SADIC
Registrierter Benutzer
Vorgeschichte:
(Nicht relevant für die Ergebnisse, wer nur die will weiter unten lesen.)
Jeder fängt mal klein an, und so hab ich gaaaaaanz am Anfang einfach die Saiten gekauft, welche grade im lokalen, zugegebenermaßen produkttechnisch etwas eingeschränkten Musikladen verfügbar waren. Recht schnell merkte ich, dass die Saiten bei mir nicht sehr lange halten. Alle 2 Wochen neue Saiten entwickelte sich zum Rhythmus. Das muss besser gehen, und so ging ich als Kind des Zeitalters, in dem für alles eine monetär erwerbbare Lösung zu haben ist, wieder in den Musikladen und schaute mich um. "Blue Steel" war das einzige Schlagwort, was mehr Haltbarkeit versprach. Zudem nahm ich noch Saiten von Gibson, ich weiss heute nicht mehr welche genau, die mit 14 € die teurersten im Regal waren. Die Blue Steel waren, durch die Blume gesagt, nicht so gut wie erwünscht ( ), und so blieb ich einige Monate bei den Gibson-Saiten. Der Glaube daran, das teuer auch gut ist und lange halten muss hielt mich bei der Stange.
Viele Monde später erspäte ich in den Tiefen des Internetzes eine Konsum-Seite mit einem großen T am Anfang. Natürlich wurde alles genauestens überprüft und begutachtet. Große Beachtung fanden die "Value-Strings" für einen Euro. Da könnte man ja 14 (!!) Sätze davon kaufen, statt nur einen von Gibson! Skandal! Das kann einfach nicht gut sein! Trotz allen Bedenken wurden zwei Sätze zur Probe bestellt.
Um es kurz zu machen: Ich verwendete diese Saiten danach Jahre. Sie hielten teils sogar länger als die preisintensivere Kunkurrenz, klangen nicht zu schlecht und, grob gesagt, man konnte sie genauso spielen wie die teuren Brüder. Den Umbruch brachte wieder einmal das Internet. Es gab viele Gerüchte und Disskusionen über alle Arten von Saiten, und grade meine geliebte Günstig-Besohlung kam oftmals nicht gut weg. Nach weiteren Monaten der Weigerung, mehr Geld auszugeben entschied ich mich doch um und kaufte gleich ein Paket aller möglichen Saitenhersteller.
Der Test möge beginnen!
Testvoraussetzungen:
Folgendes wurde verwendet:
- Schecter Blackjack 007
- Cort Classic Rock 250 (Les Paul Kopie)
- Engl Gigmaster 30
- Engl Fireball 100
- Peavey Bandit
Dieses Equipment verwende ich zu Hause und in meinen Bands. Die Saiten sollten zeigen, wie sie sich im Alltag schlagen, nicht im Labor. Natürlich hängt es viel davon ab wo ein Amp steht und so weiter, aber da kann man ein ganzes Buch schreiben wenn man will.
Am aussagekrätigsten ist hier der Gigmaster gewesen. Er steht immer am gleichen Fleck mit den immer gleichen Einstellungen. Für alle die es noch nicht erraten haben: Das ist mein Übungsverstärker zu Hause. Die Einstellungen sind recht einfach: Höhen mittig, leicht erhöhte Mitten und leicht abgesenkte Bässe. Ein Kanal auf Kristall klar, der andere grade so weit verzerrt, das es für Metal reicht. (Also für "echte Metaller" zu wenig und für "echte Rocker" zu viel Gain. )
Die Gitarren haben beide passive Tonabnehmer. Die Schecter recht modern klingende Seymour Duncans und die Cort die Classic Rocker ab Werk, welche sehr vintage klingen.
Es geht im gesammten Test nur um 10'er Sätze mit 6 Saiten. Die Schecter bekommt als 7. Saite immer eine Daddario 59'er, da 7-er Sätze nicht von allen Herstellern verfügbar und meistens recht teuer sind. Für die Cort verwende ich keine dickeren Saiten trotz kurzerer Mensur, da ich hier oft mit Slide spiele und deswegen eine ein höheres Setup habe, was mit strafferen Stahlseilen dann für schnelle Solos, Tapping usw. unangenehm ist / sein kann.
Der Test:
Wie bereits geschrieben habe ich die Saiten im Alltag verwendet und beziehe mich im folgenden auf meine subjektive Sicht und Einschätzung. Ich werde alle Sätze einzeln abhandeln. Eine Vergleichstabelle wird es am Ende nicht geben, da man dafür wieder einen richtigen Labortest machen müsste, alles andere wäre nicht aussagekräftig.
