Übungen in der Melodieerfindung

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Hallo!

Vielleicht geht es einigen so wie mir. Es fällt mir sehr schwer Melodien zu erfinden, bzw. wenn ich sie im Kopf habe auch so festzuhalten.
Habt ihr Tipps zur Melodieerfindung?

Meine Übungen waren bis jetzt etwa so:
Ich habe mir ein bis vier 1-taktige Motive ausgedacht und habe versucht diese mittels Umkehrung, Sequenzierung... zu einer 8-taktigen Melodie zu formen.

Es wäre schön wenn wir hier eine Art Übungssammlung mit der Zeit entwickeln könnten, da dieses Thema ja stets aktuell ist, wie ich finde.

Grüße
Thomas
 
Eigenschaft
 
Ich gehe ganz unterschiedlich an Melodien ran.

Erstmal muss man ja auch unterscheiden wie man Melodien "findet".

1. Man schreibt die Melodie zuerst und harmonisiert danach
2. Man hat eine schöne Akkordfolge und möchte eine Melodie dazu schreiben

Beim zweiten Fall gibt es natürlich schon ein paar Limitierungen, die helfen können eine schöne Melodie zu entwickeln. Vieles kann hier auch schon über Voicings geschehen.
Ein weiterer Approach mit Akkordgrundlage ist die Improvisation. Akkorde spielen und dazu singen, ist meiner Meinung nach mit die natürlichste Form der Melodienfindung. Vor allem sind gut singbare Melodien meistens die eingängigsten. Auch bei dieser Methode kann man peu à peu die Melodie entwickeln.

Wenn ich eine Melodie ohne Akkordgrundlage schreibe, gehe ich einen ähnlichen Weg wie der TE. Ein Motiv ist oft schnell gefunden, ein zweites auch. Damit hat man oft schon genügend Bausteine um eine Melodie zu entwickeln.
Wenn man dann noch ein theoretisches Modelle bemühen möchte (z.B. dem Periodenmodell) kann man gezielt eine Melodie ausarbeiten.

Das ist zugegebenermaßen eher eine "klassische" Herangehensweise. Wie man z.B. im Jazz Melodien entwickelt können hier die Jazzer zum Besten geben.
 
Was ich gerne mache, ist eine Melodie mit den ersten 3-5 Tönen zu basteln und diese danach (evt. in leichter Variantion) eine Quarte höher zu spielen.
Was auch immer gut geht, ist ein kleines Arpeggio vor den Melodiebaustein zu setzen. Dieses lässt sich dann auch gut variieren.

Ansonsten vielleicht auch einfach mal dir bekannte Melodien verändern. Eine leichte rythmische Variation führt schon oft dazu, dass eine völlig neue Melodie entsteht.
 
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Ein schematisierter Verlauf einer Ideal-Melodie stellt sich wohl wie folgt dar:
Die Melodie baut sich bis zu einem Höhepunkt (bei ca. 3/4 der Strecke) auf und entwickelt sich dann zurück bis zum völligen Ruhepunkt.

Dabei steigt zunächst die Spannung bis zum Höhepunkt und nimmt dann wieder ab. D.h. eine Melodie hat zunächst als Ziel einen Höhepunkt zu erreichen dem dann die Entspannung bis zum endgültigen Ruhepunkt folgt.

So ist es zumindest bei einer alleinstehenden Melodie. Teilstücke von Melodien, komplett in die Harmonie oder mit anderen Stimmen verwobene Melodien können sich natürlich anders verhalten.

Einer der Hauptfaktoren, was eine Melodie ausmacht, ist die Bewegungsrichtung ihrer Töne - also auf- oder absteigend. Bei aufwärts fortschreitenden Intervallen steigert sich in der Regel die Spannung, bei abwärts Bewegung nimmt sie ab. Das ist natürlich nur eine grobe Einschätzung die von verschiedenen Faktoren abhängt, z.B. auch von der Instrumentierung. (Je nachdem wo ein Instrument/Stimme seine größte Fülle hat wird sie den überzeugendsten Höhepunkt erreichen.)

