Vorschlag für Mozarts Alla Turca

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Ro1land
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Hallo Freunde der Klassik,

vor ein paar Tagen habe ich mein Notenbüchlein aufgeschlagen und Mozarts türkischen Marsch aus der A-Dur Sonate Nr. 11 ausprobiert. Nettes Stück - und scheint gar nicht mal so schwer zu spielen zu sein.:)

Nun bin ich mir nicht ganz sicher um die korrekte Spielweise. Im Notentext finden sich verschiedene Vorschläge, die meiner Meinung nach unterschiedlich zu spielen sind.

1.

1-1mal16.jpg
Hier spiele ich in der rechten Hand, wie wenn 8 Sechzentel-Noten notiert wären. Die erste, klein notierte Note spiele ich zeitgleich auf die "1" mit dem a im Bass.
Falls dies richtig ist, warum notiert man dann nicht einfach 8 Sechzentel?

2.

2-2mal32.jpg
Hier "rolle" ich die beiden Vorschlagsnoten ab, spiele sie also sehr schnell hintereinander, aber nicht unbedingt im exakten 32-tel Tempo. Beide kleine Noten kommen hier zeitlich vor der "1", d.h. ich spiele erst die dritte Note, das h als volle 8-tel mit dem e im Bass.

3.
3-3mal32.jpg
Hier spiele ich wie bei 2., d.h. auf die eins kommt das erste der vier "dicken" a, die drei kleinen Kameraden kommen sehr schnell noch vor der "1". Ich könnte mir aber auch vorstellen, hier analog zur 1 am Taktanfang vier regelmäßige 32-tel zu spielen und mit dem "kleinen" a auf der "1" zu beginnen.

Wie ists nun richtig, hat jemand einen Vorschlag? Oder gibts gar verschiedene Möglichkeiten der Ausführung. Und wie sieht es mit der Betonung aus, wo liegen die Schwerpunkte? Wolfgang A. kann ich leider nicht mehr fragen, der hätte es sicher gewusst.:rolleyes:


Als Zusatz fällt mir noch ein: An der Stelle bei 3. spielt die rechte Hand in Oktaven. Ich habe mir verschiedene Videos angesehen, da sah es so aus, als ob hier - zumindest fast - staccato gespielt würde, zumindest mal non legato. Stimmt dies? Woraus lässt sich das ableiten, an der Sache, dass es sich um einen Marsch handelt? Aber auch im ersten Satz der G-Dur Sonate (KV 283) waren die Oktaven im Bass bereits non legato zu spielen, dies war aber kein Marsch.

Und noch eine Sache: Wie sieht es bei 3. aus. Kann man hier - ganz sachte und wenig - am Taktanfang über einen Pedaleinsatz während der Vorschläge nachdenken? Die Stelle ist ohnehin stark betont.

Danke für jede Antwort,
Roland
 
Eigenschaft
 
wenn du dir doch schon videos angesehen hast dann kennst du die allgemein vorherrschende meinung über die spielweise? (1+2)

ich kann oktaven nur die oberen töne legato spielen (ohne das pedal zu nutzen , um töne zu verbinden) (3)
meine hörgewohnheit sagt mir, dass ich an dieser stelle kein legato brauche-was sagt dir deine?

prinzipiell kannst du das machen was dir gefällt.
 
1.

[BILD]
Hier spiele ich in der rechten Hand, wie wenn 8 Sechzentel-Noten notiert wären. Die erste, klein notierte Note spiele ich zeitgleich auf die "1" mit dem a im Bass.
Falls dies richtig ist, warum notiert man dann nicht einfach 8 Sechzentel?

Ich sehe zunächst einmal (!) aufgrund der Schreibweise keinen Anlaß, das anders zu spielen als die anderen Vorschläge auch: nämlich das a zusammen mit dem Baß auf die 1 zu spielen.
Aber: Deine Idee, so zu tun, als stünden da 8 Sechzehntel-Noten, kommt nicht von ungefähr: Es ist eine eingebürgerte Hörgewohnheit und viele Ausgaben schreiben diese Stelle tatsächlich als "normale Sechzehntel".

Keine Ahnung, wie das kommt, aber im Urtext die Version mit Vorschlagsnoten.