Warum heißt das ganze nun "Schweißpfoten-Test"? Ganz einfach: Ich hab extrem aggressiven Handschweiß. Ich hab keine klitschnassen Hände, aber mein Schweiß löst sogar die Beschichtung der Brücken innerhalb einer Woche, wenn ich die Gitarren nach dem spielen nicht sorgfältig abwische. Normale Schrauben von PU-Rahmen zeigen bei mir bereits nach einem Monat einen braunen Schimmer und wollen durch Edelstahl-Kollegen ersetzt werden. Ich denke diese beiden Beispiele reichen um zu zeigen, das alles Metal in meiner Nähe einer akuten Oxidationsgefahr ausgesetzt ist, was grade für Gitarrensaiten ein absoluter Härtetest ist.
Im folgenden gehe ich preislich aufwärts, und nun wollen wir (endlich) beginnen.
Harley Benton Valuestrings 010
Jahre lang gespielt. Und ich war zufrieden. Sie tun das was Saiten sollen und das war der Punkt, der für mich immer ausschlaggebend war. Erst als ich wieder anfing, bessere Saiten zu spielen, wurden mir die Nachteile bewusst.
+ Leicht zu spielen, vor allem Bendings
+ Haltbarkeit (ca. 2 - 3 Wochen) *
+ Preis
- Reißen sehr leicht
- Je nach Gitarre schwer zu montieren **
- Matter Klang
- Verstimmen sich schnell
* Die Angabe bezieht sich darauf, das das Instrument täglich gespielt wird. Ich wechsle die Saiten wenn sie sich unangenehm anfühlen, also wirklich rostig sind. 2-3 Wochen sind für mich schon ein guter Wert, alles darunter ist zu nervig durch andauerndes Wechseln.
** Die Saiten sind sehr weich und "ringeln sich" schon ab Werk. Sie liegen nicht grade wie andere Saiten, sondern in einer Kurve. Und wer schonmal dasaß, und versucht hat diese Saiten durch einen (String-thru) Korpus von Les Paul-Dicke zu bekommen, der kann sich auch noch blendend an den anschließenden Wutanfall und das verwünschen der Familen der Hersteller erinnern.
Eins kann man diesen Saiten aber nicht streitig machen: Sie sind bis heute die absoluten Preis-/Leistungs-Sieger. Zumindest für diejenigen, die mit den Abstrichen leben können. Am Besten eignen sich diese Saiten jedoch für Gitarren, die man kaum spielt. Wenn man das Instrument nicht saitenlos verkümmern lassen will, sind diese Sätze die wirtschaftlichste Lösung.
Harley Benton Coated Electric Guitar 010
Grob gesagt, die teurere und ummantelte Version der Value Strings. Anfangs war ich begeistert. Sie ringelten sich nicht so stark, kamen in einer schönen Hülle (Hey, das Auge isst mit!) und rissen nicht so schnell. Jedoch zeigte sich die Schwäche sehr schnell: Diese Saiten haben für mich "lebloser Klang" neu definiert. Man hat eigentlich nur eine Mittenfrequenz, Bässe und Höhen sind wie weggeschnitten. Für den Bandkontext absolut unbrauchbar und auch zu Hause nervte mich dieser Klang schnell. Aber man will nichts verschwenden und das "Anti-Rust"-Versprechen halten diese Saiten.
Der beste Anwendungsbereich hier ist wie bei den anderen Harley Bentons: Gitarrenlagerung. Gespielt ohne Amp klingen sie nicht so schlecht, sie halten die Stimmung besser als ihre Billig-Brüder und sie rosten erst nach langer Zeit. Welche sind nun besser für die Show-Gitarren an der Wohnzimmerwand? Ich würde die Ummantelten vorziehen. Die Haltbarkeit holt den Mehrpreis wieder rein und man kann das Instrument auch mal in die Hand nehmen und spielen, ohne danach mit Lappen und Fast Fret arbeiten zu müssen.