Die zum Höhepunkt aufsteigende Linie wird länger sein als die danach absteigende,da Spannung in der Regel langsamer aufgebaut wird als abgebaut. Natürlich ist die aufsteigende Linie nicht kontinuierlich aufsteigend, sondern es kommen immer wieder abwärts gerichtete Schritte vor. Die allgemeine Tendenz bis zum Climax ist jedoch aufsteigend. Das meiste Gewicht fällt hierbei auf lange Noten die auf Downbeats fallen. Sie sind sozusagen die Eckpfeiler einer aufwärts gerichteten Tendenz. Diese Eckpfeiler gehen auch oft stufenweise nach oben. Zwischen diesen Eckpfeiler passieren aber immer wieder auf und absteigende Töne. Dabei werden größere Intervallsprünge oft unmittelbar danach diatonisch ausgefüllt.

Diese Phänomene kann man sehr oft, aber natürlich nicht immer beobachten.
 
Ich findes es auch hilfreich, Grundlagen des klassischen Kontrapunkts zu kennen (z.B. Lemacher-Schroeder "Lehrbuch des Kontrapunktes"). Hier werden üblicherweise "Grundregeln" für die Melodieführung aber auch der Umgang mit Dissonanzen behandelt. Und ein Kontrapunkt lässt sich ja auch sehr gut in der moderneren Musik einsetzen, z.B. als Überstimme (Streicher, E-Gitarre, ...).
 
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Es fällt mir sehr schwer Melodien zu erfinden, [...]

Vielleicht kann es nützlich sein (auf jeden Fall aber interessant), sich an historischen Ansichten zu orientieren. Vieles hat sich geändert, aber ein Ausgangspunkt ist es allemal.

Beispielsweise könnte die
"Anleitung zur Erfindung der Melodie und ihrer Fortsetzung" von Johann Friedrich Daube (Wien, 1797)
Anregeungen zu einer systematischen Herangehensweise bieten.

Daube beschäftigt sich mit der Thematik "Melodie" an sich und vor allem damit, wie man darauf kommt.
Ein kurzes Zitat aus den einleitenden Worten:
Johann Friedrich Daube schrieb:
Melodien, die auf das Herz wirken, die Nerven in Bewegung setzen, dem größten Theil des Publikums gefallen, und nie zu oft gehöret werden können - diese sind selten!

Viele Grüße
Torsten
 
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Ich lege meist erst die Akkordfolge fest und schreibe darauf dann die Melodie. Ich versuche öfters auch, Noten einzufügen, die eigentlich nicht zum jeweiligen Akkord passen. Außerdem muss die Melodie auch nicht immer auf der 1 beginnen. So kann ihr z. B. auch eine Sechzehntelpause vorausgehen. Dadurch kann die Melodie rhythmisch interessanter werden. Ansonsten könnten noch Begriffe wie Staccato, Legato, Punktierung oder Synkope inspirierend sein.

Grüße :)
 
Ich vermisse bei solchen Fragestellern, die "komponieren" wollen immer ...

1) welches Instrument sie spielen,
2) wie lange sie schon spielen und welche Musikrichtung sie bevorzugen.

Warum mich das interessiert ? Wenn ich "komponiere" (Das Wort mag ich für Laien wie mich eigentlich gar nicht !),
spiele ich auf dem Klavier einfach drauf los, was nach jahrzehntelangem Geklimper keine große Kunst ist.

Mittendrin kommt mir eine scheinbar ganz brauchbare Melodie unter die Finger, möglicherweise geklaut (?) ...
oder auch nicht. Als MIDI aufgenommen konserviere ich das dann. Vielleicht habe ich mal Lust mehr draus
zu machen.
Die Theorie ( Akkordfolgen, irgendwelche Skalen uä.) brauche ich nicht zu bemühen. Die Komponisten, deren
Lieder, Musikstücke ich ein Leben lang gespielt habe, haben mir einen genügend großen Vorrat spendiert.

Also, der langen Rede einfacher Sinn : viel spielen und dabei "Werkzeug" zum Komponieren sammeln.
 
Ich vermisse bei solchen Fragestellern, die "komponieren" wollen immer ...

1) welches Instrument sie spielen,
2) wie lange sie schon spielen und welche Musikrichtung sie bevorzugen.

Die Theorie ( Akkordfolgen, irgendwelche Skalen uä.) brauche ich nicht zu bemühen. Die Komponisten, deren
Lieder, Musikstücke ich ein Leben lang gespielt habe, haben mir einen genügend großen Vorrat spendiert.

