik beeindruckend, da musste ich gar nicht lange nach passenden Einstellungen suchen, sondern ich konnte praktisch immer alleine durch der Anschlagsstärke von Clean nach Crunch gehen, egal ob mit SCs oder Humbuckern. Passt halt auch sehr gut zum Klangbereich und was man da normalerweise so spielt.

Schönes Teil, mit einem Zerr-Pedal davor und den gigantischen Clean-Reserven auch sehr flexibel.

Weiß vielleicht jemand etwas über die Technik des kleinen Combos?
 
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Ich sehe irgendwie nicht den Widerspruch zu meinen Aussagen... .
Sehe ich es falsch oder bedeutet die Tatsache, dass auch die "Kemper - Familie" in aller erster Linie die Sounds von Röhrenamps profiliert? Ist das nicht zum,indest ein Indiz dafür, dass meine Ansicht, dass offensichtlich der "Röhrensound" auch bei den Profilern der Maßstab ist, an dem sich alle orientieren?

Ich habe doch nie behauptet, dass all diese technischen Wunderwerke schlechter klingen, ich frage mich nur, warum so ein technischer Aufwand betrieben wird, um letztlich etwas zu produzieren und imitieren, was schon gibt.... .

Recht gebe ich Dir, was die ZT Lunchbox angeht. Ich selbst habe die Akustik - Zwillingsschwester" dazu und ich bin immer wieder überrascht (gewesen, weil sie z.Zt. kaputt ist - selbst schuld), wieviel an funktionierender Technik Leistung man in so ein kleines Teil stecken kann
 
was bisher noch keine Erwähnung gefunden hat sind CMOS Logik-ICs (der einfachsten Art)
Der CD4069UB Chip wurde ja bereits erwähnt. Im Synthesizer-Bereich gab es immerhin den EDP Wasp, der einen darauf basierenden Filter hat, der im DIY Bereich auch gerne kopiert wird:
http://www.schmitzbits.de/wasp.html
http://www.cgs.synth.net/modules/cgs49_twf.html (Interessant: TI chips (CD4069UBEE4) reportedly give greater distortion than some other brands of 4069)

Technisch bin ich nicht bewandert, ob die Schaltung jetzt den röhrenähnlichen Charakter des Chips ausnutzt. Ich besitze nur einen Doepfer A-124 Filter, der ebenfalls eine Wasp-Kopie ist, und mag dessen wilden Charakter.
Vielleicht regt die Schaltung ja zu was in Richtung Gitarre an.

– Warum spielen wir eigentlich noch Gitarren aus Holz statt aus Kunststoffen?
Nicht alle hier tun das, es gibt einige Carbon-Steinberger User und ich z.B. spiele auch zwei Basslabs aus Verbundmaterial (eine davon ist meine Hauptgitarre).

– Mir graut vor dem Tag (der hoffentlich nie kommen möge ...), an dem ich bei Rockkonzerten keine Röhren-Amps + 4x12er auf der Bühne sehe
Das wird wohl auch der Grund für sowas sein:

500x_fake-amp-stacks-immortal-metal-band.jpg


Da ich aus dem Techno-Bereich komme (ursprünglich ohne Stars und Bühnenfixierung) war mir der ganze Hype um den Bühnenbereich sowieso immer fremd. Ich meine: Ist man Gear-geil oder geil auf den Sound oder will nur Rumgepose?

Mir ist piepegal, ob auf der Bühne dicke Boxen stehen, solange die Band gut ist und bei ner schlechten Band retten auch 4x12"er nichts. Was das zwingend mit Rock oder Metal zu tun haben soll verstehe ich ehrlich gesagt nicht.
Und in kleineren Locations machen 4x12" als Alleinbeschallung sowieso keinen Sinn, weil der Sound an den Leuten vor der (in den Fällen nicht besonders hohen) Bühne bricht und nicht in jeder Richtung gleich ist.

Irgendwie müssen einem Röhrenfans anscheinend immer mitteilen, dass nur Röhren den besten Sound überhaupt liefern.
Das ist wie der Reflex bei im Bilderthread geposteten Headless-Gitarren etwas abwertendes zu schreiben (auch ein abwertender Witz ist abwertend!).

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Zurück zum Thema:
Was hier noch viel zu selten passiert, in den USA aber immer häufiger:
Ein Synthesizer Modularsystem mit einer E-Gitarre verwenden.
Für Sounds eher Richtung traditionelles gibt es da ganz normale Verzerrermodule und die unerwünschten Frequenzen kann man per Filtermodul entfernen.
Passt auch daher, weil es einige Boutique Pedal Hersteller gibt, die auch Module bauen:
Malekko, 4ms, Metasonix, WMD (die mit dem Geiger Counter)

Da gibt's dann natürlich auch etliche Möglichkeiten die Gitarre eher wie einen Synth klingen zu lassen, muss aber nicht sein:
Es gibt auch Module mit Modulationseffekten wie Delay/Flanger oder Phaser oder ganz normale Hallmodule (digital oder Federhall) oder Looper. Autowah kann man mit Envelope Followern und einem Standardfilter programmieren.
Und mit Feedback kann man auch ganz viel machen.

