Ja ja. Grau ist alle Theorie ....
Kürzlich hätte ich beinahe einen Auftritt abgebrochen - und das will echt was heißen, ich bin sehr routiniert und erfahren. Aber was da abgelaufen ist, war unter aller Kanone, eigentlich slapstick-mäßig.
Wir waren für eine Hochzeitsfeier engagiert - bei den Sprößlingen einer Industriellendynastie, ich nenne keine Namen, aber die Leute haben richtig, richtig Schotter und sind keine Unbekannten
Wir sind eine versierte Combo, und wir sind in der Lage, zum Essen sehr dezent im Hintergrund zu spielen und die Anlage auf Zimmerlautstärke herunterzufahren, und wir haben im Laufe der Jahre auf zig Hochzeiten gepielt, ich kann sie wirklich nicht mehr zählen. Unerfahren sind wir also ganz bestimmt nicht, und gestern hat selbst der Wirt nur noch den Kopf geschüttelt.
Ausgemacht war, daß wir am Nachmittag ein Stündchen zum Champagner-Empfang im Garten spielen und abends drinnen zum Dinner, später dann zum Tanzen. Das übliche also.
Der Nachmittag ging gut, das Gelände ist sehr weitläufig, alle waren gut gelaunt und schlürften ihren Schampus und aßen Häppchen, die Location ist sowieso traumhaft, also dachten wir, das läuft rund wie üblich.
Aber kaum hatten wir drinnen den ersten Ton angespielt, kam (leider am ersten Tisch platziert) ein rotgesichtiger alter Sack im Frack angerauscht, der uns anherrschte, wir sollten gefälligt leiser spielen. In einem Ton, das könnt ihr euch nicht vorstellen! Wir also Anlage heruntergefahren, bis wir so leise waren, daß wir uns im Stimmengewirr kaum noch gehört haben. Der Kotzbrocken kam jedesmal, wenn wir einen neuen Song angespielt haben, wie von der Tarantel gestochen wieder und herrschte uns an. Von den Hochzeitsgästen und den Brautleuten, die uns ja schließlich engagiert hatten (!!), nahm keiner Notiz von diesem Geschehen. Beim fünften oder sechsten Song schrie er mich förmlich an, ich solle sofort mit dem
"Krawall aufhören", er wolle in Ruhe essen.
Jaha klar, Autumn leaves, Corcovado, Georgia on my mind und solche Sachen = Krawall.
Ich war wie versteinert, vor allem lasse ich mich ungern grundlos beleidigen. Und schon gar nicht von einem, der anscheinend glaubt, er könne sich wegen seines Geldes alles erlauben.
Ich musste mich schwer zusammenreißen, diesem Rüpel nicht irgend etwas zu entgegnen.
Jedenfalls mußten wir aufhören - was aber so nicht ausgemacht war.... trotzdem machten wir dem Brautpaar klar, entweder wird der gnädige Herr umgesetzt, oder es hat keinen Sinn, daß wir es wieder versuchen. Oh Mann, ich hab echt gekocht vor Zorn. Die Brautleute sagten, das sei sehr schwierig, der befehlsgewohnte, altersstarrsinnige Patriarch werde seinen Platz nicht räumen;
und dann saßen wir geschlagene zwei Stunden herum, bis der alte Knacker endlich von seinem Chauffeur in die Heia kutschiert wurde.
Dann wurde getanzt und wir konnten endlich ein bißchen aufdrehen.
Aber die Stimmung war komplett hin. Da hat uns nur noch die Routine gerettet.
Auf die Auszahlung der vereinbarten Gage habe ich bestanden und sie nach kurzem Hin und Her auch bekommen - und mich mal wieder gefragt, wie lange ich mir sowas eigentlich noch antun will.