gitarrero!
Mod Emeritus
Da ich selbst total auf Threads zum Thema Bau-Dokumentation von Custom-Gitarren stehe, habe ich mich entschlossen, auch einen solchen aufzusetzen. Wie der Titel verrät, geht es um eine E-Gitarre aus dem Hause Tausch Guitars - und es ist meine Nummer vier. Der Startschuss erfolgte Anfang des Jahres 2009 und wie üblich habe ich die Hardware-Parts im Vorfeld selbst besorgt, eine Liste von Requirement Specs aufgeschrieben, wie es so schön auf Ingenieurs-Neudeutsch heißt (also meine Wünsche formuliert), Anschauungsmaterial zum Maß nehmen mitgenommen, alles dem Rainer Tausch auf den Tisch gelegt und gesagt: Bau mal.
Hier gleich mal vorab das Ergebnis:
Im Gegensatz zu den bisherigen Custom-Projekten sollte vor allem die Form in eine andere Richtung gehen. Waren OAP-I bis -III sehr stark von der sexy-kurvigen, ja fast schon rundgelutschten Ibanez Radius/Satriani-Korpusform mit asymmetrischem Profil geprägt, war diesmal ein etwas kantiger, spitziger und etwas aggressiverer Look gefragt. Wenn es nur zwei Schubladen gäbe, in die man E-Gitarrenspieler einsortieren müsste, und diese wären Les Paul und Strat, dann wäre ich definitiv in der Strat-Schublade. Würde man die Kategorien noch weiter herunterbrechen, wäre mein Gitarrengeschmack am ehesten im Fach Hightech-Superstrat zu finden - von daher fiel die Wahl für die Korpusform meiner neuen Custom-Axt auf eine Mischung aus Ibanez RG, ESP M-II und Jackson Soloist, mit einer deutlichen Orientierung an der Ibanez RG-Silhouette, allerdings mit etwas runderen Kanten.
Bei der grundlegenden Konstruktion der Gitarre habe ich mich für eine Neckthrough-Bauweise entschieden, die in dieser Form vor allem bei den Superstrats der späten 80er Jahre beliebt war. Das Halsmaterial zieht sich in voller Länge durch den Korpus und dessen flügelartige Hälften sind seitlich an den dadurch entstehenden Mittelblock geleimt. Diese Art des Hals-Korpus-Übergangs gefällt mir extrem gut, da er gleichzeitig stabil und höchst ergonomisch ist. Beim Halsmaterial wollte ich etwas Neues ausprobieren und mich außerdem auch ein wenig an der aktuellen Mode in der Gitarrenbauszene orientieren. Also fiel die Wahl auf das Hartholz Pau Ferro, auch bekannt unter dem Namen Santos-Palisander. Das Material kommt aus dem Bestand von Harry Häussel und war dezentral gelagert, genauer gesagt bei Uli Teuffel. Hier hat es sich also wieder mal gelohnt, die hervorragenden Beziehungen zwischen den süddeutschen Gitarrenbauern und Zulieferern spielen zu lassen! Die Korpusflügel bestehen aus Sumpfesche, stammen aus Rainers eigenem Holzlager und sind innen mit Soundkammern ausgehöhlt, einerseits um Gewicht zu sparen und das Plus des Pau Ferro Halsmaterials wieder auszugleichen, andererseits um einen leicht akustisch angehauchten Klang zu erreichen, wie er mich z.B. an meiner Maxxas MX3 so begeistert.
Die Reverse-Kopfplatte ist - wie man leicht erkennt - von ESP inspiriert (bzw. übernommen) und trägt ein Furnier aus Flame Maple (aus demselben Material wie das Griffbrett) mit einem eingelegten Logo aus Black Pearl, also dunklem Perlmutt. Der von oben geschraubte Klemmsattel ist von Kahler und hat einen integrierten Saitenniederhalter. Da der Halsstab am anderen Ende des Griffbretts zugänglich ist, beeinträchtigt auch sonst nichts die schlichte Optik der Kopfplattenfront. Die Mechaniken sind vom Typ Sperzel TrimLok und die Klemmfunktion ist eigentlich nicht notwendig, dient aber einem bequemeren Saitenwechsel.
