Wann wird Musik (machen) Kunst?

  • Ersteller Der gute Fee
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Ah - mal wieder eine Kunstdiskussien. Lange nicht gehabt ;)

Zunächst mal ist Kunst meiner Auffassung nach nichts undedingt Tolles, Ungewöhnliches, Abgehobenes. Nicht umsonst spricht man auch von Volkskunst oder Handwerkskunst. Oder darstellende Kunst versus die Kunst der Schöpfung selbst. Der, der das Werk geschrieben hat, ist genau so ein Künstler wie der, der es nur auffführt.

Kunst ist "Ausdruck", Übertragung. Und wie ich was ich ausdrücken will oder kann, ist dabei völlig unerheblich. Insofern ist Mike Krüger genauso ein Künstler wie Mozart. Über Bedeutung, Einfluss, Nachhaltigkeit, Können und Tiefgang mag man eine andere Diskussion führen.

Musik ist also Kunst, sobald man sie macht. Jetzt mal vom reinen Üben abgesehen.
 
Da muss ich @antipasti widersprechen.
Ein Musiker ist ein "Tonkünstler". Das hat primär mit Handwerk nichts zu tun. Aber abgesehen von Mike Krüger (genialer Gitarrist und Liedermacher) war Mozart doch eigentlich kein Musiker ^^

Aber von vorne!

Was ist denn nun Tonkunst?
Begonnen im Mittelalter durch Gaukler und Spaßmacher zu Hofe, später an Bühnen mit ästhetischen Figurentheater, bis zur Untermalung von Filmen wurde die Tonkunst betrieben.
Heute meine viele es ging dabei um Musik, oder Musik zu erschaffen. Das ist so leider falsch. Zumindest laut Brockhaus.
Prinzipiell galt es Kunstdarbietungen mit Tonmaterial zu unterlegen.
Mozart war kein Tonkünstler. Er war vorrangig Komponist, der sich aber für Tonkunst (Oper) als Komponist, das Fach Oper erhaschen konnte.
Mit Erfolg, wie man weiß.

Die eigentliche Frage:
Wann wird Musik (machen) Kunst?

im Sinne von Helene Fischer (siehe Frage am Anfang) ist also eigentlich:
"Ist Fau Fischer eine Tonkünstlerin?"
Leider ja....denn die Show überwiegt den Gesang, welcher aber trotzdem sehr ausgeprägt ist.

Hat aber Frau Fischer auch wirklich Talent?
Das ist eine ganz andere Frage.

Ist sie Musikerin?
Naja, sie verdient ihr Geld damit. Im klassischen Sinn ist sie es aber nicht. Sie Musiziert ja nicht. Sie singt. Sängerin also.

Musik ist also keine Kunst wenn man sie macht, sondern wenn man sie tonal beherrscht. Dazu sind eben nur wenige Menschen fähig. Eventuell kann man dies dann als Tonkunst erachten?
Ich habe jedenfalls noch niemanden außer Andy Warhol erlebt, der sagte dass Punk Music "Art" sei.
Und da ich gerade drüber rede...vermutlich sind die Doors Kunst. Jedenfalls sehr viel mehr als Helene.
:)

 
...naja, ich würde jetzt jemandm, der mit seiner Stimme Musik macht, nicht absprechen wollen, dass er/sie musiziert, ganz unabhängig davon, ob mir das gefällt oder nicht. Ich würde die Stimme auch als Instrument betrachten wollen. Das von diesem Instrument unterschiedlicher Gebrauch gemacht wird, klar. Kann man ja auch bei anderen Instrumenten beobachten.
 
vllt könnte man sagen, musik wird kunst, wenn sie aufrichtigt gemeint und gut gemacht ist.

andersherum, wenn man fragt, wann ist musik keine kunst, fällt es evtl leichter, zu einer nachvollziehbaren antwort zu kommen, wann musik kunst wird. da würde ich sagen, musik ist keine kunst, wenn sie nicht aufrichtig gemeint ist, also ihre erzeugung bloß kommerzielle beweggründe hat und schlecht gemacht ist.
 
also ihre erzeugung bloß kommerzielle beweggründe hat
Oh, die armen Auftragsarbeiten der klassischen Musik, die gegen Geld komponiert wurden ... alles keine Musik ... ;)

Sry, aber so altruistisch sind Musiker nun auch nicht ;)
Sie machen ihre Kunst durchaus auch, um davon zu leben!