Ebenfalls auffällig ist, daß ich dieses Rondo noch nie (!) mit einem kurzen Vorschlag (wie er eigentlich dasteht) am Anfang gehört habe.
Was Mozart nun gemeint hat, darüber kann man trefflich streiten. Im Vorwort der Urtext-Ausgabe (nicht bei der IMSLP-Version dabei) steht, daß man bei Mozart nicht zwischen langem und kurzem Vorschlag unterscheiden könne, und fragen kann man ihn tatsächlich nicht mehr.

Bei Ausführung als langer Vorschlag hat (zumindest in diesem Genre) die Vorschlagsnote den halben Wert der Hauptnote und die Hauptnote spielt man um diesen Wert versetzt, d. h. die Vorschlagsnote kommt "auf den Schlag" und die Hauptnote dahinter. Um danach "wieder aufzuholen" muß die Hauptnote entsprechend verkürzt werden, ist also genauso lang wie der Vorschlag.
Ergebnis: man kann demzufolge diese Kombination von 16tel-Vorschlagsnote plus 8tel-Hauptnote als langen (Appoggiatura) oder kurzen (Acciaccatura) Vorschlag interpretieren und kommt auf folgende beiden Möglichkeiten:

  • Langer Vorschlag: es ergeben sich quasi "normale" Sechzehntel (-> das ist auch die von Dir vorgeschlagene Spielweise mancher Stellen)
  • Kurzer Vorschlag: "normale" kurze Vorschlagsnote

Im Grunde ist es also offensichtlich Geschmackssache, die Notation kann verschieden ausgelegt werden, es haben sich aber Spielweisen etabliert und sich als Hörgewohnheiten festgesetzt, daß kaum jemand es anders macht...

Dieser Interpretationsspielraum gilt auch für Deine weiteren Teilfragen.

Viele Grüße
Torsten
 
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Es sind lange vorschläge, da man sekund-dissonanzen nicht ausschreiben wollte und sich so behalf.
Ich spiele verzierungen "auf den punkt", ziehe den schleifer ebensowenig vor wie den arpeggierten bassakkord.
 
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Ich danke schon einmal für die Antworten :great:

und ich gebe Roon in einem Punkt definitiv recht: Prinzipiell kann jeder machen, was er will.

Nur bin ich eben auch der Ansicht, dass man zuvor wissen sollte, wovon man spricht. Erst wenn man verschiedene Seiten kennt, kann man entscheiden, was einem am Besten gefällt.

Ich versuche daher, immer wieder unterschiedliche Meinungen und Ansichten einzuholen. Damit kann ich mir dann mein eigenes Bild machen. Ein ganz wesentlicher Bestandteil in diesem Prozess ist für mich immer die "Lehrmeinung(en)" - sofern man überhaupt von so etwas sprechen kann. Meine Erfahrung zeigt mir diesbezüglich, dass diese oft "ziemlich richtig" ist; "ziemlich richtig" ist hier aus meiner persönlichen Sichtweise zu verstehen, d.h. mein eigenes (bewertetes), richtiges Ergebnis liegt häufig im Bereich der "offiziellen" Lösung. Aber auch nicht immer!

Zum zweiten unterliegt man naturgemäß gerne der Versuchung, den einfachsten Weg zu gehen und sich einzureden, dies wäre der Richtige. Dies will ich möglichst vermeiden. Daher will ich mich nur auf mein eigenes, erstes Empfinden verlassen und freue mich über jede Antwort auf meine Fragen als nutzbringenden Beitrag zur Suche nach meinem optimalen Weg.

An dritter Stelle versuche ich auch zu unterscheiden, "wofür" man ein Stück spielt. Bei mir ist es so, dass ich fast ausschließlich interpretiere, wie es MIR gefällt. Manchmal aber gibt es Situationen, da gebe ich "für andere" wieder. Und hier bin ich der Ansicht, dass man zumindest wissen sollte, was (vermutlich) auch anderen gefällt, bzw. wie die Hörgewohnheiten in der Masse sind. Dazu ist es bedeutsam, die Lehrmeinung zu kennen.


Ich habe mich nun auch selbst etwas mehr mit dem Thema auseinandergesetzt. Dabei habe ich mir die von Be-3 verlinkte Urversion angesehen. Hier sind tatsächlich an der Stelle 1 die 16-tel ausnotiert:
1-4mal16.jpg
Dies spricht aber gegen die durchaus nachvollziehbare Aussage von Günter, dass die dissonierenden Sekunden nicht ausgeschrieben seien.