+ Haltbarkeit (ca. 7 - 8 Wochen)
+ Preis
- Immernoch schwer zu montieren, aber besser als die 1€-Sätze
- Lebloser Klang und keine Durchsetzungsfähigkeit
Daddario EXL110
+ ausgewogener Klang
+ Preis
+ Stabil ***
- Haltbarkeit (max. 1 Woche)
- Sehr straff, dadurch anstrengender zu spielen
*** Bezieht sich auf das Reißen der Saiten beim Aufziehen und unter Beanspruchung wie z.B. intensive Tremolo-Benutzung.
Lange Zeit meine "Auftrittssaiten". Guter Klang, aber unter meinen Fingern eine schlechte Haltbarkeit. Duch das schnelle rosten rückt die "Straffheit" der Saiten ins negative. Wenn die Saiten schon leicht angerostet sind ist es sehr unangenehm, wenn sie dann so stark in die Finger schneiden. Bei Bendings und Slides eine Qual, die nicht sein muss, wie andere Sätze zeigen. Trotz allem sind diese Saiten eine gute Wahl für "Nicht-Schwitzer" die einen ausgewogenen Sound schätzen. Da es aber hier um Schweißhände geht, kommen die Saiten leider nicht gut weg. Anwendungsbereich ist für einzelne Auftritte, den solange die Saiten frisch sind, sind sie wirklich gut.
GHS Gbl-Boomers
+ Preis
+ Stabil
- Haltbarkeit (1 - max. 2 Wochen)
- matter Klang
Diese Saiten fristen ein Nischenleben. Ich kenne kaum Leute, die sie benutzen, aber einige tun es mit inniger Liebe. Für mich sind sie die gereifteren Harley Benton Value-Strings. Das Ringeln, das Verstimmen und das Reißen sind weg. Die geringere Haltbarkeit ist negativ, ebenso das der Klang dem der HB's gleicht. Es sind nutzbare Saiten, aber sie haben ein Problem: Sie sind für viele zu teuer für den gebotenen Klang und die geringe Haltbarkeit, da man für nur wenige Cents mehr genau diese Nachteile bei anderen Sätzen nicht hat. Aus diesem Grund erkenne ich keinen sinnvollen Anwendungbereich.
SIT PS1046
Noch nicht ganz abgeschlossen, deswegen hier nur als Platzhalter genannt.
Pyramid Electric Strings 010-046
+ Preis
+ Stabil
+ Klang
- Haltbarkeit (1 Woche)
Noch ein Satz, der sich nicht aus dem Schatten traut und nur mit einer Eigenschaft glänzt, die dazu noch negativ ist. Ähnlich den Daddario EXL setzen sie schnell Rost an. Da kann leider auch der brauchbare Klang und die Stabilität nichts ändern, wenn es an den Fingern wehtut kommt der Satz runter. Trotz des humanen Preises ist das alles andere als wirtschaftlich und so kommt auch hier nur die Anwendung für einzelne Auftritte in Frage.
Es liegt hier noch ein 7-String-Satz von Pyramid rum. Mal schauen wie der sich noch macht.
Ernie Ball 2221
+ Stabil
+ Sehr schöner, höhenreicher Klang
+ Haltbarkeit (ca. 2 - 4 Wochen)
+ Angenehm zu spielen
Diese Saiten, galten sie für mich doch lange als der große teurere Bruder der Daddarios, haben mich überrascht. Kurzum: Von den unummantelten Saiten hält Ernie Ball einen der zwei Spitzen-Plätze. Dem einen oder anderen werden die ausgeprägten Höhen vielleicht nicht zusagen, aber insgesammt bekommt man fürs Geld viel Saite. Anwendunsgbereich ist wirklich das aktive spielen, egal ob zu Hause oder in der Band.
Daddario EPS510/EXLS510
+ (leicht metallischer) Klang
+ Stabil
+ Hoher Output
- Haltbarkeit (max. 1 Woche)
- Sehr straff, dadurch anstrengender zu spielen
- Ungewohntes Gefühl beim Sliden
Obwohl man Stainless Steel-Saiten eine bessere Haltbarkeit nachsagt konnte es hier nicht bestätigt werden. Im Grunde sind sie wie die EXL, nur mit mehr Output. Das genannte ungewohnte Gefühl beim Sliden muss man selbst ausprobieren, ich fand es nicht schön.
Anwendung wie die EXL.
Dean Markley 2556 REG Blue Steel
+ Normaler Klang
+ Stabil
- Haltbarkeit (1 Woche)
- Preis
Vielleicht bin ich auch schon von früher negativ beeinflusst, aber nachdem ich die Saiten nach Jahren mal wieder aufgezogen hatte bestätigte sich das Ergebnis von damals. Die Haltbarkeit ist mit dem Preis nicht zuvereinbaren. Und nach dem Test der Ernie Balls ist klar: 1 € teurer, bei weniger Sound und Haltbarkeit. Kein Anwendungsbereich.
