Hi,
eigentlich wollte ich ja gar nicht so weit vom Thema abdriften. Ich bin eingestiegen bei der Frage:
Können Leitungsschutzrechte auch ohne Zahlung einer Vergütung übertragen werden?
Die eindeutige Antwort darauf: "Ja, aber vor dem Gesetz gilt diese dann nicht."
Wir diskutieren ja hier einen theoretischen Fall ausscheidender Bandmitglieder, die zuvor noch auf einer Aufnahme mitgewirkt haben, die die restliche Band jetzt verwerten will.
Erstens: Auch wenn hier keine Rechtsberatung stattfindet, finde ich es fahrlässig auf diese Frage nicht direkt mit einem unmissverständlichen Hinweis auf die EINDEUTIG vorhandene Rechtsgrundlage - Anspruch auf angemessene Vergütung - zu antworten, egal ob diese nach eigener Einschätzung in der Praxis relevant ist oder nicht. Eine solche Bewertung kann man dann allenfalls im zweiten Schritt abgeben.
Zweitens frage ich mich, wieso man jetzt da versucht und berät, Wege zu finden die ausgeschiedenen Mitglieder "auszubooten". Es ist nicht nur theoretisch-rechtlich nicht möglich, sondern in der Praxis wahrscheinlich auch unfair! Die Leute haben ihren künstlerischen Beitrag geleistet, evtl. sogar die Aufnahmen mitbezahlt, etc.
Was ist denn bitteschön dabei zu sagen oder zu raten, die ausgeschiedenen Bandmitglieder einfach und unkompliziert an den Verkäufen zu beteiligen. Eine Vereinbarung pro CD Betrag X und halbjährlich wird abgerechnet.
Das ist dann a) rechtlich wasserdicht und b) menschlich fair.
Da muss eigentlich keine so riesige Diskussion entstehen. Die gab's IMHO nur, weil jeder halt Recht haben wollte, da nehm ich mich nicht aus.
Im Startthread geht es aber nicht um die Urheberrechte, da die Mucker "nicht Komponist und nicht Texter" waren.
Ja, sorry, es ist halt in einem Forum nicht einfach immer alles 100% korrekt auszuformulieren. Ich hätte wohl Urheber und Inhaber von Leistungsschutzrechten schreiben sollen, für die ja meist gleiche oder ähnliche Gesetze (vor Gericht UND auf der Strasse) gelten...
Aber in der Praxis ist mir und ein paar anderen Leuten aus der Branche, mit denen ich zwischenzeitlich weiteren Kontakt hatte, kein Fall bekannt, dass das jemand im Nachhinein eingeklagt hätte.
Sollte es wirklich praktisch keine Fälle geben, dann Frage ich warum?
Wenn ich ein Neigung zum Witz und dem Stilmittel der geschmacklosen Übertreibung hätte, würde ich sagen, dass sich ja auch noch kein Guantanamo-Häftling freigeklagt hat.
Du wirst ja wohl nicht ernsthaft behaupten, dass es nicht ständig Fälle gäbe, in denen eine solche Klage moralisch und rechtlich legitim wäre? Und ich glaube auch nicht, dass Du denkst, dass in der Praxis faire Bedingungen für Urheber und angemessene Vergütungen die Regel mit nur ganz wenigen Ausnahmen sind.
Ich sehe da die Gründe eben eher in dem Abhängigkeitsverhältnis und dem ungleichen Kräfteverhältnis zwischen Urhebern und Verwertern. Um diese auszugleichen hat man ja, die theoretisch feinen Gesezte geschaffen. Die funktionieren natürlich nur in der Theorie, denn hat einer mal aufgemuckt, war's das eben mit weiteren Aufträgen, vielleicht nicht nur beim beklagten Auftraggeber...
Ich finde, es ist GERADE und GENAU die Aufgabe einer Interessensvertretung, ANSPRÜCHE, DIE EBEN ERSTMAL NUR THEORETISCH als Gesetzestext existieren, IN DER PRAXIS DURCHZUSETZEN! Selbst oder GERADE dann, wenn diese Ansprüche schwer durchzusetzen sind. Imho muss eine Interessensvertretung die Vertretenen auffordern u nd ermuntern, einerseits ihre Rechte durchzusetzen und anderereseits diese Rechte anderen zu zugestehen.
Und unabhänig davon: Es ist immerhin schon mal ein Druckmittel, das Wirkung zeigen kann und soll, bevor überhaupt irgendwas vor Gericht geht.
Ich habe ebenim Moment auf der Hompage des CC folgendes gefunden:
Nur eine halbe Stunde Zeit stand zur Verfügung, dennoch erfuhren die Zuhörer, warum es für Filmproduktions-Firmen wenig sinnvoll ist, auf gemafreie Musik zu setzen, denn: Gemafrei ist keinesfalls gleichbedeutend mit lizenzfrei.
Interessierten Zuhörern wurde verdeutlicht, welches Risiko mit der Verwendung gemafreier Musik im Film verbunden ist.. Es ist seit geraumer Zeit gesetzlich festgeschrieben, dass dem Musikurheber in jedem Fall eine angemessene Vergütung zusteht. Kauft ein Produzent für wenig Geld gemafreie Musik ein, geht er davon aus, den Punkt Musik kostengünstig abgehandelt zu haben. Aber: Er läuft Gefahr, wenn der Film Gewinn einbringt - und das dürfte das Ziel jedes Produzenten sein -, mit Nachforderungen des Urhebers konfrontiert zu werden, dessen Vergütung nun nicht mehr als angemessen betrachtet werden kann. Was macht der Produzent? Er wird seinen Gewinn sicher längst in die nächste Produktion investiert haben. So steht er da, kann nicht zahlen - schnell kann für ihn die Insolvenz in Sicht kommen. Anders sieht die Situation aus, hat er einen Komponisten beauftragt, der Mitglied der GEMA ist. Dieser erhält, wird der Film ein Erfolg, entsprechende Tantiemen und seine Arbeit wird somit angemessen vergütet, ohne dass der Produzent erneut dafür bezahlen muss.
Auch ich habe gegenüber Produktionsfirmen und anderen Kunden schon exakt die gleichen Argumente angeführt, um Sie von diesem "gemafrei" Trip ("gemafrei" hat seine Berechtigung für Urheber, ist aber meistens nichts als Dumping) runterzubekommen. Ob das in der Praxis vor Gericht funktionieren würde steht natürlich auf einem anderen Blatt.
Aber wenn ich Bilder verschenke, dann mache ich das im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte.
Wenn ich oder die meisten anderen Urheber den Kunden was "schenken", dann meist weil wir nicht im Vollbesitz unserer wirtschaftlichen Kräfte sind.
[...]ich möchte aber jetzt gerne mehr oder einen Nachschlag, dann würde das auch der Philosophie vom gegebenen Wort widersprechen
Ja, wenn die Philosophie vom gegebenen Wort (allerdings nicht die Schule, die durch Leute wie Helmut Kohl vertreten wird *lol*) wieder einen gewissen Stellenwert bekäme, wäre dieser wie auch mindestens 90% aller anderen Threads in dem Unterforum und so vieles mehr überflüssig.
LG
Uranus