Gedanken zum Stereoproblem - Auslöschung von mittigen Signalen mittels Phasenumkehr eines Kanals
Gedanken zu dieser Methode: Es gibt im Stereosignal nur rechtes und linkes Signal. Ein mittiges Signal existiert nicht - wofür auch? In einer normalen 2.0-Stereo-Lautsprecheranordnung ist es nicht möglich, ein mittiges Signal auszugeben. Dafür wäre ein 3.0-System notwendig.
Das ganze sind Gedankenspiele, die mir im Zug durch den Kopf gegangen sind und gleich ins Laptop geschrieben wurden. Seid mir nicht böse, wenn es hier jetzt drunter und drüber geht.
Wie funktioniert das?
Die Methode beruht darauf, die Stimme aus einem Stereosignal zu eliminieren. Voraussetzung für eine gute Funktion ist die Tatsache, dass das Vocals-Signal in der Stereomitte liegt. Ist das nicht der Fall, funktioniert das nicht.
Grundsätzlich bedeutet "mittig", dass das Vocal-Signal mit gleichem Pegel auf linkem und rechten Kanal liegen.
Signale, die im Stereopanorama verschoben sind, haben links und rechts einen unterschiedlichen Pegel.
Als Beispiel für eine nicht funktionierende Auslöschung soll das Signal y=sinx und das Signal y= 0,5 sinx dienen, hier die beiden Funktionen in der Darstellung:
Nehmen wir an, sinx liegt links und 0.5sinx liegt rechts. Das entspricht einer Dämpfung des linken Signals um -6dB auf dem rechten Kanal (stimmt das?, also das Signal liegt meines Erachtens nach 50% links).
Die Phasenumkehr eines Kanales ist nichts anderes als die Mulitplikation der Kurve mit -1. Nehmen wir an, es wurde der rechte Kanal invertiert. Es ergeben sich die Kurven y=sinx links (bleibt) und y=-0,5sinx rechts.
Jetzt das Resultat, was entsteht, ist durch Addition der beiden Kurven sichtbar: Es entsteht ein Gesamtsignal mit einer Amplitude von -6dB gegenüber y=sinx, was einem Signal von y=0,5sinx entspricht. 20*log(1/2)=-6dB.
In unserem Kopf entsteht also der Eindruck, das gesamte Signal sei um 6dB schwächer als das Originalsignal. Die Auslöschung hat nicht vollständig funktioniert.
Addierte Kurven:
Nimmt man jetzt an, dass wie vorausgesetzt links und rechts
die gleiche Amplitude herrscht. Links liegt y=sinx und rechts liegt nach der Inversion (Phasenumkehr) y=-sinx.
Es ergibt sich logischerweise eine Amplitude von 0 = Vollständige Auslöschung.
(überflüssiges Bild
)
Soweit so gut.
Das funktioniert in der Praxis nicht so gut, weil unsere schönen Aufnahmen natürlich in keinster Weise aussehen wie eine schöne Sinusfunktion. Es sei denn, einer von euch beeindruckt seine Zuhörer gerne mit Piepstönen oder möchte den braunen Ton reproduzieren.
Immer, wenn ich bei einem normalen Stereotrack eine Seite invertiere und zur anderen addiere (Mixdown machen) lösche ich nicht nur die mittigen Vocals, sondern auch die dort liegende Snaredrum, Bassdrum, Bassgitarre,... aus. Zusätzlich bleiben von den genannten Instrumenten noch Artefakte im Signal übrig - diese stammen z.B. von Stereo-Signalen, die nicht nur durch reine Pegeldifferenzen sondern auch durch Laufzeitdifferenzen erzeugt wurden. Versucht man, laufzeitverschobene Signale mit der Methode auszulöschen, entstehen gruselige Kurven. Zur Verdeutlichung mal der Versuch, y=sinx mit y=0,5sin(x+1) auszulöschen. Man sieht, das die Frequenz zugenommen hat und zusätzlich ein DC-Offset dazu gekommen ist. Die Kurve ist auf der y-Achse in den negativen Bereich verschoben. Uaghs, nicht gut für Audio!
Folgender Ansatz:
Man addiere zum linken Originalkanal den invertierten rechten Kanal und addiere zum rechten Originalkanal den invertierten linken Kanal. Das löscht die mittigen Signale aus. Praktisch würde das durch den gleichzeitigen Mixdown eines nicht nur phasen- sondern auch kanalinvertierten Signals zum Originalsignal passieren.
Doch was passiert dabei gleichzeitig? Ich hab jetzt auf dem linken Kanal auch Sounds des rechten Kanals, und zwar die, die z.B. 100% rechts gepannt waren, Overheads oder Gitarrendopplungen. (Umgekehrt das gleiche).
Ich habe jetzt in REAPER einfach zweimal den gleichen Track geladen: Face Down von The Red Jumpsuit Apparatus, 192kbit/s mp3.
Track 1 bleibt ganz normal.
Bei Track 2 kann man als "Item Settings" "Reversed Stereo" einstellen, was der Kanalumkehr entspricht. Des Weiteren aktiviere ich den phase-inversion-Schalter. Die Folge: Vocals weg, grauenhafter Sound. ABER ES GEHT!!!!
Das einzige, was man noch sauber hört, sind die nach außen gepannten Gitarren und ein bisschen Overheads. Ich würde sagen, als Karaoke nicht zu gebrauchen. Aber es geht!
Deutlich hörbar übrigens das hochfrequente Fiepsen der laufzeitverschobenen Stereo-Signale, deren Auslöschung versucht wurde. Klingt wie ein mp3-File mit 56kbit/s.
Okay, und jetzt versuche ich, aus dem Originalsignal die Vocals rauszuholen und alles, was außen liegt zu eliminieren. Dafür hab ich Folgendes vor: Einen Mixdown erstellen mit dem grauenhaften "Karaoke"-Signal. Das importiere ich wieder und "addiere" es phaseninvertiert zum Original-mp3...mal sehen was das wird...
Okay, funktioniert nicht
. Das Hinzufügen des invertierten Mixdowns zum Original hat keinen Effekt auf den Sound. Es passiert einfach nichts - zumindest nichts hörbares.
Sorry für dieses zusammenhanglose Gelaber, das ist eher eine Gedankenniederschrift. Vielleicht meldet sich ja noch jemand mit wirklich Ahnung dazu...
Viele Grüße
Moritz
EDIT: Wer das gelesen hat, verdient meinen höchsten Respekt.