Da ich mich bei der Wahl des Griffbrettmaterials nicht zwischen Flame Maple und Ebenholz entscheiden konnte, habe ich mich an eine Schwärmerei meiner Jugend erinnert und einfach gesagt: Nehmen wir halt beides. Also kam es zu einem Feature, das gewiss nicht jedem gefällt und das man nicht so oft sieht, und zwar dem sogenannten Split Fretboard. Hintergrund ist der: Im Jahre 1994 fiel mir eine Ausgabe des Fachblatt-Musikmagazins in die Hände, wo eine Edelgitarre aus dem Hause Neil Moser (GMW GuitarWorks) getestet wurde, die ein solches diagonal zweigeteiltes Griffbrett hatte. Das hat mich total fasziniert und nie wieder losgelassen - ich musste immer wieder daran denken. Deswegen wollte ich es auf meiner neuen Custom-Gitarre realisiert haben. Im Vorfeld habe ich mich bei den Ansprechpartnern Neil Moser (ex-GMW) und Lee Garver (GMW) nach eventuell zu erwartenden Schwierigkeiten bei diesem Feature erkundigt, die aber verneint wurden. Das Split Fretboard ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal, würde ich sagen, wie gesagt nicht jedermanns Geschmack, aber ich find's einfach tierisch geil.
Der restliche Look soll sich etwas von dem allseits betriebenen Höher-Schneller-Weiter-Trend im Schönholzbereich abheben, wo sich das Ahorn-Geschrei (AAA, AAAA, AAAAA) und wohlklingende Fantasiebegriffe wie Mastergrade oder Exceptional nur so überbieten, und insgesamt etwas schlichter daherkommen. Deswegen ist die Front deckend hochglänzend schwarz lackiert, während wir uns bei Zargen und Boden für einen Klarlack entschieden haben, um die wunderschöne Esche nicht komplett zuzukleistern - die kann sich nämlich mit ihrer feinen Maserung durchaus sehen lassen. Chromfarbene Tonabnehmerrahmen und ein ebenfalls verchromtes 1987er Ibanez EDGE Floyd Rose (wird noch modifiziert mit einem massiven Messingblock an Stelle des Gussblocks) sowie ein einzelner Chrom-Potiknopf (Volume) runden den schlichten Look ab. Unter dem Potiknopf verbirgt sich eine Kill Pot-Funktion, d.h. in der gefederten Achse des Spezialpotis von Shadow ist ein Unterbrecherschalter eingebaut, der den Signalweg stummschaltet; damit sind interessante Stottereffekte möglich. Die Chrom-Schwarz-Kombination ist gewissermaßen auch meiner ersten Ibanez-Gitarre geschuldet, der JS1BK - schwarzer Body mit Chrom-Hardware; hübsch, zeitlos und nicht überkanditelt. Der schwarze Knopf des Klingenschalters (Eyb Megaswitch E) verschwindet optisch in der schwarzen Decke, aber vielleicht läuft mir irgendwo noch ein Ersatzknopf zum Stecken über den Weg, der verchromt oder chromfarben lackiert ist, denn das würde eventuell optisch noch besser passen.
Die Wahl der Pickups fiel dieses Mal nicht auf DiMarzio oder Häussel, sondern zur Abwechslung mal auf Seymour Duncan. Genauer gesagt sind es die P-Rails, eine Neuentwicklung des Jahres 2008, die technisch gesehen aus einer P90-Wicklung und einem Klingen-Single-Coil bestehen. Beide Spulen zusammen ergeben den Humbucking-Effekt, und je nachdem, welche der beiden Spulen aktiv ist, bekommt man einen Soapbar- oder einen Single-Coil-Sound. Zugegeben, diese Pickup-Wahl wird ein Experiment und ich bin gespannt auf dessen Ausgang. Im Zweifelsfall wird der Steg-PU durch einen "echten" Humbucker (z.B. Duncan Jeff Beck) ersetzt. Mit dem Eyb-Megaswitch sind fünf verschiedene Schaltvarianten verdrahtet, und zwar beide PUs als Humbucker, beide als P90 und als Tele-verwandte Zwischenposition die beiden P90-Spulen in parallel. Mit dieser Verschaltung bleiben mir zwar die echten Single-Coil-Sounds verborgen, aber um alle Varianten realisieren zu können, bräuchte ich pro Pickup einen 3-Weg-Minischalter. Aus Erfahrung (ich hatte mal eine 1987er Ibanez 540S mit HSS-Bestückung und drei Minischaltern) weiß ich jedoch, dass diese Lösung sehr flexibel, aber für mich persönlich nicht bühnentauglich ist. Daher kommt ein 5-Weg-Klingenschalter Typ E zum Einsatz.
Ich werde nicht versuchen, ein echtes Review zu verfassen, weil ich ja hochgradig befangen und voreingenommen bin und das Review entsprechend einseitig ausfallen würde. Dass sie erstklassig verarbeitet ist und spitzenmäßig klingt und traumhaft aussieht und überhaupt ALLES kann, sogar Kaffee kochen und Rasen mähen, versteht sich ja von selbst *grins*. Nee, Spaß beiseite; Eigenreviews, d.h. Tests des eigenen Custom-Equipments, sind IMHO einfach wenig sinnvoll da nicht objektiv. Stattdessen möchte ich möglichst viele Bilder sprechen lassen und stehe gerne für Fragen zur Verfügung. Vielleicht finde ich ja eine Möglichkeit, ein kleines Erklär- und Demo-Video zu machen, ähnlich wie es Jens (psywaltz) mit seinen Jaden Rose Custom-Gitarren gemacht hat. Schaun mer mal, dann seh' mer schon.
