Hallo,
ja, das ewige "Kreuz" mit dem Fender-Tremolo.
Fast 50 Jahre habe ich nun mit der Stratocaster meine Erfahrungen sammeln können. In dieser Zeit sind hunderte dieser Gitarren durch meine Hände gegangen und ein kleiner Teil davon, den gab es auch in meiner eigenen Gitarrensammlung.
Viele kleine Veränderungen und Einstellungen an diesem Modell musste ich für Freunde und Bekannte sowie auch für fremde Musiker oft vornehmen. An erster Stelle stand jedoch fast immer, das Tremolosystem festzustellen/blockieren.
So richtig habe ich das jedoch bis heute nicht verstanden. Das Feststellen/Blockieren dieses Systems ist keinesfalls im Sinne des Erfinders (Leo Fender). Genau dieses System ist mit dafür verantwortlich, dass eine Strat so klingt,
wie sie eben auch gebaut wurde (unterschiedliche Hölzer und andere Materialien, auch anderer Klang).
Natürlich weiss ich auch woran dieser "Feststellwahn" des Tremolos liegt. "kommt man während des Spielens mit dem Zupf/Schlagarm an die Tremolo-Stegplatte, dann gibt es eine sofortige Saitenverstimmung, was sich mehr als nervig anhört.
Hinzu kommt die Meinung, mit Tremolo gibt es ständig eine Verstimmung der Saiten, was so aber nicht zutrifft.
Ok, wer jedoch möchte, der kann es üben, dass er hier dem System nicht in den Weg kommt. Hierzu ist jedoch kaum jemand bereit. Dies allein ist der Grund für "BITTE TREMOLO BLOCKIEREN".
Bezüglich dieser Vorgehensweise gibt es mehrere Möglichkeiten, die ich jedoch alle für falsch halte.
Jeder dieser Blockierungsmassnahmen beeinträchtigt den eigentlich gewünschten Strat-Sound.
Oft werden lediglich die Federn, die den Block fixieren so weit durch die Halteschrauben in den Korpus gedreht, dass die Stegplatte fest und plan auf der Gitarrendecke aufliegt.
Dieses jedoch verändert sofort und massiv die ganze Abrichtungs- und Aufhängungskonstruktion. Die Saiten haben nun eine grössere Auflagefläche auf den Saitenreitern. Der Halswinkel ist nun auch nicht mehr ideal, auch nicht der Saiten-
führungswinkel, der aus dem Block über die Reiter geht und der Winkel der Saitenführung in den Sattel. Die Intonation ist ebenfalls aus dem Lot usw.
Hier geht es zwar nicht einmal um Millimeter, doch auch Zehntelmillimeter habe ihre Wirkung, ganz speziell in diesen beschriebenen Abschnitten. Ja, man kann hier nacharbeiten/nachstellen. Oft gelingt dieses jedoch nicht perfekt, da jeder
Gitarrenbauer (Fender) eben auch nicht perfekt arbeitet, so dass oft hierfür nicht genügend Spiel zur nachträglichen Perfektion gegeben ist.
Der Klang eines blockierten T-Systems ist nicht nur anders oder eine Geschmacksfrage, er ist in der Regel schlechter, da härter, heller, unharmonischer, erzeugt zusätzliche Nebengeräusche und vieles mehr.
Ja, auch Profis spielen mit blockiertem oder teils festgestelltem Tremolo. Fender bietet selbst hierzu einige Möglichkeiten an, die jedoch für den normalen Spieler so nicht zur Verfügung stehen, ausser den Gitarren, wo das System bereits werksseitig
ausser Kraft gesetzt wurde. Aber auch hier, die Stratocaster klingt dann anders. Kein Thema, wenn es dann so gefällt.
Ein Beispiel.
Ende 2012 kaufte ich mir eine Select-Strat HSS. Das Tremolosystem war keinesfalls perfekt verbaut, eigentlich ein Trauerspiel bei solch einer Gitarre.
Ich musste also nacharbeiten und neu justieren. Es sei noch vermerkt, ich nutze dieses System überhaupt nicht, bei keiner Stratocaster.
Allein wegen des Klangs, wird das System nicht festgesetzt, sondern schwebend eingestellt. Die Steghalteplatte hat einen Abstand zur Decke von 2,5mm. Der 09er Saitensatz verläuft über die Reiter E-Saite 2,2mm, bis hin zur e-Seite 1,9mm (17. Bund).
Die Halskrümmung hat das von Fender vorgegebene Mass von 0,25mm am 8. Bund. Der Tremoloblock wird von drei Federn geführt/gehalten (in Dreiecksform).
Aufgespannt sind die Saiten FENDER 3150L.
Der Klang.
Trocken gespielt, so gibt es ein wahnsinniges Schwingverhalten. Der Ton hat dann erst ein Ende, wenn auch meine Martin HD28 verstummt ist. Habe es mit der Stoppuhr gemessen. Ok, die SELECT hat hochwertige Bodyhölzer.
Das Gesamtklangspektrum ist sehr harmonisch. Alles kommt rund, voll und sauber rüber. Nichts scheppert, klirrt oder geht sonst auf die Nerven. Habe selbst keinen leichten/weichen Anschlag.
Bendings lassen sich ohne jegliche Verstimmung super realisieren.
Über meinem 65´ DELUXE REVERB geht dann die Post so richtig ab.
Der Klang mit blockiertem bzw. festgestelltem Tremolo.
Hier wurden, wie oft üblich, die Schrauben einfach weiter in den Korpus gedreht, bis die Metallplatte auf dem Korpus fest auflag. Hierzu wird oft behauptet, dass gerade jetzt das Schwingungsverhalten zusätzlich verstärkt wird. Stimmt so leider nicht.
Einige Nachjustierungen an den Reitern usw. wurden noch vorgenommen.
Nun war es vorbei, mit dem schönen und ausgewogenen Klang. So klingt es härter, heller, unharmonischer mit klirrenden Nebengeräuschen.
Zusätzlich gab es ein leichtes "SCHEPPERN" einzelner Saiten in bestimmten Bünden. Dies liess sich auch nicht durch die Halskrümmung und Saitenreiter
wegbekommen.
Das wahnsinnige Schwingverhalten ist um ein DRITTEL geschrumpft. Zusätzlich macht sich nun auch die G-Saite negativ bemerkbar.
Wer will eigentlich solch einen Kompromiss eingehen ?
Natürlich wurde der Klang über den Amp nicht besser.
Ich bin der Meinung, wer sich nicht an das schwebende Tremolo gewöhnen möchte, einsetzen braucht er es nicht, der sollte sich keine Stratocaster kaufen.
Mein persönliches Fazit.
Eine Strat ist eben eine Strat. Perfekt ist sie nicht und wird sie auch niemals werden.
Will man das aus seiner Stratocaster herausholen, was die Hersteller an Klang für sie vorgesehen haben, der kommt um das schwebende Tremolosystem nicht herum.
Klangabweichungen, durch Eingreifen am Instrument, die sind natürlich erlaubt, jedoch keinesfalls notwendig.
Netten Gruss,
Mister Blues