Und auch "schlecht gemachte" Musik kann/ist Kunst (sein). Oder würdest du z.B. den Gesang des frühen Bob Dylan als "gut" bezeichnen? :D
oder Tom Waits ... und und und ...
Auch z.B. Punkmusik ist nicht grade (immer) "gut gemacht" ... dennoch ist sie emotional und (manchmal auch für mich) musikalische "Kunst".
 
altruistisch würde ich das jetzt nicht nennen, wenn ich (jmd) musik mache, die ich für mich mache. höchstens altruistisch gegenüber mir selbst.

das argument mozart und co, die auftragsarbeit, lässt sich gut auf heutige, von plattenfirmen gesteuerte musiker übertragen. in wie weit diese künstler nach heutiger definition sind, ist umstritten und grund für diskusionen dieser art.

bob dylan behandelt in seinen songs, wie auch punk bands, gesellschaftlich relevante themen, spricht missstände an, das würde ich als kunst bezeichnen. von tom waits hab ich null ahnung, kein plan

würde bob dylan bei na casting show weiterkommen? -ich weiß nicht...
ist bob dylan ein künstler? -ja.
würde helene bei na casting show weiterkommen? -eher als bob.
ist sie ne künstlerin? -ich weiß nicht...;)
 
ist sie ne künstlerin?
Eindeutig ja, denn sie hat eine sehr gute Stimme! Und sie verkauft eine Menge Musik, die einer Menge von Leuten gefällt ...

Und nein, ich zähle nicht zu ihren Fans, aber ich respektiere ihr Können und ihre Leistung.
Sei doch mal ein wenig toleranter!
 
ich bin sehr tollerant, höre viele genre, darunter jazz, blues, rock, soul, hip hop, electro früher auch metal, klassik höre ich ab und zu auch mal ein bisschen, ich mag musik egal welches genre, wenn sie gut ist.

die musik von helene fischer ist doch aber im endeffekt nichts weiter als schlechte, weil einfallslose pop musik.
warum also der terz, wenn jmd das ausspricht? oder möchte tatsächlich jmd das gegenteil behaupten, dass ihre musik einfallsreich und kreativ ist, die texte tiefe haben? es gehört mehr dazu, als bloß singen können, töne treffen können viele! siehe die castingshows der letzten 20jahre, da waren bestimmt hundert sängerinnen und sänger bei, die "besser" singen können.

die künstlerische, kreative qualität ihrer musik würde ich in relation zu ihrem erfolg als unproportional bezeichnen.

den erfolg verdankt sie ihrem label, das sich die millioneninvestitionen für werbung zu ihrer platzierung in der musiklandschaft leisten konnte, sowie der regenbogenpresse, welche dieses feuer am brennen hällt und fleißig fanboys generiert. das hätten die auch mit na anderen relativ attraktiven sängerin machen können.

ist bob dylan austauschbar, oder miles davis, oder jimi hendrix? - nein, weil das persönlichkeiten sind/waren, die klare kante gezeigt haben, wie künstler das eben tun. da liegt der unterschied zwischen künstler und entertainer.
 
Entertainer (englisch): Unterhalter, auch Unterhaltungskünstler
 
du hast meinen post vllt falsch verstanden. ich würdige kein genre herab. ich würdige auch nicht helene fischer herab. ich stelle lediglich fest, ihre musik ist einfallslos.

und danke für deine tolle ranz gegenüber meiner rechtschreibung;)
 
sobald jemand 'etwas' als kunst bezeichnet und dafür halbwegs schlüssige argumente findet (und wenn es die beschreibung der empfindung ist), ist es Kunst.
Kunst hat imho keine Aussage über die Qualität von etwas.
 
ich bin sehr tollerant, ..........

die musik von helene fischer ist doch aber im endeffekt nichts weiter als schlechte, weil einfallslose pop musik.
Ja, so würde ich "Toleranz" in etwa auch definieren.

den erfolg verdankt sie ihrem label, das sich die millioneninvestitionen für werbung zu ihrer platzierung in der musiklandschaft leisten konnte...
Nein, den Erfolg verdankt sie den vielen Menschen, die ihre Musik kaufen. Ganz einfach.

By the Way: Beginne doch mal einen Satz im Sinn von "Meiner Meinung nach...." anstelle "Es ist so, dass...."
 
