Liebe Leute,
dass hier eine gewisse krasse Diskussion nicht ausbleiben würde, war ja zu erwarten. Ich möchte da mal vorsichtig was anmerken, auch an alle, die so gut "Bescheid wissen": Macht Euch klar, dass Ihr nichts wisst über die Flüchtlinge. Ich hab z.B. mal bei einer großen Info-Veranstaltung zum Thema Flüchtlinge den Ton gemacht und mich da auch mit ein paar von denen unterhalten. Jeder hat einen unterschiedlichen Hintergrund. Manche sprechen keine Sprache, die ich spreche, andere fließend Englisch. Sie sind aus verschiedenen Gründen hier, und vielleicht sind manche auch schlicht sog. Wirtschaftsflüchtlinge. Die allermeisten von ihnen haben aber eine Leidensgeschichte hinter sich, die wir uns nicht im Ansatz vorstellen können. Auch da muss man einsehen, dass die einem das nicht erzählen wollen, um des eigenen Seelenfriedens willen. Wir selbst erzählen ja auch nicht jedem, wie es uns wirklich geht. Wir sagen "gut, und Dir?" und belassen es dabei.
Was ich sagen will: Jeder ist anders, jeder hat seine persönliche Geschichte. Das ist bei uns "Nichtflüchtlingen" doch nicht anders. Die eine schwört auf Metal, der andere auf Jazz, die eine hatte eine glückliche Kindheit, der andere tröstet sein inneres Kind nach Kräften. Jedes Leid ist individuell. Der eine heult, weil sein Auto eine Beule hat (so ein oberflächlicher Typ!), der andere, weil die Gitarre einen Macken hat (der mit dem Auto versteht das nicht) und der dritte ist womöglich gar nicht so unfroh, dass er gerade eine Liebe verloren hat (mein Gott, wie kann man da nur froh sein?). Der Knackpunkt von Toleranz liegt darin, Leid nicht zu bewerten, denn es ist für jeden anders, an was er wie viel leiden muss.
Am Ende geht es um all das eben nicht. Es geht darum, dass jeder willkommen sein soll, egal was er erfahren hat. Es geht auch nicht darum, die Welt zu retten. Es geht um eine Geste den Ankömmlingen gegenüber, ein Signal den Meckereren gegenüber und vor allem ganz viel darum, eine gute Zeit zu haben, alle zusammen, egal woher, wie alt, welches Geschlecht. Man könnte es auch einfach Inklusion nennen.
Aber einen muss ich noch rauslassen: Wer jetzt überall brüllt, dass die uns die Haare vom Kopf fressen, den frage ich: Warum hast du nicht gebrüllt, als wir in Afghanistan einen Krieg angefangen haben? Der hat uns ca 1,5 Millionen Euro gekostet – jeden Tag! Da hat auch keiner die große Pleite befürchtet. War ja auch weit genug weg, die Geschichte.
Viele Grüße
Schwob