Sinn oder Unsinn (oder Möglichkeiten?) von polyphonem Aftertouch

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Bevor Chris jetzt ein Thema im Bilderthread weiterführt, würde ich das lieber mal hier neu starten, weil es zumindest mich u.a. interssiert, wie das von anderen genutzt wird. Bei Sequencer.de hab ich einen Thread von 2006 gefunden, den wollte ich nun nicht wieder hochholen.

Polyphoner Aftertouch - hab mal ein bisschen gegoogelt, bin aber noch nicht wirklich schlauer geworden. Mit Aftertouch steuere ich irgendeinen, beliebig festzulegenden Controller über den Nachdruck der Taste, soweit das vom Keyboard überhaupt unterstützt wird, soweit ist das wohl jedem klar. Dieser Controller wirkt sich nun auf den aktuell gespielten Sound insgesamt aus, während polyphoner Aftertouch heißt, ich spiele auf der ganzen Tastatur einen Sound, aktiviere mit der einen Hand via AT einen Controller, während der Ton/Akkord, den ich mit der anderen Hand spiele davon unbeindruckt bleibt.

Ich weiß ja nicht, wer hier und wie extensiv Aftertouch nutzen. Meistens wird es für die Modulation genutzt, z.B. Aktivierung LFO, oder Cutoff, oder man schaltet damit Effekte ein und aus. Mein altes Korg 01W hatte z.B. bei Orgelsounds werksseitig Leslie slow/fast über AT eingestellt. Das fand ich ganz nett, vor allem fand ich hier die nicht-polyphone Funktion von AT gut, denn so reichte ein Finger auf der Tastatur, um das Leslie zu schalten. Stellt Euch mal hier ein polyphones AT vor... :gruebel:

Das erste Mal hab ich von polyphonem Aftertouch gehört, als jemand mein Kurzweil Midiboard gesehen hat: "Oh, Superteil! Eins der wenigen Masterkeyboards, die polyphonen Aftertouch haben!" Hä? :confused: ...da hab ich mir das ganz kurz erklären lassen, und eigentlich gleich wieder verworfen, weil ich dachte: wer will denn während des Spielens mit unterschiedlichen Fingern unterschiedliche Controller gleichzeitig steuern?

Und dann gibt es ja - wie mein googlen ergeben hat - noch neben dem monophonen AT auch noch Channel Aftertouch. Was heißt das denn nun wieder im vergleich zum polyphonen AT? Könnte ich, wenn ich meine nicht-polyphon-Aftertouch fähige Tastatur gesplittet habe, links einen Bereich auf MIDI 1 spielen, rechts einen Part auf MIDI2, dann über die linke Hand über MIDI CH1 einen Aftertouch Controller aktivieren, der den Sound rechts nicht beeinflusst, gleichzeitig rechts über CH2 einen anderen Controller über AT aktivieren, was ja auch schon eine Art von poly (oder multi?) wäre, oder ist das eine physikalische Geschichte, dass wenn eine Tastatur nur monophon AT fähig ist, dass sowas dann nicht geht?

Aber mal zur Praxis: Wo kann man bzw. wer hier nutzt denn sinnvolle Einsatzbereiche für polyphonen Aftertouch?
 
Eigenschaft
 
Ich sehe es wie bereits angesprochen für Splits nützlich. Ich hatte damals bei meiner Korg X3 das Problem, links Pad, rechts Lead. Auf beiden war AT belegt, das Pad hatte ein Filter Cut Off und der Lead Vibrato. An der Stelle hätte ich schon gern beide Zonen getrennt... Wobei ich eigentlich eine dritte Variante bräuchte, den Zonen AT.

Ich möchte ja nicht, daß nur eine Note des Pads den Cut Off bekommt, sondern der ganze Akkord. :gruebel: Man müßte also ein Key mit Polyphonem AT nehmen und durch einen MIDI Prozessor jagen, genial :D Oder kennt jemand ein Key das polyphonen AT unterstützt und dafür eine Zonenverwaltung anbietet?
 
Aber das, was Du gerade für den X3 beschreibst, ist doch eine Form des Channel Aftertouch, oder? Das müsste doch getrennt auch ohne polyphonem AT funktionieren, oder hab ich das jetzt falsch verstanden?
 
Das Problem ist, daß Channel Aftertouch global ist. Unter den Tasten verläuft ein kleines Band, das zusammengedrückt wird und (ich nehme an über Widerstandsmessung) dann den Aftertouch erzeugt. Damit ist der Aftertouch entweder für alle Sounds da, oder für gar keinen.

