Man darf bei derartigen Statistiken nicht vergessen dass der Markt nicht nur (derzeit) rückläufig ist was Musikinstrumente angeht, sondern sich, wie überall sonst auch komplett gewandelt hat, was auch an uns Konsumenten liegt. Aber das ist ja eigentlich bekannt ...
Kurz zur Darstellung:
1. Das Internet ermöglicht Produkte zu finden welche in der Prä-Internet-Zeit kaum aufzufinden waren oder mangels Vertriebsweg einfach nicht produziert wurden.
2. Jetzt kann jede Boutique weltweit anbieten was die Angebotsbreite erheblich vergrößert, jedenfalls gefühlt. Pickups aus den USA? Gitarren aus Tschechien oder von einem Luthier aus Fernost/Schweden/Kanada? Treter aus Deutschland oder China? Handgedengelte Amps aus sonstwo?
3. Die Preis- und Qualitätsvergleichbarkeit hat damit erheblich zugenommen (gefühlt).
4. Trittbrettfahrer wie chinesische Kopisten drücken den Preis in erfolgreichen Produktsparten durch günstige Produktionsbedingungen und ersparte Aufwände - auch die können ja weltweit liefern.
5. Liefern geht heute per Paketversand nach Hause, selbstredend mit Rückgaberecht ...
6. Unter diesem Eindruck wird von Konsumenten erwartet (ob gerechtfertigt oder nicht) dass der Händler vor Ort zumindest einen relevanten Anteil aller online verfügbaren Artikel in allen für den Kunden relevanten Sparten anbietet wenn sich die Kunden schon die Mühe machen den örtlichen Einzelhandel aufzusuchen.
7. Gleichzeitig erwartet der Kunde dass der Händler mindenstens genauso gut informiert ist wie der Kunde selber, der für ein spezielles gewünschtes Produkt stundenlang recherchiert oder Foren bemüht hat
8. Das ist jedoch ein Trugschluss. Selbst in den Fachabteilungen finden sich kaum je vollkommen informierte Berater oder Verkäufer. Geht in der Breite auch nicht. (Von "Ausfällen" und "Servicewüste" mal abgesehen)
9. Das können allenfalls die "ganz großen" leisten weil alleine schon die Lagerhaltung und Verwaltung und Ausstellung solcher Produktvielfalt extrem anspruchsvoll ist, vom Umsatz mal abgesehen, denn Lagerware kostet Geld.
Kurz, die Verschiebung hin zu den "Großen" oder dem Onlinehandel ist eine natürliche Folge weil nur diese Vertriebe die Erwartungen der Kunden ganz oder annähernd erfüllen können. Ausnahmen gibt es immer, Kunden die lieber den persönlichen Kontakt suchen, Kunden, die überhaupt keine Ahnung haben und nicht stunden-oder Tage lang recherchieren wollen, Kunden denen es nicht auf das exakt beste Preis-/Leistungsverhältnis ankommt ( dort gibt es die Locking-Mechaniken aber um 3,- Euro billiger...) sondern "nur" auf ein taugliches Produkt zu einem fairen Preis, welcher freilich auch vom Onlinemarkt bestimmt wird, denn googeln tun auch diese Kunden, jedenfalls ein paar Minuten lang.
Um die Kurve zu kriegen: Der Markt ist übersättigt aus verschiedenen Gründen. Nachwuchs der Musik macht ist schon aus demographischen Gründen geringer als früher, jedenfalls in Europa, es wurde bereits sehr sehr viel gekauft was jetzt einen zweiten konkurrierenden Markt eröffnet, den umfassenden Gebrauchtmarkt, wieder online-befeuert (eBay + co, Kommissionsware in Onlineshops diverser Händler usw.) Wer jetzt noch in den Markl einsteigt kann es nur noch über den Preis oder Alleinstellungsmerkmale, was bei den meisten Produkten, die bereits "ausgereift" sind, eher schwierig wird. Deshalb die ganzen inflationären Sonderserien, Signature-Dingens, Historics etc. Über kurz oder lang wird der Musikinstrumentenmarkt weiter schrumpfen bis er wieder ein Gleichgewicht erreicht hat und der Onlinehandel vermutlich bald 80% aller Umsätze fahren. Das ist jedenfalls meine Vermutung.