[Review] sE Electronics sE8 VE Kleinmembran-Kondensatormikrofon Stereo Set

Wil_Riker
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Einleitung

Nach meinen guten Erfahrungen mit dem V7 (hier hatte es mir optisch insbesondere die VE Vintage Edition angetan :cool:) ist als universelles Kleinmenbran-Kondensatormikrofon für Live- und Recording-Zwecke im Frühjahr 2023 das sE Electronics sE8 VE Stereo Set in meinem Bestand gelandet. In anderen Testberichten schneidet das sE8 im Vergleich zu deutlich teureren vergleichbaren Mikrofonen meist hervorragend ab - und die VE-Ausführung musste es für mich aufgrund der tollen Optik/Haptik sein ;). Die limitierte Vintage Edition wird bei unserem Board-Sponsor leider nicht angeboten, aber die meisten Anwender bevorzugen womöglich ohnehin das klassische "Kleine Schwarze" :D:

SE Electronics SE8 Stereo Set


Anm.: Zur Vollansicht der eingebundenen Fotos bitte einfach auf die Thumbnails klicken.


Technische Grundlagen "True Condenser" vs. "Back Electret"

Bevor wir zum eigentlichen Testbericht kommen, etwas Theorie (ansonsten einfach zum nächsten Kapitel weiterblättern ;)): Das sE8 ist im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern ein "Echt-Kondensatormikrofon". Natürlich gibt es kein falsches Kondensatormikrofon - die Bezeichnung dient lediglich zur Unterscheidung gegenüber einem Mikrofon mit Elektretkapsel. Worin besteht hier der Unterschied? Aus dem Schulunterricht erinnert man sich evtl. an die Funktionsweise eines Plattenkondensators: Hier werden zwei "Flächen" gegeneinander "aufgeladen", wenn eine entsprechende Spannung anliegt. Beim Mikrofon werden die Schwingungen der Luft in elektrische Impulse umgewandelt; Kondensatormikrofone besitzen dazu eine Membran, die beim Bewegung gegenüber einer aufgeladenen "Platte" Spannungsunterschiede erzeugt. Diese Platte wird beim Echt-Kondendensatormikrofon extern mit Hilfe der bekannten Phantomspeisung "P48" (+ 48 Volt) polarisiert. Bei der Elektretkapsel wird die Aufladung schon bei der Herstellung "eingefroren", und da die Platte (und eben nicht die Membran) diese dauerhafte Ladung trägt, ergibt sich die Bezeichnung "Back Electret". Wozu braucht dann aber ein Elektretmikrofon zum Betrieb trotzdem noch eine Phantomspeisung? Wegen der hohen Impedanz wird ein entsprechender Wandler direkt an der Mikrofonkapsel benötigt, der versorgt werden muss. Man sagt Echt-Kondensatormikrofonen eine bessere akustische Auflösung und höhere Pegelfestigkeit als die günstiger zu fertigenden Mikrofone mit Elektretkapseln nach.
Damit soll's an dieser Stelle gut sein - wer tiefer in die Grundlagen einsteigen möchte, nimmt als Einstieg am besten die folgenden Wikipedia-Artikel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kondensatormikrofon
https://de.wikipedia.org/wiki/Elektretmikrofon


Lieferumfang, technische Daten

Beim sE Electronics sE8 VE Stereo Set handelt es sich um ein "Matched Pair" der sE8 Mikrofone, d. h. die beiden Condenser sind lt. Hersteller nicht nur handgefertigt, sondern auch speziell selektiert; dies ist u. a. am Mikrofonschaft unten sowie direkt an der Kapsel durch ein "A" und "B" bei ansonsten identischer Seriennummer festgehalten (die entsprechenden Fotos sieht man weiter unten - hier habe ich die Nummern aber unkenntlich gemacht). Geliefert wird das Set in einem ansehnlichen Karton; lediglich durch einen Aufkleber wird signalisiert, dass es sich hierbei um die Vintage Edition handelt. Die Verpackung offenbart nach dem Öffnen einen chicen Alukoffer für den Transport des Sets.