Wenn nun mehrere Parts z.B. ein Pad und ein Lead auf Aftertouch reagieren, kann nicht unterschieden werden ob nun der Aftertouch im Tastenbereich des Pads oder des Leads ausgelöst wurde. Channel Aftertouch sendet keine Note, nur einen Controller Wert ähnlich wie z.B. ein Modulationsrad.

Und in meinem Fall hatte das zur Folge, daß immer wenn ich mit dem Lead Aftertouch gespielt habe, das Pad mit angesprungen ist. Mit Polyphonem Aftertouch wird meinem Verständnis nach jeder Taste Aftertouch individuell zugeordnet. Das wäre aber z.B. bei Akkorden auch schwierig. Der starke Finger kommt dann z.B. auf Werte von 127, der mittlere auf 100 und der schwache hängt bei 40. Das dürfte exotisch klingen :D

Deswegen mein Wunsch nach einem Zwischending, daß ich nicht mit jeder Taste einzeln Aftertouch auslösen muß z.B. um Akkorde zu spielen. Wird in einer Zone mit einer Taste Aftertouch ausgelöst, gilt das als Channel Aftertouch für diesen Part - z.B. das Pad. Der Rest bleibt unbeeindruckt. Ich glaube das ist es, was du meinst?

So war es leider bei der X3 nicht, da wie gesagt nur ein Band verlegt war und die Klangerzeugung nicht weiß an welcher Stelle Aftertouch nun ausgelöst wurde und ihn deshalb auf alle Parts anwendet.
 
Wie von Leef gesagt, ist der polyphone Aftertouch evtl. schwierig zu kontrollieren, weil, wenn es richtig implementiert ist, jeder Finger unterschiedliche Werte generiert. Das führt natürlich auch zu stark erhöhtem MIDI-Datenaufkommen. Polypressure sollte also auf jeden Fall auch abschaltbar sein. Ich sehe Polypressure als eine zusätzliche Expressionsmöglichkeit, die natürlich auch gelernt sein will, genauso wie der gelungene Einsatz des Pitchwheels auch nicht von heute auf morgen gelingt. Für schnelle Leadlines reicht Channelpressure und für Comping ist Polypressure wohl auch eher ungeeignet, Wo ich ein interessantes Einsatzgebiet sehr ist bei Ambientsounds, die lange klingen und bei denn ich mit Polypressure z.b. bestimmte Teiltöne des gehaltenen Akkordes durch Steuerung des Filters, Volumes o.ä. hervorheben könnte. Oder für komplexe Orchestersounds, bei denen Aftertouch zusätzliche Instrumente hinzufügt oder Artikulationen auslöst.

Eine Einschränkung ist, dass es sich halt immer nur um die Steuerung von bereits gedrückten Tasten handelt. Das heißt, man kann nicht schon beim anfänglichen Drücken der Taste den Wert des gesteuerten Controllers vorgeben. Für sowas braucht man dann Controller wie das Haken Continuum, das eine zusätzliche Achse (vorne-hinten) zu den beiden normalen Achsen horizontal (Tonhöhe) und vertikal (Velocity/Aftertouch) hinzufügt. Und auch hier muss man den Umgang damit erst mal lernen. Ich habe nur mal ganz kurz auf der Messe ein Continuum ausprobiert und war überrascht, wie viel Druck man aufbringen muss. Es war ganz schön schwierig, da auf Anhieb was ordentliches rauszubekommen, aber wie man in diversen YT-Videos sehen kann, kann man damit bei entsprechendem Können sehr Ausdrucksstark spielen.

Chris
 
...Mit Polyphonem Aftertouch wird meinem Verständnis nach jeder Taste Aftertouch individuell zugeordnet. Das wäre aber z.B. bei Akkorden auch schwierig. Der starke Finger kommt dann z.B. auf Werte von 127, der mittlere auf 100 und der schwache hängt bei 40. Das dürfte exotisch klingen :D ...
... und genau das ist der Grund, den Anhänger dieser Funktion regelmässig als Argument für diese technisch extrem kostspielige Lösung ins Feld führen. :p
Modulationen innerhalb eines Akkords durch Fingerdruck variieren...

Bezogen auf dein X3 Problem müsste der globale Aftertouch zonenmässig gefiltert werden, was offensichtlich intern nicht geht.
(spontaner Einfall)... den Synth 'local off' schalten, Midi Out an einen Prozessor (oder PC Programm), der zonenweise filtern kann, den Ausgang des Prozessors dann wieder an's X3 zurück... :gruebel:

cheers, Tom
 
Ah, ok. Dann haben wir das gleiche Verständnis. Also ist Aftertouch grundsätzlich erst einmal eine physische Voraussetzung der Tastatur, was Du mit dem Band eigentlich gut vorstellbar beschrieben hast. Und polyphones Aftertouch würde bedeuten, dass kein "Band", sondern unter jeder Taste ein individueller Kontakt sein müsste. Das scheint mir nun aber ziemlich schwierig von der Programmierung vorstelle.
Ich gebe Dir recht, dass wohl kaum jemand wirklich für jede Taste unterschiedlich einen Controller programmieren wird, die Aufteilung auf verschiedene Zonen durchaus sinnvoll sein kann, was für mich mit einem Channel Aftertouch gleichkommt. d.h. für jede Zone, der ja typischerweise ein MIDI CH zugewiesen ist, kommt dann ein Aftertouch generierter Controller.
 
