Liebe Vocalbombshell,
ich habe mich zuerst gefragt, ob Dein Beitrag hier ernstgemeint ist. Nachdem ich einige Deiner Beiträge gelesen habe, bin ich zu der Einsicht gekommen, dass es Dir tatsächlich ernst damit ist. Zuerst einige klare Worte: Bitte bedenke, dass dieses Board nicht nur aus älteren, tiefenenspannten Semestern besteht, sondern auch aus teilweise sehr jungen Mitmusikern. Ich glaube schon, dass auch diese Gruppe Deinen Beitrag einzuschätzen weiß, aber Du solltest Dich trotzdem verantwortungsbewusst genug verhalten, Deine fragwürdigen Selbstexperimente und andere, nicht minder ungewöhnliche Vorgehensweisen hier
nicht als ernsthafte Problembewältigungen anzubieten.
Im Board werden aus nachvollziehbaren Gründen medizinische Beratungen nicht gerne gesehen und daher haben auch diesbezügliche Fragen einen schalen Beigeschmack. Kompetente Beratung hast Du Dir anscheinend schon bei einer entsprechend ausgebildeten Person (Arzt) geholt, von daher ist es unverständlich, dass Du ihn bei dieser Gelegenheit nicht das fragtest, was Du hier von uns wissen willst. Was Du mit Dir und Deinem Körper anstellst, ist Deine Sache, aber ziehe bitte das Board da nicht mit hinein!
Ich hoffe, dass trotz aller Direktheit meine Aussage nicht unhöflich erscheint.
And now for something completely different...
Jeder Gitarrist hat sein Spiel an seine körperlichen Gegebenheiten anpassen, das ist normal. Nicht normal ist es, seinen Körper an sein Spiel anzupassen. Du würdest erstaunt sein, wie viele Musiker trotz Behinderungen oder körperlichen Einschränkungen Gitarre auf einem sehr hohen Niveau spielen. Damit meine ich nicht nur Django Reinhardt oder Tony Iommi, sondern die große Anzahl von Musikern auch hier im Board, die wunderbare Musik spielen und wahrscheinlich stärkere Einschränkungen, als Du haben.
DESHALB klappt es mit den Barres nicht so easy wie bei Anderen und ich muss eine Art gebogene Barres machen und den Finger abgewinkelt auf die Saiten legen. Mein Mittelfinger is supergerade und wenn ich den Barre lege dann weiss ich wie wunderbar easy es alle anderen mit den Barres haben müssen. NEID!!!
Und? Wenn ich mit dem Mittelfinger einen Barre greife, dann klappt das auf Anhieb, den Zeigefinger muss ich ein Stück drehen, damit die einzelnen Saiten wirklich effektiv gegriffen werden und die Saiten, die unter einem Gelenk liegen, nicht schnarren. Das machen wohl die meisten Gitarristen so, die wenigsten kommen jedoch auf die Idee, ihre Finger deswegen umzulöten.
Außerdem, Du spielst (Deinen Beiträgen nach) seit vier Monaten Gitarre. Du erwartest zu viel von Dir. Gerade, wenn man schon einige Lenze mehr auf dem Buckel hat, sollte man sich in Geduld üben. Und da liegt doch das Problem, es ist nicht Dein Zeigefinger, sondern Deine Ungeduld und Deine überzogenen Ansprüche an Dich selbst. Akzeptiere Dich selber, inklusive Deines Fingers und sieh ein, dass die Dinge nicht über Nacht kommen! Mit Deinen Selbstzweifeln hilfst Du weder Dir noch Deinem Spiel.
Deine Ansprüche sind doch, dass Du Dich auf der Bühne mit Deiner Stimme begleitet durch Dein Gitarrenspiel präsentierst und das so gut wie möglich. Deine Kenntnisse an der Gitarre entsprechen jedoch denen eines Anfängers. Und auch hier kann man sich das Leben leichter machen:
Du kannst die Gitarre einen Halbton tiefer stimmen. Dadurch haben die Saiten weniger Spannung und lassen sich leichter greifen. Überdies wird Deine Stimme dieser Aktion dankbar sein. Das nächste ist, die Saitenstärke zu reduzieren (Anmerkung für die Mitlesenden: wir sind zwar im E-Gitarren-Forum, aber es handelt sich hier um eine Akkustikgitarre). Die Saiten auf einer Akkustikgitarre sind gerade für Anfänger meist eine Herausforderung. Etwas dünnere Saiten haben zwar keinen so vollen Klang, aber das Leben ist halt immer ein Kompromiss. Dünnere Saiten lassen sich eben einfacher bespielen. Es gilt das zu finden, was Spieltechnisch möglichst optimal ist und klangtechnisch am wenigsten Einschränkungen aufweist. Wenn Du das gemacht hast, dann sollte die Gitarre ordentlich eingestellt werden. Ich kenne akkustische Gitarren, die hatten eine Saitenlage, auf der nicht einmal King-Kong einen Barree ohne Zuhilfenahme einer Schraubzwinge hinbekommen hätte. Wollen wir hoffen, dass der Hersteller bei Deiner Gitarre an allem gespart hat, nicht aber an der Bespielbarkeit.
Mit diesen Dingen kannst Du schon viel erreichen, aber es geht noch weiter. Unter dem Motto: "Spiele, was Du kannst, übe was du nicht kannst!" solltest Du Deine Lieder so transponieren, dass Du keine Barreeakkorde spielen musst. Mit einem Kapo lassen sich dann die Songs in den Lagen anpassen. Auch die Bob Dylans dieser Welt machen es so, weil wirklich niemand Lust hat, zwei Stunden lang nur Barreeakkorde zu greifen. Falls das auch nicht hilft, schmeiße den Song aus der Set-List, bis Du diese Akkorde beherrscht.
Auch kann man sich Barrees vereinfachen, wenn es wirklich keine Alternative gibt. Ein F-Dur kann man auch mit nur vier Saiten spielen. Natürlich hört sich das nicht so toll an, aber auch ein offener D-Dur Akkord wird mit nur vier Saiten gespielt. Und er wird seit Generationen so gespielt, ohne dass deswegen die Welt untergegangen wäre, so what?
Ich schließe jetzt, irgendwie bin ich mir beim Schreiben wieder unsicher geworden, ob Dein Beitrag tatsächlich ernst gemeint war. Wenn, so ist Dein Finger das geringste Problem der ganzen Sache...
Alles Liebe,
Enno