Es gibt jetzt sogar kleine Gehäuse für Eurorack im Pedalformat: http://pittsburghmodular.com/patch-box/
Kann man auch einfach vor einen normalen Amp schalten.

Da es ja um Alternativen zu Standardröhren-Setups geht, fehlte das noch zur Komplettierung.
Module mit Röhren gibt's übrigens auch. ;) (von Metasonix, Togotronic und anderen) Da fehlt dann natürlich der Ausgangsübertrager und die verwendeten Röhren sind wegen der niedrigeren Spannung auch andere.
 
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– Warum spielen wir eigentlich noch Gitarren aus Holz statt aus Kunststoffen?

Weil man Dellen aus Holz mit einem Lötkolben rausbekommt:D


Zum Thema:
Ich empfinde auch das der "Röhrensound", den es ja so auch wieder gar nicht gibt, so etwas wie das Zentralgestirn in der verzerrten Gitarrenmusik ist.
Allerdings eben nur der Sound. Welche Technik den erzeugt ist mir schnuppe.
Ich verstehe auch die ablehnende Haltung gegenüber Modelern nicht, die hier und dort durchkommt. So eine Lunchbox ist was feines, ein Röhrenamp der nach Antik riecht auch. Da bin ich auch höchst affin. Aber die heutigen Modeller sind derart gut geworden das man durchaus sagen kann, mit einem Modeller kann man all diese Sounds abdecken und mehr. Da kommt es dann wirklich auf den gut konstruierten Ausgangsübertrager oder Line-out an hinter dem ein oder mehrere Speaker nach Geschmack hängen. Kommt das Gespräch auf Modeller gibts oft das Argument "Ja aber die können zu viel, was man nie braucht" Hallooooooho. Genau das macht die Sache doch erst interessant und innovativ.

Das Problem ist die gewohnte/gewünschte Empfindung beim Spiel. Es ist grade Musikern oft nicht egal ob sie ihr Gitarrenkabel in eine Zigarettenschachtel-große Tupperdose oder in einen wärmeabstrahlenden Kommoden-Amp stöpseln.

Bei Fernsehgeräten war der Wechsel ganz einfach – Mehr Auflösung, weniger Stromverbrauch, weniger Gewicht und die Röhre war tot.
Da feht die emotionale Bindung obwohl bei denen der ton durch die fehlenden Resonanzkörper für den Lautsprecher nicht wirklich besser wurde.

Warten wir mal auf die nächsten Amps die es nur noch als Smartphone-App gibt, weil die Konzerne keinen Bock mehr auf die kostspielige Materialschlacht haben;)
 
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Vielleicht kann ja jeder mal ein Beispiel von seinem Sound (selbst aufgenommen) hier posten.Es geht ja nicht darum,daß hier ellenlange Beiträge geschrieben werden,nur um das Gefühl zu haben,daß man recht hat.Ich bin sicher,daß dabei rauskommt,daß Musiker A mit Röhre sehr gut klingt,Musiker B mit Transistor nicht ganz so gut,Musiker C mit Transistor hervorragend klingt,Musiker D mit Röhre eher nicht ganz so toll.Wenn gewünscht,mache ich gerne mit.

Röhrenamps (Fender Hot Rod George Benson links + Diezel ,rechts),Aufnahme von einer Probe bei mir zu Hause.

https://soundcloud.com/wes-37/autumn-leaves-harry-abelfrank-jordens-probemitschnitt-11014

Transenamps (Henriksen),ebenfalls Aufnahme von einer Probe bei mir zu Hause.

https://soundcloud.com/wes-37/dweep-a-wap-a-blues-guitar-dialogues-harry-abel-frank-jordens
 
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Tolle Aufnahmen, klingt alles sehr amtlich.

Aber trotzdem eine möglicherweise blasphemisch anmutende Frage: Spielt es bei der Art von Gitarrensound eine Rolle, ob da Röhre, Transistor oder Modeller am Werk ist?

Klingt beides gleichermaßen klasse, aber es sind – für mein Empfinden und als Jazz-Laie – auch Sounds, bei denen einen Röhrenamp gar nicht die Eigenschaften zeigen muss, wegen derer ich ihn beispielsweise in meinem Metier (Metal) bevorzuge.

Hier sind wir wieder beim Punkt des individuellen (Hör-)Empfindens, das man eben nur schwer objektiv bewerten kann.
 
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Ja,das stimmt.Aber es geht ja oft um den letzten Hauch des Unterschiedes....die Feinheiten.Ich hab ja weiter oben schon geschrieben:beide,Transe und Röhren haben ihren Reiz,für mich (!) bei der Musik der Henriksen ein Hauch mehr.
Für Rock würde ich immer noch einen Röhrenamp hernehmen,da kommts halt auch auf die Klasse des Amps an.Der Hot Rod ist kein besonders guter Röhrenzerramp(ohne Vorschaltgeräte),jedenfalls wenn`s in Richtung Solovollzerre gehen soll. Mein Elevenrack war jedenfalls noch nicht ganz geeignet als Modeller Röhrenamps voll zu ersetzen.Vielleicht die nächste oder übernächste Generation.Aber dann !!!!!!:D:D
 

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