Wo stehen wir momentan in den einzelnen Sparten Musik, Tanz und Lied? Was ist tradiert, was wird weiterentwickelt?
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Wo sind die Gemeinsamkeiten, wo die Unterschiede in regionaler Hinsicht?
Hier ein paar Beispiele für Musik, Tanz und Lied, denen man heute weiter oben im Nordosten begegnen kann. Abgesehen vom ersten Beispiel sind auf allen Videos auch Tänzer zusehen.
Kiewitttanz (trad.), gesungen und gespielt bei einem Vortrag in Schwerin.
Gespielt mit Dudelsack/Konzertina/Mandola + ein kurzes Stück Vortrag über Dudelsäcke in Mecklenburg von Ralf Gehler.
Ein altes Lied (
Frau Fischerin), kombiniert mit einer Neukomposition, gesungen und gespielt zum Tanz in Hamburg beim Winterwirbel.
Gespielt von Zeller/Suchanek einem Geigenduo, sozusagen eine der "klassischen" Tanzmusikbesetzungen im Norden (vermutlich nicht nur da).
Ein
Menuett, das u.a. in der Tanzsammlung Dahlhoff zu finden ist, gespielt von 2 Sackpfeifen und einer Geige zum Tanz.
Die Musiker sind: H.Haertel (A), M. Branschke (D), O. Gällmö (SWE). Gespielt und getanzt wird hier bei der allabendlichen Session beim Spielkurs Pipenbock in Dreilützow (MeckPom).
Die hier zu sehende Tanzform knüpft an die für Südschweden belegte Form des Menuetts ("Folkmenuett") an. Auf der Suche nach einer geeigneten Tanzform für die vielen Menuette in alten Tanzmusikhandschriften sind wir über die Tänzerin/Tanzlehrerin Anna Nyander (SWE) auf die Forschungsergebnisse ihres Großvaters zum "Folkmenuett" aufmerksam geworden. Sie und Andreas Berchtold (Tanzlehrer SWE) haben uns das dann beigebracht, jetzt wird es ausgewildert. Von der Grundform erinnert der Tanz übrigends an Bourrée (Spannung durch Spiegelung, Symmetriezentrum).
Wer jetzt einwendet, das wäre ja gar nicht deutscher Tanz, der sei daran erinnert, dass der Ostseeraum durchaus als ein teilweise einheitlicher Kulturraum anzusehen ist. Außerdem war zumindest ein Teil des heutigen MeckPom in der Zeit der Menuettblüte einfach schwedisch.
Die Besetzung Sackpfeife/Geige war in Mecklenburg eine typische Tanzmusikbesetzung im 17./18. Jh..
Ein
Weihnachtslied (Morgen Kinder wird's was geben) zum Tanz.
Ein
Teusch aus dem Notenbuch des H.N. Philipp (Seibis/fränk. Teil Thüringens) zum Tanz.
Beides gespielt von Zirp (Dresden), die ihre Musik als Hurdy Gurdy Fusion Folk bezeichnen (Drehleier/Flöten/Gitarre/Bass/Schlagzeug). Beides bei Veranstaltungen in Berlin.
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Was ist tradiert, was wird weiterentwickelt?
Die Melodien und Lieder sind überwiegend alt. Tatsächlich Tradiertes im Sinne einer generationenübergreifenden oralen Weitergabe ist eher selten. Die Verbreitung erfolgt wesentlich über Repertoirekurse, bei denen nach Gehör unterrichtet wird. Das generationenübergreifende kann sich vielleicht noch entwickeln.
Die Tanzformen gehen im wesentlichen auf Paartanzgrundformen (z.B. von Schottisch, Walzer, Polka, Mazurka) aus dem 18./19. Jh. zurück, tanzstilistisch rel. stark geprägt durch die balfolk-szene, aber auch mit Einflüssen vom Landler/Wickler-Tanzen u.ä..
Weiterentwickelt werden Tanz- und Spielstilistik und auch das Tanzrepertoire durch den Blick z.B. nach Osten (Mazurek) und Norden (Menuett), Polen und Südschweden sind näher bzw. nicht weiter weg als z.B. Bayern). Es gibt Ansätze alte Tanzformen (z.B. improvisierte Quadrillen) wiederzubeleben.
wo die Unterschiede in regionaler Hinsicht?
Unterschiede zu Süddeutschland:
Das Spielrepertoire ist nicht so stark von der Musik des 19.Jh. geprägt.
Es gibt keine Trachten, gespielt und getanzt wird im wesentlichen in Alltagskleidung.