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HëllRÆZØR
HCA-Harmonielehre
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Man kann auch die Dreiklangsquinte als "Grundton" hören - dann ist das Charakteristische von Moll die große Terz unter der Quinte. Ich denke es macht beim Konsonanzempfinden einiges aus, ob man den Moll-Dreiklang mit der kleinen Terz 6:5 assoziiert, oder mit der großen Terz 5:4.Es gibt verschiedene Moll-Tonleitern (z.B. äolisch, harmonisch, melodisch). Das charakteristische von Moll ist jedoch immer die kleine Terz zum Grundton.
Sehr einfache Verhältnisse besitzt auch der Quint-Nonenakkord: 4:6:9, z.B. C G d (in weiter, konsonanterer Lage: 1:3:9), mit Frequenzverhältnissen 3:2, 3:2 und 9:4. Durch deine willkürliche Voraussetzung, das Ganze auf den Oktavraum einzuschränken wird er zu einem sus2, und ist dann natürlich nicht mehr so konsonant wie ein Dur-Dreiklang. Der Moll-Dreiklang besitzt übrigens die selben Intervalle wie ein Dur-Dreiklang.Später interessierte man sich nicht nur für den Zusammenklang von zwei Tönen, sonden auch von drei. Nun stellen wir uns einmal folgende Frage:
Welche drei Töne innerhalb einer Oktave verschmelzen am meisten miteinander?
Da stellt sich heraus, daß es der Dur-Dreiklang ist. Die Frequenzverhältnisse sind hier am einfachsten, egal welche Töne man in Beziehung setzt:
Besipiel in C-Dur:
c zu g --> 2 : 3
c zu e --> 4 : 5
e zu g --> 4 : 6
Man wird keine anderen drei Töne finden, deren Frequenzverhältnisse in der Summe so niedrig sind.
(eine kleine Korrektur: es muss "e zu g --> 5 : 6" heißen).
Ich denke, wenn man den Moll-Dreiklang als "traurig" empfindet hat das sehr viel mit Konditionierung zu tun. Man denke nur an das Kinderlied "Hänschen Klein", bei dem die Mutter beim Moll-Teil plötzlich in Tränen ausbricht ("aber Mutter weinet sehr"). Weiterhin ist es meiner Ansicht nach so, dass man in der Kompositionspraxis Moll oft einfach als Dur-Abwandlung mit kleiner Terz verwendet hat, statt die harmonischen Zusammenhänge stärker zu berücksichtigen.Wir sehen, daß der Dur-Dreiklang aus einer Schichtung einer großen Terz (c und e) und einer kleinen Terz (e und g) besteht.
Den nächst konsonantesten Dreiklang würde man erhalten, wenn man die Terzen umgekehrt schichtet: Zuerst die kleine Terz und dann die große.
Das wäre c und es plus es und g. Wir haben den Moll-Dreiklang!
Die Töne verschmelzen nicht ganz so stark, wie die eines Dur-Dreiklangs. Der Klang wirkt etwas getrübt, man kann auch sagen etwas traurig.
Ein Dur-Akkord klingt z.B. konsonanter, wenn die große Terz etwas weiter oben im Akkord auftaucht, z.B. C G c e g. Dies ist relativ üblich in der Praxis, wobei oft noch der Grundton im Bass ergänzt wird, oder über der Dreiklangsquinte. Statt dass man allerdings auf die individuellen Eigenschaften des Moll-Dreiklangs eingeht, spielt man ihn als abgewandelten Dur-Dreiklang: C G c eb g - er klingt irgendwie "auflösungsbedürftig", da es wie der Ausschnitt einer Obertonreihe klingt, bei dem man das e "zu tief" spielt. Setzt man dagegen die Moll-Dreiklangs-Terz etwas weiter unten ein, so wirkt es konsistenter: C Eb G c g. Ein Dur-Dreiklang der Form C E G c g dagegen wirkt ähnlich "fehl am Platz", wie ein Moll-Dreiklang der Form C G c eb g.
