Zum Notenlesen gehört viel mehr, als lediglich die Tonhöhe zu identifizieren und den Ton auf dem Griffbrett wiederzufinden.
Völlig richtig, gar keine Frage.
Mir ging es hier eher um den Punkt: "wie lerne ich am schnellsten den Zusammenhang zwischen geschriebener Note und gespieltem Ton."
Im normalen Unterricht, wenn ich mit den Schülern ein Stück erarbeite ist das nicht annähernd so konzentriert, eben weil man noch auf die ganzen Dinge wie Rhythmus etc achten muss.
Aber sieh es von der Seite: Ich bringe meinen Schülern direkt von Anfang an Notenlesen bei. Da sind Dinge wie Vorzeichen, Dynamik etc noch völlig vernachlässigbar.
Primäre Probleme sind da eher: den richtigen Ton finden, den Ton mit dem richtigen Finger greifen, mit dem richtigen Finger der linken Hand anschlagen, überhaupt ein Gefühl für Rhythmus bekommen.
Das sind großteils eben 8-12 jährige Kinder. Wenn man da in einer Dreiviertelstunde 3er-Gruppen-Unterricht 4 Takte so hinbekommt, dass das alles funktioniert, sich die Kinder das auch merken, damit sie zu Hause richtig üben, dann ist das schon gut.
Und dann sind das vllt 25-30 Noten gewesen, wo sich viele Sinnabschnitte eben auch noch wiederholen.
Bei so einem Notenquiz hab ich auch vllt 20 Noten, aber ich geb denen dann eben auch nur 5 Minuten Zeit möglichst alle richtig hinzuschreiben, und dann nochmal 10 Minuten zum Finden auf dem Griffbrett.
D.h. ich brauche nur ein Drittel der Zeit, vernachlässige dabei aber natürlich ein paar andere Dinge. Aber es ist eben eine Konzentration auf das konkrete Problem "wo finde ich welche Note".
Ich habe damit eigentlich ziemlich gute Erfahrungen gemacht. Ich hab diverse Schüler, die nach etwa zwei Monaten alle Töne der C-Dur Tonleiter in der ersten Lage flüssig benennen und spielen können. Und ohne, dass der Unterricht jetzt super theorie-lastig gewesen und das Praktische zu kurz gekommen wäre. Als krasses Gegenbeispiel hab ich letztens ein paar Schüler übernommen, die vorher mehrere Jahre klassischen Gitarrenunterricht hatten, die aber allen Ernstes die Töne nicht benennen konnten, sondern nur nach Fingersatz-Zahlen gespielt haben, nach dem Motto: "Ah da steht ne 1 dran und es ist ziemlich hoch, also wird es wohl auf der höchsten Saite im ersten Bund sein"..
Ich bin da eh der Typ, der ein Problem konzentriert angeht. Das ist so meine Philosophie.
Lieber konzentriert, als ab und zu mal nen Happen.
Mein Lieblingsbeispiel sind da z.B. Tonleitern:
In unzähligen Lehrbüchern findet sich ziemlich früh die C-Dur Tonleiter, dann etwas später findet man dann G-Dur und vllt noch F-Dur, dann 10 Seiten später D-Dur, immer in kleinen Portionen.
Das führt dann dazu, dass die Schüler den Zusammenhang zwischen den Tonleitern überhaupt nicht verstehen. Dann kommt hier mal ein Fis dazu, da ein b-chen, dann ein Fis und ein Cis, aber über das "woher kommen die Vorzeichen?" "wieso brauchen wir überhaupt verschiedene Tonleitern?" "was sind denn nun Tonarten?" "wieso passen manche Tonarten eher zusammen als andere?" "Quintenzirkel" "was ist eine Quinte?" "was hat das alles für einen Einfluss auf meine Akkorde?" schweigen sich viele Bücher einfach komplett aus.
Natürlich ist das ein großer Komplex, aber es hängt ja alles zusammen und greift ineinander.
Wenn ich als Schüler weiß "C-Dur ist c d e f g a h c" und G-Dur ist "g a h c d e fis g", dann bringt mir das absolut mal gar nix. Dieses Wissen kann ich so in keinem Stück anwenden. Nach nem Monat ist das Wissen wieder weg.
Erst dadurch dass ich verstehe, dass eine Tonleiter mir den Tonvorrat einer Tonart gibt, dass ich daraus auch passende Akkorde ableiten kann etc, erst dadurch kann ich anfangen dieses Wissen auch zu nutzen.
Zurück zum Notenlesen:
Ich seh es immer so wie Buchstaben im Alphabet:
Um Wörter (Melodien) sprechen zu können, muss ich erstmal die Buchstaben (Noten) kennen, um daraus sinnige Einheiten zu machen. Ich kann mir keine grammatikalischen Regeln (Rhythmus, Dynamik) überlegen, wenn ich nichtmal die Buchstaben und Wörter zusammenbekomme. Und da hilft es einfach mehr, wenn ich mich erstmal nur an die Buchstaben setze und 20x ein H aufmale um mir das einzuprägen, als wenn ich mir 5 Wörter nehme und da gucke, dass auch meine Satzzeichen alle stimmen.
Erstmal die Grundlagen sicher können, bevor ich mich an fortgeschrittenere Dinge wage.
Noch schnell zum Blattspiel, weil ich das auch sehr interessant finde:
Ich glaube das kann man sehr gut üben, indem man sich einfache, bekannte Lieder schnappt (Kinderlieder) und die von den Noten abspielt, und dann immer schwieriger werden.
Allerdings sollte man aufpassen, dass man sich nicht zu sehr an Noten bindet. Ich hab jetzt 20 Jahre lang primär nach Noten gespielt und kann glaube ich behaupten relativ gut vom Blatt spielen zu können.
Aber es hat mich wirklich viel Kraft und Übung gekostet mich auch völlig ohne Noten sicher zu fühlen. Und damit meine ich jetzt nicht auswendig gelernte Stücke (da seh ich teilweise die Notenblätter vor meinem inneren Auge..), sondern eher so Improvisationsgeschichten, wo man vllt nur ein Akkordschema hat, wenn überhaupt, und da sehr schnell sehr viele Informationen im Kopf behalten muss.
Aber letztlich muss jeder seinen eigenen Weg finden ;-)