DR Strings Tite Fit MT-10
+ (bisher) bester Klang
+ Stabil
+ Haltbar (ca. 2 - 4 Wochen)
- Preis
Kommen wir zum bisherigen König der unbeschichteten Saiten. Die DR-Strings habe ich ohne jede Vorkenntnis über die Marke gekauft. Die Packung protzte mit den runden Kernen, und so war ich sehr gespannt. Ich hatte die Saiten zuerst auf der Cort. Selbst auf dieses günstigen Gitarre, mit Tonabnehmern die eher wenig Höhen abbilden überraschte mich dieser offene und plastische Sound. Plastisch ist wirklich das beste Wort. Es nicht, als hätte man eine neue Gitarre, aber so als hätte das Instrument auf einmal das bekommen, was bisher gefehlt hat. Der zweite Test auf der Schecter bestätigte dies noch mehr.
Ob es an den runden Kernen liegt? Keine Ahnung, aber der Aufpreis lohnt sich hier. Die Ernie Balls punkten mit eine besseren P/L-Verhältnis, die DR's mit dem Sound.
Anwendung: Wie die EB's.
Daddario EXP110
+ ausgewogener Klang
+ Stabil
+ Sehr haltbar (ca. 8 Wochen)
- Preis
Daddario löst hier ein Versprechen ein. Die 4x längere Haltbarkeit ist kein Schwindel und diese Saiten haben sich zu meinen Lieblingen gemausert. Die einzigen, die diesen Titel noch streitig machen könnten sind die Elixier, die ich momentan noch teste. Der Preis ist gerechtfertigt und der Sound ist gut. Für alle, die das ständige Saitenwechseln Leid sind, kann ich diese Saiten nur empfehlen. Selbst für einen Auftritt musste ich keine neuen Saiten aufziehen, da die EXP noch lange einen guten Klang liefern.
Anwendung: Aktives spielen, meine Empfehlung für alle, die die gleichen Schweißhände haben wie ich!
Elixir Nanoweb Light
Noch im Test. Sie mussten gleich zu Anfang einen Auftritt absolvieren und haben bereits einen guten Start hingelegt. Ob sie aber am Gigmaster punkten kann ich noch nicht sagen.
Thomastik Power Brights Medium Light
+ höhenreicher Klang
+ Stabil
+ Aussehen ****
- Preis
- Haltbarkeit (max. 1 Woche)
**** Die Saiten sind leicht messingfarbenen. Das sieht zu einem gelblichen Binding wie bei meiner Schecter natürlich sehr lecker aus.
Leider muss ich den wiener Saitenherstellern den Kranz umhängen. Fast 11 € für einen Satz Saiten, der zwar gut aussieht, aber in der Haltbarkeit sehr in den schlechten Bereich ausschlägt. Ich kann weder die angepriesene Haltbarkeit, noch den höheren Output bezeugen. Ehrlich gesagt nervten mich die Saiten bereits am ersten Tag, da sie sich bereits während der Probe rau anfühlten.
Ich hoffe inständig, das es an meinem Schweiß liegt der sich absolut nicht mit dem Messing verträgt, denn zu dem Preis kann man keine Saiten mit einer derart geringe Haltbarkeit anbieten. Vielleicht kann jemand der nicht an solchen Korrosionsproblemen leidet wie ich mal seine Sicht zu den Saiten hier posten, weil ich ehrlich gesagt das Ergebnis selbst kaum glauben kann. (Obwohl es bei mir mehrfach bestätigt ist.)
Ein paar Worte zum Schluss:
Wie bereits gesagt, es handelt sich hier um meine Eindrücke, die mit meinem toxischen Schweiß gewonnen wurden. Kein Labor, und deshalb kann es sein das einige zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Warum mach ich das also? Ich möchte Anderen das Durchprobieren ersparen. Die Saiten die ich lobe haben sich lange bewährt, und so kann ich jedem ohne Gewissensbisse zu diesen Sätzen raten. Zudem ist die Haltbarkeit ja für alle Gitarristen ein Faktor, auf dem man sein Augenmerk legen sollte. Und selbst wenn ich nur ein paar Leute dazu bringe, selbst herumzuprobieren, hab ich auch schon etwas erreicht.
Was gibt es noch zu sagen? Der Test geht weiter. Wer will kann mir gerne sagen, welche Saiten er gerne getestet haben möchte, jedoch sollte man bedenken, das das Monate dauert.
Und zum Schluss möchte ich mich noch bei allen bedanken, die sich das alles bis zum Schluss durchgelesen haben. Eigene Eindrücke, Ergänzungen und ähnliches sind gerne gesehen (ich hab ja vielleicht auch irgendwo was vergessen).