Bei den Tonleitern könnte man sich eigentlich damit zufrieden geben, die Spannung der Subdominante zu nutzen, dessen Terz leittönig abwärts zur Tonikaquinte führt. Statt dessen verdurt man aber die Moll-Dominante standardmäßig, womit alles dissonanter und spannungsreicher wird: Aus der eigentlich recht harmonischen Akkordfolge t d t (z.B. Am Em Am) wird t D t, und sowohl Subdominante als auch Dominate besitzen Leittöne, die den Moll-Dreiklang einschließen und zusammen die verminderte Septime bilden. Als "Lösung" verdurt man auch noch die Subdominante, womit sich Moll nur noch in der Hauptdreiklangs-Terz von Dur unterscheidet. Dabei wäre alles so einfach wenn man die Moll-Subdominante wie die Dur-Dominante zur Erzeugung von Spannung nutzen würde, und die Moll-Dominante ähnlich wie die Dur-Subdominante als relativ harmonische Hauptfunktion.
Ich bin mir bewusst, dass meine Anmerkungen nicht rein objektiv sind, und auch viel subjektives mit einfließt. Ich denke trotzdem, dass es sich lohnt sich über meine Anmerkungen Gedanken zu machen, wenn man nicht gerade Neuling im Gebiet der Harmonielehre ist und kein Wort von dem versteht, was ich hier rede.
Im Übrigen habe ich nichts gegen die oft dissonante / melancholische Verwendung von Moll, ich denke nur man sollte sich bewusst sein, dass es auch anders geht.
Der Anmerkung würde ich zustimmen, da du sie sinnvoll formuliert hast, und ich denke auch dass der Moll-Dreiklang aus diesen Gründen nicht ganz so harmonisch klingt wie der Dur-Dreiklang. Damit niemand die falschen Schlüsse aus dieser Aussage zieht, möchte ich aber noch etwas hinzufügen: Der "Umkehrschluss", dass Moll "unharmonisch" klingt weil es so spät in der Obertonreihe auftaucht, gilt nicht. Der Moll-Dreiklang taucht relativ spät in der Obertonreihe auf (10:12:15), und es gibt einige Akkorde die früher auftauchen, aber weniger konsonant sind, so wie der verminderte Dreiklang 5:6:7, oder der septimale Moll-Dreiklang 6:7:9 (die sept. kleine Terz liegt übrigens bei 267 Cent, und ist somit relativ genau einen Viertelton kleiner als die kleine Terz 6:5 mit 316 Cent). Es mag sein, dass Akkorde harmonischer klingen als die Intervallverhältnisse suggerieren, wenn sie besonders früh in der Obertonreihe auftauchen. Liegen sie weiter hinten, dann haben sie diesen Bonus nicht mehr, aber auch keinen zusätzlichen Malus, und die Einfachheit der Frequenzverhältnisse zählt. Ich denke wir nehmen den Moll-Dreiklang nur in speziellen Fällen als Teil der Obertonreihe war (z.B. Cmaj7 - Em), wenn überhaupt.Der Moll-Dreiklang verschmilzt deshalb nicht so stark, wie der Dur-Dreiklang, weil die Töne der Dur-Dreiklangs sehr früh in der Obertonreihe auftaucht:
Ich würde es anders formulieren: Nimmt man 3 bzgl. der Oktavgleichheit unterschiedliche Töne, so dürften die konsonantesten Akkorde der Dur-, der Moll und der Quint-Nonen-Akkord sein. Bei schlussfähigen Klängen ist die Konsonanz relevant, und vor Bach hat man Stücke auch mit konsonanteren Akkorden als einem Dreiklang abgeschlossen. Allerdings spielt auch die Variation der Klangfarbe eine wichtige Rolle, und nur Oktaven und Quinten sind irgendwann öde, weswegen Dur und Moll etwas erfrischender sein dürften als ein Quint-Nonen-Akkord. Auch besitzt der Quint-Nonen-Akkord kein klar erkennbares tonales Zentrum, was bei tonaler Musik natürlich eine Rolle spielt, wobei man sich allerdings auch beim Moll-Dreiklang darüber streiten kann, aber naja...Fazit: Dur und Moll spielen eine so große Rolle in der Musik, weil es die beiden konsonantesten Dreiklänge innerhalb einer Oktave sind.
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