Also, der langen Rede einfacher Sinn : viel spielen und dabei "Werkzeug" zum Komponieren sammeln.

Ich mache seit 10 Jahren Musik und spiele Jazzgitarre und Klavier (eher klassisch). Stilistisch bin ich überall zu Hause; Idole: Chopin und Gershwin. Mir ist aber bewusst, dass jeder Komponist (wie in der Malerei auch) erstmal von den alten Meistern lernt (Stichwort Stilkopie). Deshalb gibt es keine Grenze in der Stilistik für mich.
Hier meine erste Gegenfrage. Warum ist es relevant, welches Instrument man spielt? Viel wichtiger ist doch das Gehör und das musikalische Vorstellungsvermögen beim Komponieren.

Theorie nahezu zu verweigern finde ich grundsätzlich falsch. Sicherlich kann man das mit Spielerfahrung kompensieren. Trotzdem sehe ich die Theorie als eine Art Grundbaustein. Um eine Fuge zu komponieren muss man nicht das gesamte WTK durchgespielt haben, eine tiefgreifende Analyse und eben die theoretische Kenntnis der angewandten Strukturen...sind viel hilfreicher.
Bevor man Regeln bricht muss man diese kennen; das wussten auch die Komponisten, die ihren "genügend großen Vorrat" füllen.
Ein Haus lasse ich mir auch lieber von jemanden bauen, der die Gesetze seines Gewerbes kennt, anstelle jemanden einzustellen, der auf gut Glück ein paar Häuser vernagelt hat. So viel zur Theorie.
 
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Ich vermisse bei solchen Fragestellern, die "komponieren" wollen immer ...
[...]
"komponiere" (Das Wort mag ich für Laien wie mich eigentlich gar nicht !),
[...]

Zur Verteidigung aller Beteiligten muß ich erwähnen, daß das von Dir beanstandete Wort "komponieren" erst von Dir im Thread eingeführt wurde. ;)
Bisher war immer nur von "erfinden" die Rede.

Viele Grüße
Torsten
 
OK Torsten, lassen wir das Wort "komponieren" beiseite. Allerdings habe ich in anderen Beiträgen schon öfter gelesen, dass dieses Wort
von Leuten benutzt wurde, obwohl man schnell bemerkte, dass sie herzlich wenig Ahnung haben.
Deshalb auch meine Frage, wie lange jemand sich schon mit Musik beschäftigt.

"Warum ist es relevant, welches Instrument man spielt?"
Am Klavier kann man relativ einfach Akkorde plus Melodie spielen, was bei anderen Instrumenten nicht ganz so einfach bzw. nicht
möglich ist.
Übrigens ist mein Wissen in Harmonielehre gar nicht so dürftig. Zum Drauflosspielen kommt ein Teil davon aber wohl automatisch
aus dem Langzeitgedächtnis, wie schon geschrieben.
Das Beispiel vom Hausbauen finde ich nicht so ganz passend. Unser Haus wurde auch von Fachleuten gebaut. Anderfalls wäre ich
wohl schon lange unter einem Haufen Steine begraben und könnte nicht mehr Musik machen.
Wenn beim "Erfinden" einer Melodie etwas schief geht, hat keiner einen Schaden, nicht mal ich selber.
 
"Warum ist es relevant, welches Instrument man spielt?"
Am Klavier kann man relativ einfach Akkorde plus Melodie spielen, was bei anderen Instrumenten nicht ganz so einfach bzw. nicht
möglich ist.
Das stimmt, aber ich persönlich brauche zum Harmonisieren im Idealfall kein Instrument. Man greift eben auf die Theorie und das Gehör zurück.

Mir geht es eher um handwerkliche Übungen, so wie Be-3 sie uns bei Daube gezeigt hat. Ich finde nebenbei bemerkt die Übersichlichkeit solcher alten "Schulen" bewundernswert. Nach so etwas suchte ich.
 
Arnold Schönberg: Modelle für Anfänger im Kompositionsunterricht.
 