Im nächsten Post kommt dann eine bebilderte Entstehungsgeschichte.
Hier gleich mal vorab das Ergebnis:
Im Gegensatz zu den bisherigen Custom-Projekten sollte vor allem die Form in eine andere Richtung gehen. Waren OAP-I bis -III sehr stark von der sexy-kurvigen, ja fast schon rundgelutschten Ibanez Radius/Satriani-Korpusform mit asymmetrischem Profil geprägt, war diesmal ein etwas kantiger, spitziger und etwas aggressiverer Look gefragt. Wenn es nur zwei Schubladen gäbe, in die man E-Gitarrenspieler einsortieren müsste, und diese wären Les Paul und Strat, dann wäre ich definitiv in der Strat-Schublade. Würde man die Kategorien noch weiter herunterbrechen, wäre mein Gitarrengeschmack am ehesten im Fach Hightech-Superstrat zu finden - von daher fiel die Wahl für die Korpusform meiner neuen Custom-Axt auf eine Mischung aus Ibanez RG, ESP M-II und Jackson Soloist, mit einer deutlichen Orientierung an der Ibanez RG-Silhouette, allerdings mit etwas runderen Kanten.
Bei der grundlegenden Konstruktion der Gitarre habe ich mich für eine Neckthrough-Bauweise entschieden, die in dieser Form vor allem bei den Superstrats der späten 80er Jahre beliebt war. Das Halsmaterial zieht sich in voller Länge durch den Korpus und dessen flügelartige Hälften sind seitlich an den dadurch entstehenden Mittelblock geleimt. Diese Art des Hals-Korpus-Übergangs gefällt mir extrem gut, da er gleichzeitig stabil und höchst ergonomisch ist. Beim Halsmaterial wollte ich etwas Neues ausprobieren und mich außerdem auch ein wenig an der aktuellen Mode in der Gitarrenbauszene orientieren. Also fiel die Wahl auf das Hartholz Pau Ferro, auch bekannt unter dem Namen Santos-Palisander. Das Material kommt aus dem Bestand von Harry Häussel und war dezentral gelagert, genauer gesagt bei Uli Teuffel. Hier hat es sich also wieder mal gelohnt, die hervorragenden Beziehungen zwischen den süddeutschen Gitarrenbauern und Zulieferern spielen zu lassen! Die Korpusflügel bestehen aus Sumpfesche, stammen aus Rainers eigenem Holzlager und sind innen mit Soundkammern ausgehöhlt, einerseits um Gewicht zu sparen und das Plus des Pau Ferro Halsmaterials wieder auszugleichen, andererseits um einen leicht akustisch angehauchten Klang zu erreichen, wie er mich z.B. an meiner Maxxas MX3 so begeistert.
Die Reverse-Kopfplatte ist - wie man leicht erkennt - von ESP inspiriert (bzw. übernommen) und trägt ein Furnier aus Flame Maple (aus demselben Material wie das Griffbrett) mit einem eingelegten Logo aus Black Pearl, also dunklem Perlmutt. Der von oben geschraubte Klemmsattel ist von Kahler und hat einen integrierten Saitenniederhalter. Da der Halsstab am anderen Ende des Griffbretts zugänglich ist, beeinträchtigt auch sonst nichts die schlichte Optik der Kopfplattenfront. Die Mechaniken sind vom Typ Sperzel TrimLok und die Klemmfunktion ist eigentlich nicht notwendig, dient aber einem bequemeren Saitenwechsel.
Da ich mich bei der Wahl des Griffbrettmaterials nicht zwischen Flame Maple und Ebenholz entscheiden konnte, habe ich mich an eine Schwärmerei meiner Jugend erinnert und einfach gesagt: Nehmen wir halt beides. Also kam es zu einem Feature, das gewiss nicht jedem gefällt und das man nicht so oft sieht, und zwar dem sogenannten Split Fretboard. Hintergrund ist der: Im Jahre 1994 fiel mir eine Ausgabe des Fachblatt-Musikmagazins in die Hände, wo eine Edelgitarre aus dem Hause Neil Moser (GMW GuitarWorks) getestet wurde, die ein solches diagonal zweigeteiltes Griffbrett hatte. Das hat mich total fasziniert und nie wieder losgelassen - ich musste immer wieder daran denken. Deswegen wollte ich es auf meiner neuen Custom-Gitarre realisiert haben. Im Vorfeld habe ich mich bei den Ansprechpartnern Neil Moser (ex-GMW) und Lee Garver (GMW) nach eventuell zu erwartenden Schwierigkeiten bei diesem Feature erkundigt, die aber verneint wurden. Das Split Fretboard ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal, würde ich sagen, wie gesagt nicht jedermanns Geschmack, aber ich find's einfach tierisch geil.