Mfg Sadic
(Nicht relevant für die Ergebnisse, wer nur die will weiter unten lesen.)
Jeder fängt mal klein an, und so hab ich gaaaaaanz am Anfang einfach die Saiten gekauft, welche grade im lokalen, zugegebenermaßen produkttechnisch etwas eingeschränkten Musikladen verfügbar waren. Recht schnell merkte ich, dass die Saiten bei mir nicht sehr lange halten. Alle 2 Wochen neue Saiten entwickelte sich zum Rhythmus. Das muss besser gehen, und so ging ich als Kind des Zeitalters, in dem für alles eine monetär erwerbbare Lösung zu haben ist, wieder in den Musikladen und schaute mich um. "Blue Steel" war das einzige Schlagwort, was mehr Haltbarkeit versprach. Zudem nahm ich noch Saiten von Gibson, ich weiss heute nicht mehr welche genau, die mit 14 € die teurersten im Regal waren. Die Blue Steel waren, durch die Blume gesagt, nicht so gut wie erwünscht ( ), und so blieb ich einige Monate bei den Gibson-Saiten. Der Glaube daran, das teuer auch gut ist und lange halten muss hielt mich bei der Stange.
Viele Monde später erspäte ich in den Tiefen des Internetzes eine Konsum-Seite mit einem großen T am Anfang. Natürlich wurde alles genauestens überprüft und begutachtet. Große Beachtung fanden die "Value-Strings" für einen Euro. Da könnte man ja 14 (!!) Sätze davon kaufen, statt nur einen von Gibson! Skandal! Das kann einfach nicht gut sein! Trotz allen Bedenken wurden zwei Sätze zur Probe bestellt.
Um es kurz zu machen: Ich verwendete diese Saiten danach Jahre. Sie hielten teils sogar länger als die preisintensivere Kunkurrenz, klangen nicht zu schlecht und, grob gesagt, man konnte sie genauso spielen wie die teuren Brüder. Den Umbruch brachte wieder einmal das Internet. Es gab viele Gerüchte und Disskusionen über alle Arten von Saiten, und grade meine geliebte Günstig-Besohlung kam oftmals nicht gut weg. Nach weiteren Monaten der Weigerung, mehr Geld auszugeben entschied ich mich doch um und kaufte gleich ein Paket aller möglichen Saitenhersteller.
Der Test möge beginnen!
Testvoraussetzungen:
Folgendes wurde verwendet:
- Schecter Blackjack 007
- Cort Classic Rock 250 (Les Paul Kopie)
- Engl Gigmaster 30
- Engl Fireball 100
- Peavey Bandit
Dieses Equipment verwende ich zu Hause und in meinen Bands. Die Saiten sollten zeigen, wie sie sich im Alltag schlagen, nicht im Labor. Natürlich hängt es viel davon ab wo ein Amp steht und so weiter, aber da kann man ein ganzes Buch schreiben wenn man will.
Am aussagekrätigsten ist hier der Gigmaster gewesen. Er steht immer am gleichen Fleck mit den immer gleichen Einstellungen. Für alle die es noch nicht erraten haben: Das ist mein Übungsverstärker zu Hause. Die Einstellungen sind recht einfach: Höhen mittig, leicht erhöhte Mitten und leicht abgesenkte Bässe. Ein Kanal auf Kristall klar, der andere grade so weit verzerrt, das es für Metal reicht. (Also für "echte Metaller" zu wenig und für "echte Rocker" zu viel Gain. )
Die Gitarren haben beide passive Tonabnehmer. Die Schecter recht modern klingende Seymour Duncans und die Cort die Classic Rocker ab Werk, welche sehr vintage klingen.
Es geht im gesammten Test nur um 10'er Sätze mit 6 Saiten. Die Schecter bekommt als 7. Saite immer eine Daddario 59'er, da 7-er Sätze nicht von allen Herstellern verfügbar und meistens recht teuer sind. Für die Cort verwende ich keine dickeren Saiten trotz kurzerer Mensur, da ich hier oft mit Slide spiele und deswegen eine ein höheres Setup habe, was mit strafferen Stahlseilen dann für schnelle Solos, Tapping usw. unangenehm ist / sein kann.
Der Test:
Wie bereits geschrieben habe ich die Saiten im Alltag verwendet und beziehe mich im folgenden auf meine subjektive Sicht und Einschätzung. Ich werde alle Sätze einzeln abhandeln. Eine Vergleichstabelle wird es am Ende nicht geben, da man dafür wieder einen richtigen Labortest machen müsste, alles andere wäre nicht aussagekräftig.
