Willkommen im MB
@whiskeycola81,
Was ich wirklich nicht nachvollziehen kann ist die Einstellung vieler reiner Sänger/innen. Ich will hier niemandem ans Bein pinkeln aber was ich im Lauf der Jahre so erlebt habe, lässt mich mit dem Kopf schütteln.
Keine Sorge - solche SängerInnen wirst du hier beim "Sänger-Equipment" nicht finden. Insofern auch kein Bein, an das du pinkeln könntest. Letztendlich ein Plauderthema, zu dem es auch schon etliche Threads in diversen Subforen gibt.
Ähnlich wie: "Gitarristen werden während der Probe immer lauter".
Das wäre so, als würde ich ohne Gitarre zur Session fahren.
Das kann man nicht vergleichen. Dazu muss ich mal ein paar weitere Klischees auspacken:
- Klischee 1: Gitarristen haben ein erotisches Verhältnis zu ihren Instrumenten.
- Klischee 2: Mikros sind Tontechnik und Sänger haben keine Ahnung von Technik.
Mikros werden noch immer von vielen nicht als persönlicher Teil des eigenen Instrumentes, sondern als PA- oder Studio-Equipment betrachtet, welches von technisch versiertem Personal ausgesucht und zur Verfügung gestellt wird. So war es ja auch jahrzehntelang. Ich muss zB in meiner Rolle als Moderator noch immer darauf achten, dass wir hier im Vocalssub nicht allzu intensiv über Mikros oder Interfaces plaudern und den Thread ggf in den PA/Recordingbereich verschieben.
Das hat sich mittlerweile etwas verändert. Schon allein, weil viele Vokalisten nicht mehr so gern Bakterien über den Mikrokorb austauschen und der Instrumente-Markt uns als Kunden entdeckt hat. Viele Sänger/Innen haben daher mittlerweile auch häufiger Spaß daran, eigenes Zeug zu besitzen.
Dennoch: Für Gitarrist/innen ist es nach wie vor undenkbar, dass sie ihre Gitarre zur allgemeien Verfügung im Proberaum stehen lassen. Oder womöglich jemand Fremdes den Amp verstellt. Bei Mikros als Teil der PA herrscht da aber noch immer eine gewisse Großzügigkeit bzw. Gleichgültigkeit.
Wenn man bedenkt, wie viele Tausende von Euro die Drummer/Bassisten/Gitarristen in ihr Equipment stecken
und dann kommen die Herren/Damen Sänger/innen mit Star-Allüren und möchten nicht mal etwas Geld (im Vergleich zu einer ordentlichen Gibson ein Klacks) in ein Mikro oder ein paar Effekte investieren, da kann ich wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln.
Auch ein Klassiker.
Hierzu eine kleine Anekdote: Wir haben mal einen Gig zusammen mit einer anderen Band organisiert. Die Einnahmen sollten geteilt werden. Meine Band hatte allerdings neun Mitglieder, die andere Band war nur ein Akustik-Duo. Ich fragte vorsichtig, ob es nicht möglich wäre, dass wir von der Gage etwas mehr bekommen könnten als die Hälfte. Schließlich sind wir ja viel mehr Leute.
Die Antwort der anderen Band war so schlicht wie wahrhaftig: "Warum sollen wir dafür bezahlen, dass ihr neun Leute braucht, um Musik zu machen?"
Soll heißen: Die eigene Vorstellung von Musik und was man bereit ist, darin zu investieren, ist immer eine ganz persönliche Entscheidung und darf nicht als Maßstab für andere gelten. Wenn du eine Gibson zum Musikmachen brauchst, ist das deine Sache. Du könntest auch Ukulele spielen. Oder Mundharmonika
Ich war nicht immer Sänger, sondern auch Instrumentalist (ja, auch mit Gibson und Co.). Ich war immer sehr dankbar, wenn fähige SängerInnen mir ihr Talent zur Verfügung gestellt haben. Und wenn ich ein Mikro hatte, habe ich es gern zur Verfügung gestellt. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, ihnen vorzuwerfen, dass sie kaum Equipment hatten/benötigten. Ich bin schließlich freiwillig Gitarrist geworden und wollte unbedingt eine Gibson haben. Und das kostet nun mal mehr Geld. Das ist aber nicht das Problem der Sänger.