Aufgefallen ist mir in meiner Ausgabe (ist übrigens aus dem Buch "50 greats for piano", eine "Werksausgabe" von Yamaha, die mit meinem damaligen E-Piano geliefert wurde), dass die "dünnen", als Vorschlag notierten 16-tel immer Vorhaltsnoten sind. Sie sind kein Ton der aktuellen Harmonie, erst der zweite, bei mir als 8-tel notierte Ton ist ein Akkordton.

Mein schlaues Musiklehrebuch von Grabner lässt sich zum Thema auch nicht genau aus. Bzw. kann man durchaus genau entnehmen, dass es teilweise unterschiedliche Notationsweisen gibt. U.a. heisst es da, dass die Klassiker einfache Passagenoten häufig als undurchstrichene Vorschläge notieren.

Ich für mich gehe daher davon aus, dass "Problem 1" gelöst ist.:) Den langen Vorschlag finde ich ohnehin hier besser.


Auch beim Schleifer bzw. den gebrochenen Akkorden tendiere ich zu Günters Spielweise. Hier wäre es noch nett, wenn Du sagen könntest, ob Du die Stellen genau im angegebenen Tempo spielst, beim Schleifer (Nr 2) sind es dann zwei 32-tel und eine 16-tel. Oder besser gesagt: Würdest Du den Schleifer bzw. das Arpeggio bei einem langsameren Tempo auch langsamer spielen oder würden dies immer schnelle Noten sein, relativ unabhängig vom Resttempo, also sozusagen einen "Harfenanschlag" ausführen?

Generell würde mich aber interessieren, ob man auch im "Profibereich" überhaupt noch Unterschiede zwischen einem kurzen Vorschlag oder einer 32-tel Note feststellen kann bzw. will, gerade wenn das Tempo mit Allegretto oder gar Allegro ohnehin schon recht flott ist. Aber Musiker sollte man niemals unterschätzen:rolleyes:.

Zur Legatogeschichte im Bereich der Oktaven finde ich es interessant, dass in der von Be-3 verlinkten Urversion zunächst Staccatopunkte und auch Legatobögen notiert sind. An späterer Stelle ist legato extra notiert. An der Stelle der Oktaven findet man nichts dergleichen. Dies würde aus meiner Sicht ein non legato, sozusagen nach dem Ausschlussverfahren rechtfertigen. Obwohl ich persönlich die Verbindung z.B. der ersten drei Oktaven erstmal gar nicht so schlecht finde. Allerdings muss ich noch mal eine Weile spielen und fühlen, wie sich die Passage am Schluss in das Gesamtbild einfügt. Auch wenn das Stück nicht soo schwer scheint, vom Blatt kann kann ich es deswegen noch lange nicht spielen, das wird noch ein wenig dauern.:(

Grüße,
Roland
 
wenn Du sagen könntest, ob Du die Stellen genau im angegebenen Tempo spielst, beim Schleifer (Nr 2) sind es dann zwei 32-tel und eine 16-tel. Oder besser gesagt: Würdest Du den Schleifer bzw. das Arpeggio bei einem langsameren Tempo auch langsamer spielen oder würden dies immer schnelle Noten sein, relativ unabhängig vom Resttempo, also sozusagen einen "Harfenanschlag" ausführen?
Roland

Ich spiele den schleifer so schnell wie möglich mit akzent auf der ersten, nicht der haupt- note, aber man könnte man das bei wiederholungen variieren, das belebt. Der lehrmeinungen sind zu viele, als dass man eine jede ernst nehmen könnte. Wie inkonsequent Mozart notierte, hast du bemerkt.
Verzierungen sind zierrat und keine pflichtübungen. Stilgerecht spielen heißt auch, sich freiheiten erlauben.
Mozart macht eine "türkische oder Janitscharen-musik" mit dem fünferschlag der großen trommel, beckenschlägen, einstimmigkeit und pfeifengetön. das beflügelt die phantasie. Man baute damals sogar instrumente mit "Janitscharen-zug", damit es schön "bummste".
 
Ich habe mich nun auch selbst etwas mehr mit dem Thema auseinandergesetzt. Dabei habe ich mir die von Be-3 verlinkte Urversion angesehen. Hier sind tatsächlich an der Stelle 1 die 16-tel ausnotiert:
Anhang anzeigen 265770
Dies spricht aber gegen die durchaus nachvollziehbare Aussage von Günter, dass die dissonierenden Sekunden nicht ausgeschrieben seien.