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Hallo kenne das Problem sehr gut. Das einfachste zu erst: Frage dich ob es in diesen Part eine Melodie benötigt oder eher Power chord-riffing mehr Sinn macht ganz nach dem einfachheits Prinzip (Korn z.b. verwendet teilweise sparsam einzelne töne oder Melodien).
2: Spannung aufbauen. Du kannst Melodie (Einzeltöne und ihre Führung zu einem ungewohnten Grundton oder auch seine Terz, Quinte) benutzen um in den nächsten Part zu drängen oder du spielst die Töne der Dominante (5. Stufe der dazugehörigen Tonart) um wieder ins Riff zu leiten. Hier kannst du auch Töne aus der 7. Stufe benutzen. Mir persönlich fällt es als Gitarrist im Bereich Metall (mit shouts) schwer mir das vor zu stellen aber bei einfachen Songs (Balladen, Alternativ, Rock und solche Geschichten) hilft sehr oft mir vorerst eine Gesangs Melodie zu erfinden. Daran kannst du deine Melodieführung auch orientieren. Gesang ist ja im Prinzip nix anderes.
 
@yoda123 danke für die Tipps, aber das geht ja schon eher in die Form-Richtung; wie man unterschiedliche Songstrukturen verknüpft.... Mir geht es wie gesagt wirklich um Melodien (und zB Gershwin ist da eher meine Richtung, und dieses Ideal ist leider sehr schwer zu erreichen deshalb die Frage hier..)
 
@yoda123 danke für die Tipps, aber das geht ja schon eher in die Form-Richtung; wie man unterschiedliche Songstrukturen verknüpft.... Mir geht es wie gesagt wirklich um Melodien (und zB Gershwin ist da eher meine Richtung, und dieses Ideal ist leider sehr schwer zu erreichen deshalb die Frage hier..)

Als Schüler von Josef Schillinger wurde Gershwin in Form, Rhythmik und Melodie unterrichtet. Schillinger ging die Sache, was Form, Rhythmik und Melodie betraf, sehr mathematisch innovativ an. Das schlägt sich bei Gershwin in sehr rhythmisch markanten, konstanten Wiederholungen der Motivik nieder.



upload_2016-8-27_23-50-44.png



An diesem Beispiel zeigt sich die konsequente Wiederholung einzelner Rhythmischer Motive.
Der melodische Verlauf (wegen Urherberrechten hier nicht dargestellt) erklärt sich in meinem ersten Beitrag in diesem Faden.
 
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@CUDO II hast du dich intensiver mit Schillinger befasst? Ich habe schon einige Kapitel aus seiner Kompositionslehre durchgearbeitet. Aber je mehr es ins Detail geht, desto schwieriger wird es, was an der teilweise komplexen Mathematik und der englischen Sprache liegt...
 
@CUDO II Aber je mehr es ins Detail geht, desto schwieriger wird es, was an der teilweise komplexen Mathematik und der englischen Sprache liegt...
In der Tat.
Ich fand Schillinger vom Ansatz her sehr interessant, habe ihn aber aus den von Dir genannten Gründen dann auch wieder zur Seite gelegt und hole ihn nur noch gelegentlich bei.
Immerhin hatten bei ihm so große Namen wie George Gershwin, Earle Brown, Burt Bacharach, Benny Goodman, Glenn Miller, Oscar Levant, Tommy Dorsey und Henry Cowell Unterricht.
Schillinger akreditierte unter anderem Lawrence Berk, den Begründer des Berklee College of Music, als authorisierten Lehrer seines Systems.
 
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Eine halb-off-topic Anmerkung von mir:

Mir war bis soeben der Name Schillinger unbekannt. Ich habe aus Interesse dann mal gegoogelt, fand eine ausführliche Wikipediaseite über ihn bzw. die Grundzüge seines Konzeptes.
Das hatte auf mich allerdings eine eher abschreckende Wirkung.

Nichtsdestrotrotz zog ich mir noch diesen Lehrgang über Schillingers rhythmisches Konzept ´rein:


Das hat mich zwar auch nicht mehr überzeugt, aber ich bin jetzt der fixen Überzeugung, daß Gershwin gerade von einer Schillinger-Theorie-Stunde heimgekommen sein muß, als er "Fascinating rhythm" schrieb ... :)

Thomas
 
@turko gerade das rhythmische Konzept finde ich sehr spannend und auch noch am verständlichsten. Falls ich es einmal verstanden habe (so Gott will) versuche ich es vlt mal vereinfacht und in Deutsch hier zu formulieren. Aber das wird noch dauern :redface:
 

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