Warum heißt das ganze nun "Schweißpfoten-Test"? Ganz einfach: Ich hab extrem aggressiven Handschweiß. Ich hab keine klitschnassen Hände, aber mein Schweiß löst sogar die Beschichtung der Brücken innerhalb einer Woche, wenn ich die Gitarren nach dem spielen nicht sorgfältig abwische. Normale Schrauben von PU-Rahmen zeigen bei mir bereits nach einem Monat einen braunen Schimmer und wollen durch Edelstahl-Kollegen ersetzt werden. Ich denke diese beiden Beispiele reichen um zu zeigen, das alles Metal in meiner Nähe einer akuten Oxidationsgefahr ausgesetzt ist, was grade für Gitarrensaiten ein absoluter Härtetest ist.
Im folgenden gehe ich preislich aufwärts, und nun wollen wir (endlich) beginnen.
Harley Benton Valuestrings 010
Jahre lang gespielt. Und ich war zufrieden. Sie tun das was Saiten sollen und das war der Punkt, der für mich immer ausschlaggebend war. Erst als ich wieder anfing, bessere Saiten zu spielen, wurden mir die Nachteile bewusst.
+ Leicht zu spielen, vor allem Bendings
+ Haltbarkeit (ca. 2 - 3 Wochen) *
+ Preis
- Reißen sehr leicht
- Je nach Gitarre schwer zu montieren **
- Matter Klang
- Verstimmen sich schnell
* Die Angabe bezieht sich darauf, das das Instrument täglich gespielt wird. Ich wechsle die Saiten wenn sie sich unangenehm anfühlen, also wirklich rostig sind. 2-3 Wochen sind für mich schon ein guter Wert, alles darunter ist zu nervig durch andauerndes Wechseln.
** Die Saiten sind sehr weich und "ringeln sich" schon ab Werk. Sie liegen nicht grade wie andere Saiten, sondern in einer Kurve. Und wer schonmal dasaß, und versucht hat diese Saiten durch einen (String-thru) Korpus von Les Paul-Dicke zu bekommen, der kann sich auch noch blendend an den anschließenden Wutanfall und das verwünschen der Familen der Hersteller erinnern.
Eins kann man diesen Saiten aber nicht streitig machen: Sie sind bis heute die absoluten Preis-/Leistungs-Sieger. Zumindest für diejenigen, die mit den Abstrichen leben können. Am Besten eignen sich diese Saiten jedoch für Gitarren, die man kaum spielt. Wenn man das Instrument nicht saitenlos verkümmern lassen will, sind diese Sätze die wirtschaftlichste Lösung.
Harley Benton Coated Electric Guitar 010
Grob gesagt, die teurere und ummantelte Version der Value Strings. Anfangs war ich begeistert. Sie ringelten sich nicht so stark, kamen in einer schönen Hülle (Hey, das Auge isst mit!) und rissen nicht so schnell. Jedoch zeigte sich die Schwäche sehr schnell: Diese Saiten haben für mich "lebloser Klang" neu definiert. Man hat eigentlich nur eine Mittenfrequenz, Bässe und Höhen sind wie weggeschnitten. Für den Bandkontext absolut unbrauchbar und auch zu Hause nervte mich dieser Klang schnell. Aber man will nichts verschwenden und das "Anti-Rust"-Versprechen halten diese Saiten.
Der beste Anwendungsbereich hier ist wie bei den anderen Harley Bentons: Gitarrenlagerung. Gespielt ohne Amp klingen sie nicht so schlecht, sie halten die Stimmung besser als ihre Billig-Brüder und sie rosten erst nach langer Zeit. Welche sind nun besser für die Show-Gitarren an der Wohnzimmerwand? Ich würde die Ummantelten vorziehen. Die Haltbarkeit holt den Mehrpreis wieder rein und man kann das Instrument auch mal in die Hand nehmen und spielen, ohne danach mit Lappen und Fast Fret arbeiten zu müssen.