Ach, du liebe Zeit,

jetzt, wo Du's sagst, fällt mir auf, daß ich aus Versehen den falschen Link eingestellt habe :redface: - das war keine Urtext-Version, sondern eine überarbeitete von Breitkopf & Härtel.
Ich meinte eigentlich die bei IMSLP verfügbare Urtext-Ausgabe von C. F. Peters.

Und dort sieht es schon ganz anders aus: alles voller Vorschläge. :)

Abgesehen davon, daß Günter als Auto- und Kapazität mit den langen Vorschlägen sicher richtig liegt, kann man in dieser Urtext-Ausgabe tatsächlich eindeutig lange und kurze Vorschlägen unterscheiden:


attachment.php

Lange Vorschläge (Stichnoten ohne Querstrich)


In der Coda tauchen dann die kurzen Vorschläge auf:
attachment.php

Kurze Vorschläge (Stichnoten mit durchgestrichenen Hälsen)


Viele Grüße
Torsten
 

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Ich danke Dir für Deine Mühen. Die "Urtextausgabe" hat mich dann noch regelrecht neugierig gemacht und mich weitersuchen lassen. Die Ausgabe ist auch schon ein erstes Mal vom Herausgeber bearbeitet. Im Original waren (leider) an der Stelle in der Coda auch keine durchgestrichenen Vorschläge notiert.

Durch die Suche habe ich jetzt kennengelernt, dass es auchi m Bereich der Musik eine Unmenge von Nachforschungen und Untersuchungen genau zu solchen Themen gibt. Wie Günter bereits erwähnte: Lehrmeinungen gibts genug.

Man versucht möglichst Originaldokumente zu finden; und wenn es die nicht gibt, dann versucht man zumindest möglichst nahe ans Original heranzukommen, indem man z.B. verfügbare Originalabschriften sucht. Stellenweise werden umfangreiche Theorien aufgestellt, um die "richtige" Spielweise zu finden.

Bei dieser Handschrift von Mozart
original.jpg
kann ich auch verstehen, wenn man mal interpretieren muss :).

Unter www.nma.at befinden sich verschiedene Stücke Mozarts, die als Ergebnis solcher Nachforschungen veröffentlicht wurden. Unter den Klavierwerken findet sich auch mein "Problemstück". Wenn man die Berichte dazu liest, dann sind sich selbst die Forscher nicht immer ganz sicher, wie das Stück vom Schöpfer nun exakt niedergeschrieben wurde.

Durch das Durchsehen dieser nachkonstruierten "Ur-"Ausgabe bin ich aber schon wieder auf neue Herausforderungen gestossen: Im Urtext von Peters ist ein Arpeggio notiert:
Coda.jpg
In der "Forschungsausgabe" von nma.at fehlt diese Wellenlinie in der rechten Hand. Mehr noch befindet sich dort an der betreffenden Stelle ein Hinweis. Dieser folgert, dass (genau wegen der fehlenden Wellenlinie) Mozart generell exakt zwischen Akkorden und Arpeggien unterschieden hat.

Da soll man nun schlau werden. Und ich wollte doch nur spielen :rolleyes:. Genau das werde ich auch jetzt wieder tun - die Praxis ist mir dann doch wichtiger als stundenlanges Suchen nach schlussendlich - Kleinigkeiten.

Viel Spaß weiter beim Spielen, besonders bei Eurer Form der Interpretation,
Roland
 
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Dieser folgert, dass (genau wegen der fehlenden Wellenlinie) Mozart generell exakt zwischen Akkorden und Arpeggien unterschieden hat.
Haydn unterscheidet in seinen klaviersonaten( ich lege zumindest die späten jedem ans herz), wie auch Beethoven arpeggi in wellenlinien und mehrtönige "vorschläge". Ich nehme an und spiele es auch so, dass im ersten fall der akkord mit allen tönen ausgehalten wird, im zweiten nur "abrollt".
NB: werktreue in allen ehren, aber die heutigen instrumente sind ganz anders, die damaligen ohren waren es übrigens auch.
 
Hier nochmal der Link zu Gedans sehr brauchbarer pdf zu den Verzierungen:
Gedan, Verzierungen
 
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