Als Ergänzung fällt mir noch ein, daß man auch gern vermeidet, über eine Maj7 den Grundton zu spielen, da auch hier ein b9-Intervall entsteht - die Dissonanz wird hier aber nicht so stark wahrgenommen wie bei den Tönen des Dreiklangs.
Ist der Grundton auch ein wichtiger Melodieton, ist es besser, im Begleitakkord anstatt der Maj7 die 6 zu verwenden.
Hi Funkeybrother,
zunächst einmal Danke für die Ergänzung zur b9 Problematik.
diese von Dir erwähnte Einschränkung wegen eines b9 Konfliktes ist allerdings ein bisschen anderer Natur als die der von mir erwähnten Avoids, da ja dabei beide in der Entstehung verwickelten Komponenten an sich erlaubt sind. Es ist so zu sagen nur ein bedingtes Verbot und von Diesen gibt es noch einige mehr.
Diese bedingten Verbote entstehen bei den an einer Halbtonschrittbildung einer Chordscale beteiligten Töne immer dann, wenn der Obere von Beiden im Voicing über dem Unteren in einer nach oben versetzten Oktavlage zu liegen kommt.
Beispiel:
Chordscale = ab bb cb db eb fb gb = Ab Aeolisch
Halbtonschritte bilden sich zwischen bb und cb, und zwischen eb und fb.
Der Fall eb - fb fällt natürlich in die Rubrik der Avoids. fb kann nicht Tb13 sein, da der Ton einen Halbton über seinem Bezugston e liegt.
Der andere Halbtonschritt der Chordscale Aeolisch, der sich zwischen den Tönen bb und cb befindet, besteht ja nun aus der Konstellation Tension - Bezugston und nicht aus der Konstellation Bezugston - Tension. In dieser Konstellation hat der Halbtonschritt ja absolut keine Verbotswirkung auf die involvierte Tension, da diese ja einen anderen Bezugston hat. Hier geht es ja schlussendlich um die T9 und die halbtonschrittweise darüberliegenden Mollterz.
Im "Normalfall" ist die Anwendung der T9 im Aeolischen ja eigentlich kein Problem, da sie ja "ordnungsgemäß" einen Ganzton über ihrem Bezugston (=Grundton) liegt.
Tritt nun aber der Fall ein, dass die Mollterz innerhalb eines Voicings in einer oktavversetzten höheren Lage als die T9 zu liegen kommt, entsteht zwischen beiden ein b9 Intervall, das es natürlich zu vermeiden gilt.
Liste gleich gelagerter Fälle:
Ionisch: MA7 -> 1
Dorisch: T13(6) -> b7 und T9 -> b3
Phrygisch: /
Lydisch: #11 -> 5 und MA7 -> 1
Mixolydisch: T13 -> b7
Aeolisch: T9 -> b3
Lokrisch: T11 -> b5
Die jeweils 2 involvierten Töne können natürlich innerhalb eines Voicings unmittelbar nebeneinander liegen - aber das auch immer nur, solange der obere Ton nicht die 1. Stimme des Voicings darstellt.
Mark Levine bezeichnet den susb9-Akkord auch als phrygischen Akkord und leitet ihn von der phrygischen Skala ab, welche ja die große Terz nicht enthält.
Das liegt nahe, da Phrygisch von Natur aus die b9 enthält. Das dabei entstandene Klanggefüge ist typisch für Flamenco-Musik.
In seinem Jazz-Piano Buch beschreibt er ihn auch als Dominant-Septakkord mit Tredezime im Bass, den man gleichermaßen nach Dur oder Moll auflösen kann.
Dem würde ich nicht uneingeschränkt zustimmen, denn Slashchords funktionieren in der Regel nicht mit Tensions im Bass. Tensions entstellen den Ursprungscharakter und geben dem Akkordgefüge eine andere Bedeutung.
Z.B. würde ich den Akkord d - g - b - c - e nicht unbedingt als CMA7 mit None im Bass bezeichnen. CMA7/D als Bezeichnung geht natürlich schon, aber dabei hat der Ton d keine Nonencharakter sondern Grundtoncharakter.
Ähnliches empfinde ich wenn man sagt, e - f - a - b - e wäre G13 mit der Tredezime im Bass. Natürlich kann es das sein, aber nicht als allein stehendes Voicing, also ohne zusätzlichen Grundton.
Interessant finde ich in diesem Zusammenhang noch, daß die Terz in der Melodie über einen sus4-Akkord sehr reizvoll klingen kann -
Das erwähnte ich schon. Thad Jones setzt es zur Genüge ein.
CIAO
CUDO