Ich würde das nicht so pauschal sehen. Zumal man Musik immer machen kann, auch nebenbei bzw. als Hobby oder Nebenbeschäftigung. Es gibt z.B. verdammt gute Semiprofibands, in denen jeder einem anderen Brotberuf nachgeht. Die können sich auch die gigs aussuchen, weil sie finanziell nicht darauf angewiesen sind. Das birgt Freiheiten, die Berufsmusiker nicht haben. Da muß man nehmen, was kommt - spätestens dann, wenn man auch noch eine Familie damit ernähren muß.
Ich arbeite oft mit einer Pianistin zusammen, die zwei Kinder hat. Sie ist ausgebildete Konzertpianistin und Korrep, und immer wieder sagt sie mir, sie hoffe, daß ihre Kinder keine Berufsmusiker werden wollen, sie könne nur abraten. Obwohl beide das musikalische Talent ihrer Mama geerbt haben und bereits Klavier spielen. Aber die krebsen finanziell total rum, sie muss jeden Schüler nehmen, den sie kriegen kann, auch die gänzlich unbegabten, und jeden gig, sei er noch so schlecht bezahlt. Und es reicht trotzdem hinten und vorne nicht. Die sind richtig arm.
Und das war nur ein Beispiel. Die meisten Musiker, mit denen ich zusammenarbeite, sagen mehr oder weniger das gleiche! Einige können sowieso nicht davon leben und müssen nebenbei was anderes jobben, manche sagen sogar, sie hätten doch was anderes studieren sollen.
Und wenn meine Tochter sagen sollte, daß sie Sängerin werden will, werde ich ihr auf alle Fälle abraten. Etwas "richtiges" oder "vernünftiges" ist blöd ausgedrückt, das stimmt schon - was ist schon richtig. Aber es gibt auf alle Fälle Berufe, die es einem viel besser ermöglichen, finanziell auf eigenen Füßen zu stehen. Und singen kann man doch trotzdem, wenn man genug Talent hat, auch vor Publikum und für Geld.
Ich hab auch jahrelang diese Parallelschiene gefahren - hatte einen Brotbeuf und habe "nebenbei" gesungen. Da ich finanziell unabhängig von Musik war, konnte ich machen, was ich wollte - nämlich z.B. eigene Sachen. Und Coverbands nur, wenn mir das Programm wirklich gefiel. Oder eine kleine Jazzcombo, die gänzlich unkommerziell spielte.
Das alles ist nun vorbei, das Musikerdasein wird zur Kosten-Nutzen-Rechnung, z.B. sind eigene Songs passé, weil man damit keinen Pfifferling verdient und es zu zeitaufwändig ist... und ich muss jetzt auch nehmen, was kommt, auf Veranstaltungen lebende CD spielen, usw. usf.
Es ist nicht so, daß es mir keinen Spaß machen würde. Aber es ist oft mühsam und das sagen auch fast alle Kollegen, zumindest die, die schon einige Jährchen dabei sind. Da wird nix mehr idealisiert von wegen Selbstverwirklichung....
und ich fürchte, die Bedingungen für Musiker werden sich nicht verbessern, sondern eher noch verschlechtern. Würde ich meiner Tochter gern ersparen....