Hallo Leute,
Satzgesang habe ich in verschiedenen Bands und verschiedenen Musikstilen gemacht.
Aus meiner Sicht (Tanzmucker) ist das üblicherweise stilübergreifend immer das gleiche Prinzip. Terzen klingen halt gut. Sexten auch (können wir als Umkehrung der Terz betrachten). Ich betrachte im folgenden ausschließlich mehrstimmigen harmonischen Gesang, wie er in den meisten Songs vorkommt, d. h. alle singen gleichzeitig den gleichen Text (kein Kanon, kein "hu"-Chor, kein Gospel mit Frage und Antwort [ganz weit vorne: Bläck Fööss, Dat Wasser vun Kölle]), aber in unterschiedlichen Tonlagen.
Gerade noch ein paar grundsätzliche Statements, bezogen auf vorherige Posts:
Ja, Terz drüber oder drunter stimmt meistens, die Tonart ist aber immer bei allen Stimmen die gleiche (keine A-Dur Stimme bei C-Dur-Musik).
Zwei Stimmen sind schwieriger als drei.
Chor- und Satzgesang würde ich hier synonym verwenden wollen.
Melodien orientieren sich üblicherweise an der Skala der Tonika, lange Töne und Töne auf betonten Zählzeiten sind meistens akkordeigene Töne der gerade aktuellen Harmonie.
Alle folgenden Beispiele sind bezogen auf C-Dur
Singt die Melodie ein C, singt die zweite Stimme ein E und die dritte ein G.
Welche Stimme drüber oder drunter singt, ist egal. Höher klingt meist besser. Im Zweifel hängt das von den Fähigkeiten der zur Verfügung stehenden Sänger ab.
Die meisten Melodien lassen sich in folgende Bruchstücke zerlegen (C-Dur):
c - d -e
e - f - g
g - a - c
(und jeweils die gleichen Tonfolgen rückwärts)
Die drei Bruchstücke zusammen klingen gut und vollständig. Die ersten beiden kann man zweistimmig singen. Verläuft die erste Stimme wie das dritte Bruchstück, können wir nur mit zwei Stimmen keinen schänen Verlauf hinbekommen, da wir nicht permanent im Terzabstand bleiben können.
Üblicherweise folgt zweite und dritte Stimme dem Verlauf der ersten. Geht die erste einen Ton hoch, tun das die beiden anderen auch. Ausnahme: im dritten Bruchstück sind es zwei Töne.
Verläuft die Melodie über einen Harmoniewechsel, können da auch schonmal gleiche Töne in der zweiten vorkommen. Beispiel:
Wechsel von C nach F, die erste singt c (C-Dur) - h (C-Dur) - a (F-Dur), dann würde die dritte g (C-Dur) - f (C-Dur) - f (F-Dur) singen. Die Zweite hätte ganz normal e - d - c.
Dass die dritte den letzten Tonabgang nicht mitmacht, fällt nicht weiter störend auf.
in Moll (a-moll) wären die Bruchstücke
a - h - c
c - d - e
e - g - a (mit "g" als kleine Septime statt der Sexte)
Machen wir das mal an einem Beispiel, damit wird auch das Problem zweier Stimmen ohne die dritte klar.
Alle meine Entchen, C-Dur
Al - le- mei- 1. c - d - e, 2. e - f - g, (3. g - a - c)
mei - ne - Ent 1. e - f - g, 2. g - a - c, (3. c - d - e)
Hier hätten wir dann den Fall, dass auf Entchen die erste ein g und die zweite, die bis hier auf "ne" schön im Terzabstand war, ein c und damit die Quarte zum g singt. Das klingt nicht mehr so schön.
Die nächste Zeile hat keine der Bruchstücke, hier sind einfach nur volle Akkorde
3. f - - - - f - - - f - - - f - - e
2. c - - - - c - - - c - - - c - - c
1. a - - - - a - - - a - - - a - - g
schwim - men - auf - dem - See
(F-Dur) (C-Dur)
Bei manchen Melodien wirds lästig, z. B Hotel California zweite Zeile "Warm smell of Colitas" endet auf ein fis zum A-Dur, das ist kein akkordeigener Ton.
Andere Sachen sind mit Abstand einfacher als das Federvieh von oben. "Let me entertain you" (Refrain) sind nur die Grundtöne des jeweiligen Akkords, die restlichen Stimmen nehmen halt, was übrig ist.
Gelegentlich wirds spannend, wenn die Melodie einen recht großen Tonumfang hat ("Summerwalkers" Runrig). Setzt man je eine Stimme dicht drüber und dicht drunter, bringt man mindestens einen der beiden Beisänger über seinen Tonumfang. Eine möglichkeit, das zu umgehen ist es, die zunächst drüberliegende zweite Stimme in die dritte rutschen zu lassen, damit bleibt sie in einem Tonbereich. Dann kann die dritte auch ohne große Sprünge die restlichen Töne über oder unter den beiden anderen Stimmen singen.
Weitere Möglichkeiten eröffnen sich, wenn mann mehr als drei Stimmen hat.
Beispielsweise vier:
Die erste ist klar, die drei restlichen müssen nur ungefähr folgen, Hauptsache, sie bleiben im Dreiklang. Damit kann man die ein oder andere Hürde umgehen, oder auch einfach die Übergänge zwischen den Harmonien gegenläufig zur Gesangsstimme machen.
Je nach Akkordfolge kann auch mal eine der Begleitstimmen auf die sieben wechseln, obwohl die erste auf einem Ton bleibt. Als Überleitung auf die Subdominante immer gerne genommen.
Beispiel: Wechsel von C nach F, e in der ersten
1. e - d - c
2. c - b - a
3. g - g - f
(egal, welche man hier die zweite und dritte nennt)
Mit meinen Bruchstücken hätte die Stimmführung so ausgesehen:
1. e - d - c
2. c - a - a
3. g - f - f
Geht auch, ist aber weniger elegant.
Viele Grüße,
Klaus