Rein technisch könnte man natürlich heutzutage in jedem Mikrofon auch gleich einen Vorverstärker einbauen um damit eine weitere Verstärkung im Mischpult einzusparen. Aber anders als Linesignale sind Mikros ja für unbearbeitete Rohsignale und müssen damit einen viel weiteren Dynamikbereich abdecken, den man realistisch nur mit einer variablen Verstärkung optimiert einfangen kann, und das hat man besser im Griff, wenn es nicht am Mikro, sondern am zentralen Mischpult geschieht. Außerdem: wenn man nicht alles mit Batterien zumüllen will, muss man weiterhin auf Phantomspannungsversorgung setzen, und damit entfällt auch wieder die Möglichkeit, einheitliche Lineeingänge zu verwenden. Das ist auch keine Frage nach "Vintage Mikros und Vintage Preamps", sondern eine Frage der Handhabbarkeit. Stell dir mal vor, du hast ein Orchester vor dir, und in dem Orchesterbereich sind (sparsame) 30 Mikros aktiv, die du benötigst um daraus eine Liveübertragung für einen Radiosender zu zu schnitzen. Das Radio kann den realen Dynamikbereich des Orchesters gar nicht abbilden, und dann soll so ein Mitschnitt ja nicht nur auf guten, sondern sogar auf miesen kleinen Trötenradios noch hörbar sein. Dafür musst du den Dynamikbereich stellenweise um wohl bis zu 70dB einschnüren. Ein USB Mikro, dass so einen fixen Verstärker drin hat, leidet genau daran: willst du etwas flüsterleises aufnehmen, hast du im Zweifel ein deutlich hörbares Rauschen. Schreist du es so richtig an, dann clippt es, weil die Schaltung die verstärkte Amplitude gar nicht mehr abbilden kann. Nun mal dir mal aus was passiert, wenn jedes der 30 Mikros so eine fixe Vorverstärkung hätte, die diese 70dB als Headroom jederzeit zur Verfügung stellt. Zum Vergleich: Um aus einem Linesignal ein Boxensignal zu machen, mit dem man eine Disko beschallen könnte, braucht man etwa 35-40dB Verstärkung, und in den meisten Fällen kann man dann ohne Nutzsignal sehr schön hören, was man sich schon dabei alles an Rauschen mitzieht, das will man wirklich nicht noch weitere 30dB lauter in seinem Material haben, sonst können wir auch gleich wieder zurück zur Schellackplatte als Medium, dann fällt das Rauschen vielleicht weniger auf.
Es wurden eben für diese unterschiedlichen Anwendungen unterschiedliche Standards etabliert weil sich schon damals Ingenieure und Tonmeister Gedanken über eine sinnvolle Umsetzung gemacht haben, und die Frage nach hätte, würde, könnte und was wäre wenn ist leider ein fruchtloser Zeitvertreib.