Reizdissoanzen

  • Ersteller möchtegernbach
  • Erstellt am
möchtegernbach
möchtegernbach
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
06.07.22
Registriert
31.05.09
Beiträge
402
Kekse
118
frage: gelten reizdissonnzen in klassischer sicht als satzfehler?

Wenn der bass z.b a h c spielt während oberstimme ein c es ergibt sich ein a moll akkord aber während des durchgangs geschieht eine reizdissonanz

noch ein beispiel bass spielt e oberstimme g f e wieder ein durchgang als sextakkord von c dur e-f ergibt eine reizdissonanz

genau das gilt auch für vorhalte usw . werden vielleicht nur bestimmte gruppen tolleriert oder sind sie allgemein ausgeschlossen ?
 
Eigenschaft
 
Hallo möchtegernbach,
kurz zur Terminologie: Reizdissonanzen (übrigens ein sehr seltener Begriff) bezeichnen Töne im Sekundabstand, die einem Akkord hinzugefügt werden um das Klangbild absichtlich aufzurauhen. Wichtig dabei ist, daß solche Akkordbildungen einen klanglichen Eigenwert darstellen und somit in der Regel nicht auflösungsbedürftig sind. Daraus läßt sich erkennen, daß Reizdissonanzen eigentlich erst im Zuge der Spätromantik entstanden sind und ihre volle Entfaltung eigentlich erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts erfahren haben. Typische Beispiele findest du bei vor allem bei Komponisten wie Debussy, Ravel, Bartok, Stravinsky etc., aber z.T. auch schon bei Mussorgsky.

Nun zu deiner eigentlichen Frage: Durchgänge wie Vorhalte sind per definitionem dissonant! Wichtig hierbei ist, zwischen harmonischer bzw. kontrapunktischer Dissonanz zu unterscheiden. Die oben erklärten Reizdissonanzen fallen hierbei in die erste Kategorie, Durchgänge in die zweite. Vorhalte sind nochmal ein eigenes Thema, da sie letztlich irgendwo zwischen den Stühlen stehen.
Unter kontrapunktischer Dissonanz versteht man alles, was in die Kategorie der sog. Nebennoten fällt. Also dissonante Töne, die melodisch-horizontal motiviert sind. Neben den Durchgängen auch noch Wechselnoten, Vorausnahmen etc. All diesen Erscheinungen ist gemein, daß sie keinen Widerspruch zur Harmonik darstellen, ja nicht mal als Dissonanzen im eigentlichen Sinne wahrgenommen werden. Dafür lassen sich zwei Gründe angeben.
1. Linearität
2. metrische Stellung
Durchgänge und Co. stehen im Regelfall ausschließlich auf leichter, oder genauer gesagt, leichterer Zeit. Der gelegentlich erwähnte 'betonte Durchgang' bildet die Ausnahme, gehört aber eigentlich in den Bereich erweiterter Vorhaltsbehandlung.

Deine beiden Beispiele sind somit nicht nur unbedenklich, sondern der Normalfall.
In Bachschen Fugen finden sich z.B. gelegentlich sogar Durchgangsbildungen, die dermaßen dissonant sind, daß sie auf konventionellem Wege gar nicht mehr erklärbar sind, sondern nur noch über ihren linearen Verlauf.

Ich hoffe jetzt mal, das war hilfreich.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich meinte mit reizdissonanzen kleine sekunden und große septimen welche als harmoniefremde töne stehen wobei diese durch linearität der einzelnen stimmen geschehen wie ich oben in dem beispiel schon gezeigt habe , einen sept vorhalt auf durtonika kann ich mir unmöglich klassisch vorstellen. sind nun kleine sekunden bzw kleine nonen und große septimen im zusammenhang von kontrapunktisch geführten stimmen als harmoniefremde töne zu tolerieren oder gelten diese als falsch? und mit klassisch meine ich 1700. ich bitte um eine antwort ohne unnützige informationen .
 