Im Köfferchen sind neben den beiden Mikrofonen zwei Windschutz-Aufsätze, zwei Halterungen und eine Stereoschiene enthalten. Außerdem liegen zwei sE-Sticker und das Handbuch bei.



Widmen wir uns zunächst einmal den Mikrofonklammern: Im V7-Review hatte ich den für meinen Geschmack zu harten Kunststoff bemängelt - die sE8-Halter bestehen aus einem deutlich elastischerem Material, ohne aber wacklig oder zu weich zu sein :great:. Das Mikrofon lässt sich prima vom oben hineindrücken und hält danach zuverlässig, ohne zu verrutschen oder dass der Schaft verkratzt wird. Durch die Riffelung am unteren Ende ist die Klemme beim Aufschrauben auf die Stereoschiene oder ein Stativrohr sehr griffig. An einer Seitenwange ist das Markenlogo eingeprägt, und ein Gewindeadapter von 3/8" auf 5/8" ist ebenfalls mit dabei :).



Die Stereoschiene ist 30 cm lang und mattschwarz beschichtet. Vor der Montage der Mikrofonklammern muss man die o. g. Reduzierstücke entfernen, denn die beiden griffigen Vollmetall-Rändelschrauben besitzen (leider) ein 5/8"-Gewinde :nix:. Ein Mindestabstand beider Mikrofone von 6 cm ist möglich. Die Schiene selbst ist dank Adapter dann aber auch wieder für beide Gewindegrößen geeignet :):



Kommen wir jetzt endlich zum Mikro selbst: Es ist 12 cm lang, hat einen Durchmesser von 23 mm und wiegt satte 141 Gramm. Hatte ich schon erwähnt, dass mir die Hammerschlag-Beschichtung des Federstahl-Schafts in Grünmetallic ausgesprochen gut gefällt :engel:? Die Verabeitung ist tadellos, und die Kapsel in Chrom-Optik fügt sich gut in den Vintage-Look ein :hail:. Das sE-Schild ist leicht versenkt befestigt und die Produktbezeichnung gut lesbar aufgedruckt (auf dem Foto leider etwas unscharf :redface:).



Die Pins de XLR-Anschlusses auf der Unterseite sind goldbeschichtet. Am Schaftrand ist die Seriennummer (auf dem Foto anonymisiert) aufgedruckt.



Auf der "Rückseite" sind versenkt die beiden dreistufigen Schiebeschalter zur Beeinflussung der Klangcharakteristik angeordnet: Oben PAD (neutral oder Pegelabsenkung um 10 bzw. 20 dB) und Low Cut (deaktiviert oder bei 80 bzw. 160 Hz). Dadurch lässt sich das sE8 flexibel an den jeweiligen Einsatzzweck anpassen. Hier gefällt mir sehr gut, dass die neutrale Stellung jeweils in der mittleren Position zu finden ist :). Leider wird kein passendes Werkzeug zur Schalterbedienung mitgeliefert, so dass man dafür einen kleinen Schlitzschraubendreher oder zur Not einen Kugelschreiber in den Transportkoffer dazulegen sollte.



In Einsprechrichtung schützt ein engmaschiges Netz die Kapsel vor Beschädigungen und Plosivlauten.



Die Kondensatorkapsel namens SE8 lässt sich abschrauben. Der Mittelpin ist federgelagert und stellt den Signalkontakt her. Auch hier ist wieder die Seriennummer aufgedruckt (in Foto ebenfalls unkenntlich gemacht). sE Electronics bietet neben der standardmäßig mitgelieferten Nierencharakteristik optional ein Pärchen abgestimmter Kugelkapseln zum Wechseln an.



