...Improvisationslehre für Beginner? Bzw. einen bestimmten Ansatz?
Aus meinem Blickwinkel als Jazz-Amateur finde ich eine einfache Form und wenige Noten als Ausgangspunkt gut, damit sich die Aufregung bezüglich der "neuen Herausforderung" legen kann und der Spaß an der Sache sofort erlebbar wird. Die folgenden Klangbeispiele sollen lediglich einen ersten Eindruck der Stücke vermitteln, weil ein Schüler das "Real Book"-Jazz Repertoire meistens noch nicht kennt. Sie sind natürlich nicht als direkte Vorlage gedacht, denn mehr als das Thema wird sich davon auf absehbare Zeit von den meisten Schülern vermutlich nicht übernehmen lassen. Schon bald können aber vielleicht einzelne "Licks" herausgehört und in eigene Solos übernommen werden. Diese Strategie wird für das Improvisieren häufig empfohlen und wurde unter anderem von
Clark Terry formuliert.
Einen praktischen Einstieg findet man z.B. mit dem
C-Jam Blues von Duke Ellington.
Als Schüler kann man anhand dieses Themas als Erstes lernen, dass eine gute musikalische Wirkung selbst mit nur ein bis zwei Tönen möglich ist. Abgesehen von speziellen Arrangements ist eine einfache Blues-Form die Grundlage. In Stücken des klassischen Swing der 30er und 40er Jahre finden sich unzählige "Riffs", die als Bausteine zum Heraushören, Anpassen an harmonische Situationen und die eigene "Lick-Samlung" gut geeignet sind.
Inhalt der ersten Lektion könnte sein, die Wirkung einer rhythmischen Platzierung von Tönen zu erfahren. Das könnte man als ersten Übungsdialog am Instrument verwenden. Das Frage und Antwort-Schema ist der einfachen Blues-Form immanent, man könnte einem Schüler durch "vorspielen - nachspielen" und später "vorspielen - durch Variation antworten" als Frage & Antwort-Spiel in der Form erleichtern, sich auszuprobieren.
In den nächsten Unterrichtseinheiten könnte man nach und nach die Werkzeugkiste der Improvisation aufmachen, neben der rhythmischen Variationen von Tönen des Themas z.B. einfache oder evtl. zunehmend komplexere An- und Umspielungen von Akkordtönen. Für eine gute Tonvorstellung könnte man Phrasen auch zunächst (nach-)singen lassen, erst dann spielen und der Schüler soll beurteilen, wie weit sich beides deckt.
Nach der Konzentration auf Akkordtöne könnte es darum gehen, die Möglichkeiten mit Tonleitermaterial zu erweitern. Naheliegend wären der Dur- und Moll-Modus der Pentatonik und die Erweiterung zur Blues Scale (1, 2, [b3], 3, 5, 6, 1; 1, b3, 4, [b5], 5, b7, 1). Anschließend könnte man mit Material einer bluesgeeigneten diatonischen Skala arbeiten, am Beispiel C Jam Blues etwa durchgehend C dorisch improvisieren oder durchgehend C mixolydisch.
Die gewonnenen Erfahrungen in Improvisation könnte man dann auf Standards mit einfachen Akkordprogressionen übertragen lassen, z.b.
Satin Doll.
Die Herangehensweise könnte wie beim Blues sein:
Frage-Antwort Interaktion von Lehrer und Schüler, Möglichkeiten mit Akkordtönen ausprobieren durch rhythmische Variationen sowie An- und Umspielungen, Pentatonik anwenden, mit Material der Tonika-Tonleiter spielen - soweit es geht...
Als neuen Lerninhalt könnte man dann den Bezug von Harmonien zu Akkordskalen einführen und einige der Möglichkeiten im Umgang mit Dominantseptakkorden erfahren lassen.
Als stilistische Erweiterung könnte man nun den Latin einführen (z.B.
Song For My Father,
Blue Bossa,
The Jody Grind).
Ein weiteres Thema könnte anschließend Moll sein, z.B. Moll-Blues (z.B.
Equinox,
Mr. P.C.), Modalität (z.B.
Impressions), Kennlernen der II - V in Moll: IIm7b5 - V7b9, (z.B.
Peace).
Gruß Claus