Der restliche Look soll sich etwas von dem allseits betriebenen Höher-Schneller-Weiter-Trend im Schönholzbereich abheben, wo sich das Ahorn-Geschrei (AAA, AAAA, AAAAA) und wohlklingende Fantasiebegriffe wie Mastergrade oder Exceptional nur so überbieten, und insgesamt etwas schlichter daherkommen. Deswegen ist die Front deckend hochglänzend schwarz lackiert, während wir uns bei Zargen und Boden für einen Klarlack entschieden haben, um die wunderschöne Esche nicht komplett zuzukleistern - die kann sich nämlich mit ihrer feinen Maserung durchaus sehen lassen. Chromfarbene Tonabnehmerrahmen und ein ebenfalls verchromtes 1987er Ibanez EDGE Floyd Rose (wird noch modifiziert mit einem massiven Messingblock an Stelle des Gussblocks) sowie ein einzelner Chrom-Potiknopf (Volume) runden den schlichten Look ab. Unter dem Potiknopf verbirgt sich eine Kill Pot-Funktion, d.h. in der gefederten Achse des Spezialpotis von Shadow ist ein Unterbrecherschalter eingebaut, der den Signalweg stummschaltet; damit sind interessante Stottereffekte möglich. Die Chrom-Schwarz-Kombination ist gewissermaßen auch meiner ersten Ibanez-Gitarre geschuldet, der JS1BK - schwarzer Body mit Chrom-Hardware; hübsch, zeitlos und nicht überkanditelt. Der schwarze Knopf des Klingenschalters (Eyb Megaswitch E) verschwindet optisch in der schwarzen Decke, aber vielleicht läuft mir irgendwo noch ein Ersatzknopf zum Stecken über den Weg, der verchromt oder chromfarben lackiert ist, denn das würde eventuell optisch noch besser passen.
Die Wahl der Pickups fiel dieses Mal nicht auf DiMarzio oder Häussel, sondern zur Abwechslung mal auf Seymour Duncan. Genauer gesagt sind es die P-Rails, eine Neuentwicklung des Jahres 2008, die technisch gesehen aus einer P90-Wicklung und einem Klingen-Single-Coil bestehen. Beide Spulen zusammen ergeben den Humbucking-Effekt, und je nachdem, welche der beiden Spulen aktiv ist, bekommt man einen Soapbar- oder einen Single-Coil-Sound. Zugegeben, diese Pickup-Wahl wird ein Experiment und ich bin gespannt auf dessen Ausgang. Im Zweifelsfall wird der Steg-PU durch einen "echten" Humbucker (z.B. Duncan Jeff Beck) ersetzt. Mit dem Eyb-Megaswitch sind fünf verschiedene Schaltvarianten verdrahtet, und zwar beide PUs als Humbucker, beide als P90 und als Tele-verwandte Zwischenposition die beiden P90-Spulen in parallel. Mit dieser Verschaltung bleiben mir zwar die echten Single-Coil-Sounds verborgen, aber um alle Varianten realisieren zu können, bräuchte ich pro Pickup einen 3-Weg-Minischalter. Aus Erfahrung (ich hatte mal eine 1987er Ibanez 540S mit HSS-Bestückung und drei Minischaltern) weiß ich jedoch, dass diese Lösung sehr flexibel, aber für mich persönlich nicht bühnentauglich ist. Daher kommt ein 5-Weg-Klingenschalter Typ E zum Einsatz.
Ich werde nicht versuchen, ein echtes Review zu verfassen, weil ich ja hochgradig befangen und voreingenommen bin und das Review entsprechend einseitig ausfallen würde. Dass sie erstklassig verarbeitet ist und spitzenmäßig klingt und traumhaft aussieht und überhaupt ALLES kann, sogar Kaffee kochen und Rasen mähen, versteht sich ja von selbst *grins*. Nee, Spaß beiseite; Eigenreviews, d.h. Tests des eigenen Custom-Equipments, sind IMHO einfach wenig sinnvoll da nicht objektiv. Stattdessen möchte ich möglichst viele Bilder sprechen lassen und stehe gerne für Fragen zur Verfügung. Vielleicht finde ich ja eine Möglichkeit, ein kleines Erklär- und Demo-Video zu machen, ähnlich wie es Jens (psywaltz) mit seinen Jaden Rose Custom-Gitarren gemacht hat. Schaun mer mal, dann seh' mer schon.
Im nächsten Post kommt dann eine bebilderte Entstehungsgeschichte.
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