...dass wohl kaum jemand wirklich für jede Taste unterschiedlich einen Controller programmieren wird, ...
so läuft die Programmierung ja auch nicht ;)
der Controller (poly pressure) ist schon 'global' definiert, aber die Auswertung erfolgt pro Taste/Note
Wenn man beispielsweise Filter Cutoff zuweist, dann liessen sich bestimmte Noten mehr filtern, als andere.
Oder die Position von Tönen im Panorama verschieben, was (mit etwas reverb 'verschmiert') sehr dichte, lebhafte Flächen bringen soll.
Aber da pro Taste (wie erwähnt) 1 Sensor benötigt wird, bedeutet das entsprechenden Aufwand...
und da entscheidet das Kosten/Nutzen Verhältnis meist gegen polyphonen Aftertouch...

cheers, Tom
 
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Ich hätts gerne, sowie ein 2tes Modwheel (war immer etwas neidisch auf SY77/99)
(Sinnvolle) Controller kann man nie genug haben und nichts ist ergonomischer, als wenn der betreffende Controller nicht nur in der Nähe der Taste ist, sondern die Taste selbst.
Das man Aftertouch nicht für alle Sounds verwenden kann dürfte allerdings klar sein
 
... ob das PCR-800/500/300 polyphonen Aftertouch sendet oder nicht. Kannst du Licht ins Dunkel bringen?

Um nochmal auf die Frage einzugehen: der Monitor sagt immer nur was von "Mono Pressure". Es lässt sich im Split- oder Dual-Mode nicht einmal der AT für beide Zonen getrennt aktivieren - das PCR sendet also entweder mit beiden Zonenn AT oder gar nicht.
 
Also im Endeffekt genau das Verhalten, wie ich es auch hatte. Will man mehr als eine Zone getrennt mit AT steuern, kann man dies nicht unterscheiden :(
 
Dabei würde es ja schon helfen, wenn man das in einer Zone abschalten kann. Das wäre ja per Software problemlos möglich und die Kurzweils können das auch.

Zwei Modwheels hat übrigens auch der Akai Miniak, aber dort deswegen, weil die Tastatur gar kein Aftertouch unterstützt und das zweite Modwheel dies ersetzt und auch immer AT-MIDI-Daten sendet. Kann man auch mit leben aber für den typischen Solosound ist es halt schön, auf dem Modwheel Vibrato und auf Aftertouch ein leichtes Filteröffnen und ggf. ein leichteres Vibrato zu haben. Zusammen mit dem Pitchwheel wird das dann etwas schwierig, das zweite Modwheel auch noch mit der linken Hand zu bedienen, da wäre ein Fußpedal leichter. :)

Aber zurück zum Thema, hier mal eine Liste von Poly-AT-fähigen MIDI-Keyboards, die ich mal in einem anderen Forum gefunden habe:

VAX77
Kurzweil MIDIBoard
Roland A80
Roland A50
Ensoniq SQ-80
Ensoniq VFX
Ensoniq VFX-SD
Ensoniq ASR-10
Ensoniq TS-10
Sequential Circuits Prophet-T8
Yamaha DX1
SynthAxe
General Music GEM S Series workstations
Elka MK88 Master Controller

In der Liste war auch noch das Edirol PCR drin, aber wie wir ja jetzt wissen, ist das offensichtlich eine Marketing-Lüge. Man sieht, dass es sich hier fast ausschließlich um schon fast Vintage-Keyboards handelt, deren Verfügbarkeit und Langzeithaltbarkeit begrenzt sind.

Chris
 
Beim polyphonen Aftertouch werden per MIDI jeweils 2 Werte gesendet (Notennummer und Poly Pressure Wert), während beim monophonen Aftertouch nur ein Wert gesendet wird, der sich auf alle Noten auswirkt. Soweit ist es klar. Die Frage ist, wie man es sinnvoll einsetzten kann.
Da kommt es darauf an, was man mit dem Aftertouch steuert. Man könnte z.B. ein Tremolo damit steuern. Bei einem gegriffenen Akkord mit Streichersound, wäre es dann möglich, die "erste Geige" mit Tremolo erklingen zu lassen, während die anderen ohne erklingen.
In wie weit man sowas tatsächlich spieltechnisch umsetzen kann, ist wohl eine Frage der Gewöhnung und des Trainings.
Das ist ähnlich, wie beim Ansteuern unterschiedlicher Sounds per Anschlagdynamik.
 