Aber klar: Wenn kein Mikro vorhanden war, mussten sie sich eins besorgen. Logisch. So weit, dass ich ihnen extra eins gekauft hätte, ging es dann doch nicht.
Ein neues Mikro? Also 100 Euro geb ich da nicht aus, das tut doch auch das T.Bone!?
Wenn man auf der einen Seite erwartet, dass Sänger sich personal Equipment besorgen, dann muss man ihnen auch die Entscheidung überlassen, in welches Equipment sie investieren. Und wenn Ihnen ein t.bone nun mal ausreicht, dann müssen alle damit leben.
Ich sage meinem Gitarristen auch nicht (mehr), dass er sich bessere Effekte zulegen soll. Ich habe es aber schon mal versucht. Fand er nicht gut...
Bei gemeinsamen Anschaffungen (Pa und co) ist es natürlich problematisch, aber nicht sängerspezifisch. Ich habe auch schon Bassisten gekannt, die nicht genug Geld auf dem Konto hatten. Da bleibt nur das Bandkonto bzw Einnahmen aus Gigs, sofern vorhanden.
Nachdem wir nun alle Klischees beleuchtet haben, nun – Tataaaa:
Die Wahrheit
Ich schreibe als jemand, der alles schon mal war:
- Gitarrist mit billigem Eqiupment
- Gitarrist mit Markenequipment
- Bassist mit und ohne eigenen Amp
- Sänger komplett ohne Equipment
- Sänger mit eigenem Mikro
- Sänger/Gitarrist mit eigener PA, über die alle gespielt haben
Die Wahrheit ist: Das hat alles nichts mit Instrumentalist oder Sänger zu tun, sondern schlichtweg mit Notwendigkeit.
1. Solange mir als Sänger im Proberaum eine passable Anlage plus ausreichendes Mikro zur Verfügung steht und niemand etwas dagegen hat, dass ich das mitbenutze, besteht keine Notwendigkeit, nur wegen der "Gerechtigkeit" eine zu kaufen. Häufig ist auch gar kein Platz für eine zweite Proberaum-PA, da sich viele Bands Proberäume teilen müssen. Aus diesem Grund verstaubte meine erste Proberaum-PA nach nur kurzer Nutzungszeit im Keller.
2. Steht mir keine Anlage und/oder kein Mikro zur Verfügung, muss ich investieren. Sonst könnte ich ja nicht singen.
3. Solange ich bei Gigs vom Veranstalter oder vom Verleih ein gutes Mikro zur Verfügung gestellt bekomme, besteht keine dringende Notwendigkeit, mir ein eigenes zu kaufen.
4. Gefallen mir diese Mikros nicht und möchte lieber ein eigenes, muss ich investieren.
Und nun kommen wir zum eigentlich wesentlichen Unterschied zwischen Sänger und Instrumentalisten, insbesondere die mit Saiten:
Die meisten "Eierschneider" wollen ihren persönlichen Sound, an dem sie sehr lange gefeilt haben. Ein großer Teil dieses eigenen Sounds wird durch ihr Equipment kreiert. Sie brauchen ebenso das Spielgefühl, was sie von ihrem eigenen Instrument gewohnt sind. Ein Fremdinstrument ist daher immer ein Risiko, was ungern eingegangen wird. Und verliehen wird eh nicht gern.
Bei Sängern spielt dieser Aspekt eine viel kleinere Rolle. Den wesentlichen Teil ihres eigenen Sounds tragen sie im Körper mit sich. Mikros werden häufig gestellt. Und wie sich ein Mikro anfühlt, ist ebenfalls sekundär. Es sind halt immer zylinderartige Formen, die man in der Hand hält. Oder sogar nur am Stativhalter.
Fazit: Solange Sänger genügsam sind, besteht seltener die Notwenigkeit, in eigenes, teueres Equipment zu investieren. Diese Option haben Gitarristen, Bassisten und Co. in der Regel nicht.
Das mag man ja gern als ungerecht empfinden - aber es ist nicht die Schuld der Sänger und schon gar keine Allüre.