Nachtrag:
Wenn ich mir deine bisherigen Posts so anschaue, werde ich mir immer sicherer, dich falsch verstanden zu haben.
War ein wenig irritert wegen des Begriffs 'Reizdissonanz', der tatsächlich der obigen Erklärung entspricht.
Kann es aber sein, daß du mit dem Begriff 'Reizdissonanz' explizit die b9 meinst? Also quasi im Sinne von 'Avoid Note'?
Zu diesem Thema kursieren ja allerhand Gerüchte und Halbwahrheiten.
Und auch wenn das ein Begriff ist, der der Jazztheorie entsprungen ist, gilt letztlich genau das gleiche, was ich oben zur kontrapunktischen Dissonanz geschrieben hatte.
Also im Durchgang etc. unbedenklich. Als harmonische Dissonanz dagegen mit Vorsicht zu genießen, wobei es auch da durchaus Möglichkeiten gibt, Avoid-Notes sogar sehr klangschön einzusetzen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
vielen dank
nur was heisst genau harmonische dissonanz ? ich würde erstmal zwischen vorhalten und wechselnoten nebennoten usw teilen
 
Einfachstes Beispiel wäre die Sept eines ganz banalen Dominantseptakkords. Also durch eine bestimmte harmonische Situation legitimierte Dissonanzbildungen.

Der Vorhalt spielt deshalb eine eigene Rolle, da er zwar melodisch motiviert ist, sich aber dennoch deutlich stärker auf den Zusammenklang auswirkt als der Durchgang.
Hierbei muß man also genauer differenzieren. Ob etwas legitim ist, hängt maßgeblich davon ab, zwischen welchen Akkordtönen sich das dissonante Intervall befindet.
Ein gern gemachter Fehler, häufig in der Popmusik aber auch tatsächlich bei Grieg oder Samuel Barber zu finden, ist ein Quartvorhalt, bei dem in einer der anderen Stimmen bereits der Auflösungston, also die Terz erklingt.
Die hierbei entstehende b9 verschmilzt mit dem Akkordklang und ist deshalb mit Vorsicht zu genießen.
Ensteht ein b9 Vorhalt allerdings z.B. zwischen Grundton und None einer Dominante in Moll, sieht das Ganze schon wieder anders aus.

Noch ein kurzer Nachtrag zum von dir erwähnten Septvorhalt bei einer Durtonika. Gerade in der Wiener Klassik begegnet man dem gar nicht so selten, jedoch nicht alleine, sondern in Kombination mit anderen Vorhaltsbildungen. Meist bleibt in den Oberstimmen gleich der ganze Dominantseptakkord hängen, während der Baß bereits zur Tonika weitergeht. Charakteristisch ist hierbei die Kombination von 7-8 und 4-3, wobei auch noch eine zusätzliche 9-8 mit dabei sein kann. Probier's aus und du wirst sehen, es klingt nach Haydn u. Co.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ein gern gemachter Fehler, häufig in der Popmusik aber auch tatsächlich bei Grieg oder Samuel Barber zu finden, ist ein Quartvorhalt, bei dem in einer der anderen Stimmen bereits der Auflösungston, also die Terz erklingt.

Na ja - >>> guck mal
 
Unter kontrapunktischer Dissonanz versteht man alles, was in die Kategorie der sog. Nebennoten fällt. Also dissonante Töne, die melodisch-horizontal motiviert sind. Neben den Durchgängen auch noch Wechselnoten, Vorausnahmen etc. All diesen Erscheinungen ist gemein, daß sie keinen Widerspruch zur Harmonik darstellen, ja nicht mal als Dissonanzen im eigentlichen Sinne wahrgenommen werden
:confused:

Das lässt mich doch tatsächlich zaudern. Bislang hatte ich die Begrifflichkeit Kontrapunkt soweit verstanden, dass eine Bewegung mindestens 2er Stimmen beschrieben wird. Da gibt es die
  • parallel motion
  • contrary motion
  • oblique motion
Also entweder bewegen sich die Stimmen mit dem gleichen Intervallschritt in die gleiche Richtung, in entgegengesetzter Richtung oder eine Stimme bleibt unverändert während sich die andere annähert oder distanziert.
Aber diese Nebennoten bestimmen doch gerade die Art der Bewegung, insofern ist ihre Wertigkeit mit Neben eher vom minderen Typ und wird somit eigentlich nicht der Stellung gerecht. Die Dissonanz ist doch ein wesentlicher Bestandteil in der Wahrnehmung.

Kapier ich wohl nicht! Wer weiss?
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben