Du wolltest Dich aber eigentlich kritisch zu der "neuen" von Take 6 äußern?...
Ja, aber in Wirklichkeit nicht nur zur letzten CD, sondern zu deren gesamter "Entwicklung" ...:
Der eine Kritipunkt, den ich bei Ihnen kritisieren möchte, ist der Sound. Ich meine, die singen auch in Natur und Ohne Mikro sowas von gut intoniert und - vor allem - gut ausbalanciert, daß es einem die Sprache verschlägt. Aber im Studio wird der Sound dermaßen aufgefettet und verbreitert und geglättet, daß er oft schon unnatürlich perfekt ist. All das, was Acappella eigentlich (auch) ausmacht, die kleinen Ungenauigkeiten in Timing oder Tonlänge, in Intonation oder auch nur der eine andere Atmer zwischendurch, ... das ungewollte plötzliche Hervorstechen einer Einzelstimme aus dem Gruppensound (und damit sind nicht Solos gemeint) ... all das gibt es bei ihnen nicht. Die Sachen klingen oft unnatürlich perfekt, und man (ich) kann die Einzelstimmen gar nicht mehr verfolgen.
Ich habe im Laufe der Jahre viele Songs von Ihnen transkribiert .... wenn ich nicht die Fähigkeit hätte, einen Akkord wie X7/#9 oder 7/9/13 am KLANG zu erkennen, wäre ich verloren gewesen, denn die Einzelstimmen hört man praktisch so gut wie nicht mehr heraus. Ich zumindest nicht ...
Die zweite Sache ist die Song-Auswahl und die Arrangements: Ich meine ... ihr Selbstverständnis ist, "contemporary christian music" zu singen, ihre musikalische Heimat ist Gospel.
IUnd ihre aufregende Art, gewöhnliches Gospel-Liedgut so zu interpretieren, daß es neu, aufregend und sehr, SEHR jazzig klingt, hat mich bei Ihrem Debutalbum sofort begeistert. Leider haben sie aber damit gleich zu Beginn die Latte SO hoch gelegt, daß sie das in weitere Folge nicht mehr toppen konnten, und sie haben sich auf neueres, anderes Liedgut verlegt, auf Experimente mit Instrumentalbegleitung, wobei die Vokalarrangements immer fulminanter und komplizierter, immer komplexer und trickreicher wurden, ... aber teilweise auch immer schwerer hörbar ... Da spielt sicher auch der Weggang von Mervyn Warren eine Rolle, der in meinen Augen ein herausragender Arrangeur (nicht nur acappella) ist und indem ich den legitimen Nachfolger von Quincy Jones sehe ...
In ihrem jüngsten Album kehren sie zwar zu Acappella zurück ... aber der Komplexitätsgrad der Arragements ist weitgehend geblieben. Über einer an sich einfachen Grund-Songstruktur dennoch aufregend zu klingen ... diese Fähigkeit hat in meinen Augen im Laufe der Jahre gelitten ... oder der WILLE dazu ...
LG, Thomas