+ Haltbarkeit (ca. 7 - 8 Wochen)
+ Preis
- Immernoch schwer zu montieren, aber besser als die 1€-Sätze
- Lebloser Klang und keine Durchsetzungsfähigkeit
Daddario EXL110
+ ausgewogener Klang
+ Preis
+ Stabil ***
- Haltbarkeit (max. 1 Woche)
- Sehr straff, dadurch anstrengender zu spielen
*** Bezieht sich auf das Reißen der Saiten beim Aufziehen und unter Beanspruchung wie z.B. intensive Tremolo-Benutzung.
Lange Zeit meine "Auftrittssaiten". Guter Klang, aber unter meinen Fingern eine schlechte Haltbarkeit. Duch das schnelle rosten rückt die "Straffheit" der Saiten ins negative. Wenn die Saiten schon leicht angerostet sind ist es sehr unangenehm, wenn sie dann so stark in die Finger schneiden. Bei Bendings und Slides eine Qual, die nicht sein muss, wie andere Sätze zeigen. Trotz allem sind diese Saiten eine gute Wahl für "Nicht-Schwitzer" die einen ausgewogenen Sound schätzen. Da es aber hier um Schweißhände geht, kommen die Saiten leider nicht gut weg. Anwendungsbereich ist für einzelne Auftritte, den solange die Saiten frisch sind, sind sie wirklich gut.
GHS Gbl-Boomers
+ Preis
+ Stabil
- Haltbarkeit (1 - max. 2 Wochen)
- matter Klang
Diese Saiten fristen ein Nischenleben. Ich kenne kaum Leute, die sie benutzen, aber einige tun es mit inniger Liebe. Für mich sind sie die gereifteren Harley Benton Value-Strings. Das Ringeln, das Verstimmen und das Reißen sind weg. Die geringere Haltbarkeit ist negativ, ebenso das der Klang dem der HB's gleicht. Es sind nutzbare Saiten, aber sie haben ein Problem: Sie sind für viele zu teuer für den gebotenen Klang und die geringe Haltbarkeit, da man für nur wenige Cents mehr genau diese Nachteile bei anderen Sätzen nicht hat. Aus diesem Grund erkenne ich keinen sinnvollen Anwendungbereich.
SIT PS1046
Noch nicht ganz abgeschlossen, deswegen hier nur als Platzhalter genannt.
Pyramid Electric Strings 010-046
+ Preis
+ Stabil
+ Klang
- Haltbarkeit (1 Woche)
Noch ein Satz, der sich nicht aus dem Schatten traut und nur mit einer Eigenschaft glänzt, die dazu noch negativ ist. Ähnlich den Daddario EXL setzen sie schnell Rost an. Da kann leider auch der brauchbare Klang und die Stabilität nichts ändern, wenn es an den Fingern wehtut kommt der Satz runter. Trotz des humanen Preises ist das alles andere als wirtschaftlich und so kommt auch hier nur die Anwendung für einzelne Auftritte in Frage.
Es liegt hier noch ein 7-String-Satz von Pyramid rum. Mal schauen wie der sich noch macht.
Ernie Ball 2221
+ Stabil
+ Sehr schöner, höhenreicher Klang
+ Haltbarkeit (ca. 2 - 4 Wochen)
+ Angenehm zu spielen
Diese Saiten, galten sie für mich doch lange als der große teurere Bruder der Daddarios, haben mich überrascht. Kurzum: Von den unummantelten Saiten hält Ernie Ball einen der zwei Spitzen-Plätze. Dem einen oder anderen werden die ausgeprägten Höhen vielleicht nicht zusagen, aber insgesammt bekommt man fürs Geld viel Saite. Anwendunsgbereich ist wirklich das aktive spielen, egal ob zu Hause oder in der Band.
Daddario EPS510/EXLS510
+ (leicht metallischer) Klang
+ Stabil
+ Hoher Output
- Haltbarkeit (max. 1 Woche)
- Sehr straff, dadurch anstrengender zu spielen
- Ungewohntes Gefühl beim Sliden
Obwohl man Stainless Steel-Saiten eine bessere Haltbarkeit nachsagt konnte es hier nicht bestätigt werden. Im Grunde sind sie wie die EXL, nur mit mehr Output. Das genannte ungewohnte Gefühl beim Sliden muss man selbst ausprobieren, ich fand es nicht schön.
Anwendung wie die EXL.
Dean Markley 2556 REG Blue Steel
+ Normaler Klang
+ Stabil
- Haltbarkeit (1 Woche)
- Preis
Vielleicht bin ich auch schon von früher negativ beeinflusst, aber nachdem ich die Saiten nach Jahren mal wieder aufgezogen hatte bestätigte sich das Ergebnis von damals. Die Haltbarkeit ist mit dem Preis nicht zuvereinbaren. Und nach dem Test der Ernie Balls ist klar: 1 € teurer, bei weniger Sound und Haltbarkeit. Kein Anwendungsbereich.
