"Stratitis" an Charvel (H-S-S) trotz diverser Factory Specs

Aber mit Floyd Rose, dem geschraubten Hals und den 9er Saiten ist die Charvel bestimmt eh kein Sustainmonster.
Wenn Du das Gefühl hast, gibt es schon ein paar Punkte, in denen man was machen kann. Das FR als solches ist nach meiner Erfahrung nicht zwangsläufig ein Hindernis für ordentliches Sustain, aber der dünne serienmäßige Tremoloblock ist schon nicht optimal. Bei mir bekommen deshalb alle FR-Gitarren einen fetten Messingblock, den man mit wenig Aufwand nachrüsten kann. Das macht keine Les Paul aus der Charvel, aber bisher habe ich danach immer einen dickeren, stabileren Ton feststellen können.
Aber Achtung: er muss die richtige Höhe haben, damit er nicht an der Abdeckung schrappt, wenn man das Trem nach hinten zieht. Das vorhandende Maß ist normalerweise das richtige, aber ich entnehme eigentlich immer das mMn unnötigen Federblech zwischen Block und Grundplatte, und dann passt mitunter auch ein etwas längerer Block. Das Federblech soll die Feinstimmer oben halten, aber das macht doch eigentlich schon der Saitenzug... :nix: Also schenke ich mir hier zwei weitere unnötige Materialübergänge zu Gunsten eines direkten Kontakts der Bauteile.

Ein weiterer Punkt sind die Halsschrauben. Sie sollten nicht zu fest und nicht zu wenig angezogen sei, aber vor allem sollte der Hals guten Kontakt zum Ende der Halstasche haben. Deshalb löse ich bei Bolt On-Gitarren erstmal immer ein wenig die 4 Halsschrauben, bei aufgezogenen Saiten. Der Saitenzug zieht den Hals dann in die Tasche, bis er wirklich am Anschlag sitzt. Manchmal macht es keinen Unterschied, weil er ab Werk schon gut saß, aber mitunter ist da eine winzige Lücke, denn dort wird er ja nur senkrecht von oben eingesetzt. Schon ein winziger Spalt von einem halben Millimeter reicht aus, um die Verbindung weniger schwingungssteif zu machen. Bei meiner DK24 machte es auf jeden Fall einen Teil des Wegs von "ganz gut, aber etwas dünn" zu meiner meistgespielten Klampfe.

Zu guter Letzt: die Federn. Auch das ist ein Punkt, den ich erst spät entdeckt habe: 5 weichere Federn klingen fetter als 2 normal harte, wie sie ab Werk meist verwendet werden. Und ja, das FR kann man auch bei meinen 009-046 Saiten ohne weiteres so einstellen, dass die Grundplatte dabei schön horizontal ausgerichtet bleibt.

Sind die Federn weich genug, bleibt auch der Gesamtzug annähernd gleich, das Trem wird jetzt also nicht auf einmal ganz hart zu betätigen. Es reagiert nach meinem Gefühl aber etwas weniger empfindlich auf das Auflegen des Handballens. Der fettere Ton ist auch kein Voodoo, sondern durchaus erklärbar. Denn wenn man die Saite anschlägt, hört das Gesamtsystem ja nicht am Klemmpunkt auf zu schwingen. Die Saiten sind beweglich aufgehängt, also werden die Longitudinalschwingungen quasi am FR umgelenkt und setzen sich in umgekehrter Richtung über die Federn fort, bis zu deren Endpunkt an der Federkralle (weshalb es auch relativ teure Gadgets gibt, die selbst die Federkralle fixieren...). Es ist also logisch, dass es einen Unterschied macht, wenn mehr Metall da ist, dass der Schwingung durch die Massenträgheit mehr Widerstand entgegenbringt und sie daher auch weniger dämpft.

Jede Maßnahme für sich kann schon was bringen, aber alles zusammen macht eigentlich bei jeder FR-Gitarre eine hörbaren Unterschied.

Gruß, bagotrix
 
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mitunter ist da eine winzige Lücke, denn dort wird er ja nur senkrecht von oben eingesetzt. Schon ein winziger Spalt von einem halben Millimeter reicht aus, um die Verbindung weniger schwingungssteif zu machen. Bei meiner DK24 machte es auf jeden Fall einen Teil des Wegs von "ganz gut, aber etwas dünn" zu meiner meistgespielten Klampfe.
Bei Ritchie Blackmore nicht. :cool:

Bildschirmfoto 2024-08-09 um 22.16.21.png
 
Vielleicht hats ihn nur nicht gestört, weil Sustain und fetter Ton vor ein paar voll aufgedrehten Marshall-Stacks eher selten das Problem ist...:D

Aber schon interessant, wie sich die Maßstäbe für eine ordentliche Verarbeitung verschoben haben - erst recht angesichts der Preise, die inzwischen für die 70ies Strats verlangt wird. Wobei das an mir eher vorbeigeht, weil für uns in den 80ern die CBS-Fender einfach nur gebrauchte Gitarren waren, die mies verarbeitet waren und für unsere Musik nicht zu gebrauchen waren. Bleischwer, zu wenig und zu kleine Bünde, kleiner Halsradius und schrille, outputschwache PUs. Die Charvels wirkten da auf uns wie ein Rennpferd neben einem klapprigen alten Muli.

Gerade soundmäßig sehe ich das inzwischen natürlich schon ein bisschen differenzierter, aber viele (vor allem Spät-)70er Strats sind mMn auch aus heutiger Sicht noch beklagenswert schlechte Instrumente.

Gruß, bagotrix
 
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Genau so ist es, hatte in den 90ern in LA eine Eric Clapton Gitarre (60er Jahen Baujahr soweit ich noch weiss) in der Hand war das sehr rustikal, vor allem wenn man Original USA Custom Jacksons gewohnt war 😉😉
 
Vielleich braucht Ritchi Balckmore einen erweiterten Tremoloweg nach unten und nach oben. Dann kommt das Trem hinten höher und um eine geeignete Saitenlage zu erreichen, muss halt der Hals auch höher sein als normal. Eventuell sind da zwischen Hals und Body ein paar Unterlagsscheiben mit Vorsatz dazwischen gepackt.
 

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