Der Begriff "Kunst" lässt sich allgemein unter (mindestens) zwei Aspekten verstehen:
  • Erstens über das Gegensatzpaar natürlich - künstlich, demzufolge "Kunst" all das umfasst, was nicht auf natürliche Weise besteht. "Kunst" ist demnach ein Erzeugnis des menschlichen Willens und der menschlichen Absicht, etwas ins Dasein zu bringen, zu erzeugen oder zu (er-)schaffen. In diesem Sinne steht "Kunst" für eine bestimmte menschliche Fertigkeit (daher auch der Spruch "'Kunst' kommt von 'können'"), und sie befindet sich im Umkreis dessen, was uns bei Aristoteles als "Grundhaltung der Seele" unter dem Namen techne ("praktische" Vernunft - nicht zu verwechseln mit der "praktischen Vernunft" nach Kant, die bei Aristoteles phronesis heißt) begegnet. Auf den verschlagworteten und höchst missverständlichen Punkt gebracht: Kunst ist Technik.
  • Zweitens lässt sich "Kunst" allerdings auch von den drei Transzendentalien her verstehen, also von Modalitäten, die allem Seienden zueigen sind: das Schöne (ipsum pulchrum), das Wahre (ipsum verum), das Gute (ipsum bonum). Hier steht "Kunst" vor allem mit dem Schönen in Verbindung, verschlagwortet: Kunst ist Ästhetik, und das vor allem insofern, als das Schöne in der Kunst sinnlich erfahrbar wird (gr. aisthesis - Wahrnehmung, Empfindung). Zur Erkenntnis des Schönen haben sich in der scholastischen Tradition drei Kategorien als zentral erwiesen: integritas - "Integrität" oder Ganzheit; consonantia - "Konsonanz" oder Harmonie; claritas - Deutlichkeit oder Glanz (übertragen dann auch: "Ausstrahlung"). So lässt sich spezifizieren: Kunst ist Ästhetik, insofern es sich um ein harmonisches Ganzes mit Ausstrahlung handelt.
Mit speziellem Blick auf die Musik kann man darum sagen: Musik wird nicht erst zur Kunst -
Musik IST Kunst
Musik ist zweifellos ein menschliches Erzeugnis, eine Fertigkeit, die im menschlichen Willen ihren Ausgangspunkt nimmt. Und Musik erfüllt die Kriterien der Ästhetik, insofern sie etwas harmonisches Ganzes mit Ausstrahlung hervorbringt. Gerade mit letzterem eng verwandt ist der von Plato bis ins späte 18. Jahrhundert übliche Musikbegriff, der die Tonkunst in sich wiederum in drei Kategorien aufschlüsselte: harmonia - "Harmonie" bzw. regelmäßige Beziehungen zwischen Tönen; rhythmos - "Rhythmus" bzw. rechtes Maß innerhalb der Zeit; logos - "Vernunft" bzw. Ausdruck im Sinne von verständlicher Bedeutung. Entsprechend galt Musik im scholastischen Bildungssystem als eine der artes liberales ("freie Künste", namentlich als Teil des quadrivium - "Vierweg" neben Astronomie, Geometrie und Arithmetik), und sie gilt auch heute noch gemeinhin als eigene Kunstgattung (neben bildender Kunst, darstellender Kunst und Literatur).

Um auf die Diskussion um Helene Fischer (die ich in diesem Zusammenhang eher als pars pro toto einer ganzen Bewegung ansehe) einzubiegen, muss freilich noch eine weitere [edit]kulturgeschichtliche[/edit] Entwicklung bedacht werden, die an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert eingesetzt hat und deren Folgen den heutigen Diskurs sehr stark prägen: Die Überbetonung der Ästhetik als (heutzutage vor allem auch individuelle und/oder subjektive) Empfindsamkeit und damit der Anspruch der Zweckfreiheit an die Kunst. Demnach stehe Kunst rein in sich und für sich, gewissermaßen als absolutes (d.h. los-gelöstes) Phänomen. Akademisch hat sich das im Konzept der "absoluten Musik" widergespiegelt, auf dessen Grundlage sich die moderne Musikologie nach dem Zusammenbruch des vormodernen Wissenschaftssystems als (Geistes- und Kultur-)Wissenschaft neu gegründet hat; kulturell ist auf diese Weise der einsame (und brotlose) Künstler als Genius in Erscheinung getreten, der wie aus dem Nichts und nur um ihrer selbst Willen seine Kunst hervorbringt. Diesem Zug widerspricht natürlich streng genommen die gesamte moderne, zeitgenösse und populäre (im Sinne von "weit verbreitete") Musik, und der Begriff einer "Musikindustrie" muss geradezu als ideologischer Antagonist dazu gedacht werden. Denn sobald der Künstler mit seinem Werk Geld verdient, sobald er die Kunst gewissermaßen zum Beruf hat, ist diese nicht mehr zweckfrei und gilt damit im besten Falle nur noch in eingeschränkter Weise, streng genommen aber überhaupt nicht mehr als "Kunst". So lässt sich nicht nur eine gemeinhin abschätzige Haltung gegenüber der Populärkultur als solcher erklären, sondern speziell auch die Kritik an populären Kunstfiguren wie Helene Fischer, die die Kunst nicht nur zum Beruf haben, sondern dazu noch eine Unmenge an Geld damit verdienen.