Apropos Kapsel: Der Frequenzverlauf ist zwischen 20 Hz und 20 kHz fast wie mit dem Lineal gezogen; lediglich bei bei 8 kHz ist ein kleiner Boost vorhanden, der "modern" klingt, ohne störendes Zischeln zu erzeugen. Die gleiche Kapsel steckt übrigens auch in sEs Grenzflächenmikrofon BL8.

full


Selbstverständlich gehört auch ein passender Windschutz zum Lieferumfang - hier direkt auf dem Mikro montiert, dass in Arbeitsposition in seiner Klammer auf den Praxistest wartet ;):




Praxistest, Fazit

Mein vor gut 2 Jahren begonnenes Review zog sich aus mehreren Gründen über diese lange Zeit hin: Zum einen werde ich regelmäßig mit Testobjekten versorgt, die allesamt nach wenigen Wochen weiter- oder zurückgeschickt werden müssen, zum anderen sind über einen längeren Zeitraum deutlich mehr und vor allen Dingen verschiedene Praxiseinsätze möglich, so dass hier nun ein großer Rundumschlag folgen kann :cool::
Zunächst einmal hören wir uns doch mal an, wie das Mikro im Heinstudio klingt! Da ich als weiteres Pärchen Kleinmembraner das Lewitt LCT 040 Matched Pair besitze, das nicht nur aufgrund seines günstigen Preises recht verbreitet (unter Musiker-Board Usern) ist, treten diese beiden Mikrofone nun direkt gegeneinander an - zunächst das SE8, dann das LCT 040 (jew. Mono):



Beide Mikros liefern tatsächlich etwa den selben Output und klingen erstaunlich ähnlich; beim genauen Hinhören findet man aber tatsächlich kleine und feine Unterschiede: Das sE8 klingt insgesamt etwas "runder", speziell im Bassbereich, und löst ein bisschen exakter auf. Ein hervorragendes Mikro, wobei das deutlich günstigere Lewitt sich hier doch verblüffenderweise nicht so deutlich schlechter schlägt, wie es der Preisunterschied vermuten lassen würde.

Da ich oft mit akustischen Instrumenten zu tun habe, durchliefen die beiden sE Stäbchen unterschiedliche Teststrecken: Akkordeons ohne eigene Tonabnehmer, Klarinetten, Mandolinen, Akustikgitarren, Kontrabässe und auch eine Teufelsgeige waren darunter. Es gab keine Situation, in der man erst lange herumschrrauben musste, um einen natürlichen und durchsetzungsfähigigen Klang zu erreichen :great:. Außerdem durfte das Stereo Set auch als Hauptmikrofonsystem für eine Chorbeschallung dienen (bei denen meine beiden LCT 040er "nur" Stützmikros waren) - ebenfalls ohne besondere Vorkommnisse ;).

Auch wenn mein Schwerpunkt auf Livesound und nicht auf Recording liegt, gab es einige Aufnahmesessions mit den beiden Mikros: Zum einen mit meiner Folkloreformation (an Klarinette und Kontrabass; Akkordeon, Gitarre und Mandoline besitzen hier jeweils eigene Tonabnehmer), sowie ziemlich direkt nach dem Kauf bei meinem Beitrag für das Board-Gewinnspiel Spring Break - Mach mal Party! - hier als Einzelexemplar am Akkordeon-Diskant (der Bass wurde mit einem Lewitt LCT 440 PURE abgenommen).

Insgesamt ist das Köfferchen mit dem sE8 VE Stereo Set bei entsprechenden Beschallungsjobs zu meiner ersten Wahl geworden. Hervorragend klingende Allrounder, geeignet für PA- und Recordingzwecke. sE Electronics hat hier ein tolles und absolut preiswertes Paket geschnürt, denn auch die Stereoschiene ist robust und praxistauglich konstruiert. Und die Hammerschlag-Optik ist ein zusätzliches i-Tüpfelchen, über das man direkt mit den Protagonisten ins Gespräch kommt, wenn er/sie ein sE8 gestellt bekommt :D...
 
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Danke für das interessante Review, das sicher hungrig gemacht hat (Kekse!!)

Mich hätte ein Vergleich zu den Austrian Audio CC8 und Neumann KM 184 interessiert - die natürlich in einer anderen Preisklasse sind.
 
...Wundschutz-Aufsätze,...

Kannst ja noch `n rotes Kreuz aufs Köfferchen kleben...;-)

Vielen Dank für das schöne review - insbesondere wegen des Vergleichs zur besseren Einschätzung!

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