Richtig, alles eine Frage des Trainings. Es macht ja schon Sinn, wenn man in einem Satz einzelne Stimmen hervorheben kann.
Gibt es überhaupt eine Logik mit der man über eine Tastatur beispielsweise drei unterschiedliche Klangerzeuger jeweils monophon spielen kann, wobei für jeden die Stimmlage festgelegt werden kann?
Also beispielsweise tiefster Ton Posaune, mittlerer Ton Tenorsax und Trompete immer als Oberstimme?
 
Du meinst also eine Art dynamische Zoneneinteilung? Das ist nicht trivial. Es kann ja, um bei deinem Beispiel zu bleiben, auch mal vorkommen, dass das Saxofon mal einen Ton aussetzt. Woher soll dann die Software, die die Töne auf verschiedene Zonen verteilt, wissen, ob die zwei gespielten Tasten für Posaune+Sax, Sax+Trompete oder Posaune+Trompete gelten sollen?

Wenn immer gleich viele Töne gespielt werden, dann kann man sowas natürlich machen. Mit mididings und einer speziellen Python-Klasse für Process() z.B., die sich merkt, welche Töne gerade gespielt werden und die MIDI-Events entsprechend ihrer Lage auf verschiedenen MIDI-Kanäle verteilt.

Der Autor von mididings hat auch schon eine dynamische Zonenaufteilung implementiert: FloatingKeySplit(). Wie gut das für dein Beispiel bei engen Bläsersätzen funktionieren würde, kann ich aber nicht sagen.

Chris
 
Verschiedene Klänge kann man über die Anschlagsdynamik steuern. z.B.
leichter Anschlag = Flöte
mittlerer Anschlag = Flöte + Streicher
starker Anschlag = Flöte + Streicher + Trompete

Theoretisch könnte man also 127 Klänge übereinander schichten, sofern man in der Lage ist punktgenau einen bestimmten Anschlagswert beim Spiel zu treffen.
:eek: :gruebel:
 
Ja, ist bekannt :), aber was hat das mit den bisherigen Antworten zu tun? Auf was beziehst du dich?

Funkeybrother ging es m.E. darum, dass bei einem mehrstimmigen Satz, dessen einzelnen Stimmen jeweils in die Lagen der anderen hineinreichen, jede Stimme trotzdem mit dem richtigen Instrument gespielt wird.
 
Wenn Funkybrother als tiefsten Ton eine Posaune, als mittleren Ton ein Tenorsax als höchsten Ton eine Trompete haben will, braucht er doch nur drei Tasten drücken, die er unterschiedlich stark anschlägt.

Möglicherweise verstehe ich das Problem aber auch miss und wir reden aneinander vorbei. :gruebel:
 
Woher soll dann die Software, die die Töne auf verschiedene Zonen verteilt, wissen, ob die zwei gespielten Tasten für Posaune+Sax, Sax+Trompete oder Posaune+Trompete gelten sollen?

Nun, das könnte man ja vorher festlegen - je nachdem, was gerade sinnvoll ist. Spielt man z.B. nur einen Ton fänd ich es gut, wenn einfach alle Stimmen unisono spielen.

Das ganze über Velocity-Layer zu steuern halte nicht für sinvoll - die Anschlagdynamik sollte weiterhin für die Lautstärke der einzelnen Stimmen zuständig sein.

Es geht auch nicht darum, dass ich das jetzt unbedingt gerade benötige.;)
Die Bläsersounds sind auch nur ein Beispiel. Ich wollte nur mal wissn, ob es sowas überhaupt schon gibt und ob es einen Namen für sowas gibt - außerdem dachte ich, dass es auch irgendwie hier reinpasst.
 
Nun, wenn Du es nicht über die Anschlagsdynamik steuern willst, wie dann?
Über Aftertouch - um beim Threadthema zu blieben - geht es ja freilich gar nicht, da der erst greift, wenn die Töne schon erklingen.

---------- Post hinzugefügt um 19:46:21 ---------- Letzter Beitrag war um 19:39:56 ----------

NACHTRAG:
Bei Yamaha Orgeln gab (oder gibt) es etwas, das in etwa in die Richtung geht.
Bei polyphonem Spiel erklingt bei der (monophonen) Lead-Stimme nur der höchste gespielte Ton; die anderen Stimmen erklingen polyphon. Allerdings klingen beim höchsten Ton die anderen Stimmen mit.
 

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