Alles was Du schreibst ist sicher richtig und scheint mir einem gebildeten und höfisch - vornehmen Spiel gerecht zu werden. Daran kann man sich orientieren - mehr oder weniger.
Je freier - desto kunstvoller, höfischer, gebildeter, snobistischer. Die "etwas andere Art" diente vielleicht auch dazu, sich abzuheben, zu etwas Besonderem zu machen bzw. seinen Stand in der Gesellschaft zu demonstrieren.
Hm, sich abheben - wovon denn? Sarabanden und ähnliches waren ja bereits höfische Musik, das wurde auf dem Dorf wohl eher nicht getanzt und musiziert.
Mit allen von Dir verlinkten Beispielen kann ich auch ziemlich gut mitgehen, aber Herr Ducande (das von mir zerpflückte Beispiel von Torsten) ist so extrem, dass meine metrische Toleranz nicht ausreicht... ist mir einfach im oben genannten Sinne zu abgehoben und scheint mir deshalb an den bewussten Stellen falsch und unmusikalisch. Womit wir wieder simpel sagen können - Geschmackssache...
Wenn dem so ist, dann ist doch alles gut. Prinzipiell findest Du die HIP-Spielweise also in Ordnung bis ziemlich gut, wenn es nicht zu extrem ausgeführt wird. Da habe auch ich irgendwo meine Toleranzgrenzen, wobei für mich dieses Beispiel noch im Rahmen bleibt. Ich kann ein anderes Extrembeispiel anführen, extrem zur anderen Seite hin (aus einer Zeit, als die Errungenschaften der historischen Aufführungspraxis sich noch nicht so durchgesetzt hatten wie heute). Karl Richter, ganz großer Name - aber vor allem seine Cembalointerpretationen waren mir immer schon ein Graus, viel zu mechanisch gespielt, für mich völlig seelenlos, dazu noch dieses schlechte moderne Cembalo:
Inwiefern kann der Einfluss eines HIP Cembalisten gut tun?
Man kann vor allem lernen, wie barocke Artikulation funktioniert, wie Verzierungen gestaltet werden, den Unterschied zwischen "guten" und "schlechten" Noten verstehen lernen etc. Und dann muß man einen Weg suchen, wie man das aufs Akkordeon übertragen kann, das geht ja nie 1:1, also vom Cembalo aufs Akkordeon oder von der Orgel aufs Akkordeon.
Natürlich kann einem das auch ganz egal sein und diese Musik mit anderen stilistischen Mitteln spielen. Glenn Gould war so einer ... Ich verehre ihn sehr, finde aber, dass sein Bach kein Bach mehr ist sondern vor allem Gould. Das kann ich akzeptieren, ist aber nie ein Weg für mich gewesen.
Die Frage ist, kann man sein Empfinden willentlich steuern und beeinflussen oder ist es naturgegeben?
Gute Frage, auf die ich auch keine Antwort weiß. Wenn man einen Gig hat und da wird dieses oder jenes verlangt und man kann schwer auf die Kohle verzichten - dann ist man zu vielem bereit, denke ich. Aber ob es wirklich die volle eigene Überzeugung ist?