Tatsächlich kann man jedoch vor diesem gesamten Hintergrund mit guten Gründen argumentieren, dass gerade solche populären Figuren wie Helene Fischer, die nicht nur durchproduzierte Lieder im Rahmen einer in sich ausgestelteten Bühnenshow präsentieren, sondern ein gesamtes und groß angelegtes Marketingkonzept (von der Frisur bis zur Live-DVD) verkörpern viel eher "Kunst" sind als die typische Nachwuchsband, die sich durch ihre Auftritte rumpelt und es nicht einmal fertig bringt, sich in Sachen Musikrichtung oder Bühnenoutfit abzustimmen.
 
Zuletzt bearbeitet:
lieber jackpot, nach deinen erläuterungen ist also jeder der musik macht ein künstler? habe ich das richtig verstanden?

was ist mit britney spears? ist die musik, die sie macht kunst? backstreet boys, milli vanilli, schnappi? sind das künstler, ist das was sie machen kunst?

und wenn ich jetzt wissenschaftlich nach parametern diese kunst bewerten wollen würde, wird ja andauernd gemacht, von der industrie, fachzeitschriften, preisverleihungen... - ist das dann nicht alles reine willkür was die da endscheiden? sollte nicht jeder der musik macht fünf sterne im rolling stone magazin und einen preis bekommen?

ist musik als kunstform nicht ad absurdum geführt, wenn in dieser disziplin alles als kunst zu betrachten ist?
 
ist das was sie machen kunst
Klare Antwort: Ja! ...

Dass dir diese Musik nicht gefällt, steht auf einem anderen Blatt ... du kannst (solltest!) nicht - und jetzt sind wir wieder bei der Toleranz - einfach alles abqualifizieren,
was dir nicht gefällt.
 
lieber jackpot, nach deinen erläuterungen ist also jeder der musik macht ein künstler? habe ich das richtig verstanden?
Richtig verstanden. :great:
Ja: Britney Spears, Backstreet Boys, Milli Vanilli, Joy Gruttmann - das sind (im Rahmen meiner Erläuterungen) Künstler, und sie machen Kunst.

Aber aufgemerkt: Die Frage, ob es sich um gute, erfolgreiche, hochwertige, geschmackvolle, etc. Kunst handelt, oder ob mir das persönlich gefällt, ist damit nicht beantwortet - geschweige denn überhaupt angesprochen.
Musik wird indes nicht wissenschaftlich bewertet, sondern sie wird wissenschaftlich analysiert (intrinsisch z.B. auf harmonische Strukturen, extrinsisch z.B. auf die Wirkungsgeschichte hin); da besteht ein gewichtiger Unterschied.
"Industrie, Fachzeitschriften, Preisverleihungen, ..." sind keine wissenschaftlichen Organe, sondern wirtschaftliche und kulturelle Einrichtungen. Und die bewerten ihrerseits nach je eigenen Kriterien (bspw. Verkaufszahlen oder Klicks oder persönlicher Geschmack des Redakteurs etc.). Das ist am Ende im selben Grad willkürlich wie das subjektive Empfinden des Musik-Konsumenten bei seiner Kaufentscheidung oder des Radio-Hörers bei seiner Senderwahl willkürlich ist - aber halt nicht (um sicher zu sein: im strengen Sinne) "wissenschaftlich". Es nimmt den o.g. Erläuterungen auch nichts weg, wenn und weil das so passiert.

ist musik als kunstform nicht ad absurdum geführt, wenn in dieser disziplin alles als kunst zu betrachten ist?
Im Gegenteil: Musik wird überhaupt erst dann als eigene Kunstform möglich, wenn innerhalb dieser Disziplin alles als Kunst zu betrachten ist.
 
also könnte man sagen, die musik von zb helene fischer, schnappi ist minderwertige, geschmacklose kunst?

und die musik von zb jimi hendrix, miles davis ist geschmackvolle, hochweritge kunst?

wäre das zulässig?

oder sind die alle als gleichwertig zu betrachten?

oder ist helene gar die beste von allen aufgezählten, weil sie am meisten hörer hat/geld verdient?

oder ist miles der beste künstler von allen aufgezählten?
 
wäre das zulässig?
Sofern das deine persönliche Wertung ist und du das deutlich machst, sehe ich kein Problem.

Viel spannender finde ich die Frage, warum du persönlich so wertest.
 

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