DR Strings Tite Fit MT-10
+ (bisher) bester Klang
+ Stabil
+ Haltbar (ca. 2 - 4 Wochen)
- Preis
Kommen wir zum bisherigen König der unbeschichteten Saiten. Die DR-Strings habe ich ohne jede Vorkenntnis über die Marke gekauft. Die Packung protzte mit den runden Kernen, und so war ich sehr gespannt. Ich hatte die Saiten zuerst auf der Cort. Selbst auf dieses günstigen Gitarre, mit Tonabnehmern die eher wenig Höhen abbilden überraschte mich dieser offene und plastische Sound. Plastisch ist wirklich das beste Wort. Es nicht, als hätte man eine neue Gitarre, aber so als hätte das Instrument auf einmal das bekommen, was bisher gefehlt hat. Der zweite Test auf der Schecter bestätigte dies noch mehr.
Ob es an den runden Kernen liegt? Keine Ahnung, aber der Aufpreis lohnt sich hier. Die Ernie Balls punkten mit eine besseren P/L-Verhältnis, die DR's mit dem Sound.
Anwendung: Wie die EB's.
Daddario EXP110
+ ausgewogener Klang
+ Stabil
+ Sehr haltbar (ca. 8 Wochen)
- Preis
Daddario löst hier ein Versprechen ein. Die 4x längere Haltbarkeit ist kein Schwindel und diese Saiten haben sich zu meinen Lieblingen gemausert. Die einzigen, die diesen Titel noch streitig machen könnten sind die Elixier, die ich momentan noch teste. Der Preis ist gerechtfertigt und der Sound ist gut. Für alle, die das ständige Saitenwechseln Leid sind, kann ich diese Saiten nur empfehlen. Selbst für einen Auftritt musste ich keine neuen Saiten aufziehen, da die EXP noch lange einen guten Klang liefern.
Anwendung: Aktives spielen, meine Empfehlung für alle, die die gleichen Schweißhände haben wie ich!
Elixir Nanoweb Light
Noch im Test. Sie mussten gleich zu Anfang einen Auftritt absolvieren und haben bereits einen guten Start hingelegt. Ob sie aber am Gigmaster punkten kann ich noch nicht sagen.
Thomastik Power Brights Medium Light
+ höhenreicher Klang
+ Stabil
+ Aussehen ****
- Preis
- Haltbarkeit (max. 1 Woche)
**** Die Saiten sind leicht messingfarbenen. Das sieht zu einem gelblichen Binding wie bei meiner Schecter natürlich sehr lecker aus.
Leider muss ich den wiener Saitenherstellern den Kranz umhängen. Fast 11 € für einen Satz Saiten, der zwar gut aussieht, aber in der Haltbarkeit sehr in den schlechten Bereich ausschlägt. Ich kann weder die angepriesene Haltbarkeit, noch den höheren Output bezeugen. Ehrlich gesagt nervten mich die Saiten bereits am ersten Tag, da sie sich bereits während der Probe rau anfühlten.
Ich hoffe inständig, das es an meinem Schweiß liegt der sich absolut nicht mit dem Messing verträgt, denn zu dem Preis kann man keine Saiten mit einer derart geringe Haltbarkeit anbieten. Vielleicht kann jemand der nicht an solchen Korrosionsproblemen leidet wie ich mal seine Sicht zu den Saiten hier posten, weil ich ehrlich gesagt das Ergebnis selbst kaum glauben kann. (Obwohl es bei mir mehrfach bestätigt ist.)
Ein paar Worte zum Schluss:
Wie bereits gesagt, es handelt sich hier um meine Eindrücke, die mit meinem toxischen Schweiß gewonnen wurden. Kein Labor, und deshalb kann es sein das einige zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Warum mach ich das also? Ich möchte Anderen das Durchprobieren ersparen. Die Saiten die ich lobe haben sich lange bewährt, und so kann ich jedem ohne Gewissensbisse zu diesen Sätzen raten. Zudem ist die Haltbarkeit ja für alle Gitarristen ein Faktor, auf dem man sein Augenmerk legen sollte. Und selbst wenn ich nur ein paar Leute dazu bringe, selbst herumzuprobieren, hab ich auch schon etwas erreicht.
Was gibt es noch zu sagen? Der Test geht weiter. Wer will kann mir gerne sagen, welche Saiten er gerne getestet haben möchte, jedoch sollte man bedenken, das das Monate dauert.
Und zum Schluss möchte ich mich noch bei allen bedanken, die sich das alles bis zum Schluss durchgelesen haben. Eigene Eindrücke, Ergänzungen und ähnliches sind gerne gesehen (ich hab ja vielleicht auch irgendwo was vergessen).
Mfg Sadic
- Eigenschaft
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