Oktavreinheit bei Westerngitarre

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Hallo Leute,
Thema is bestimmt schon behandelt worden ich find aber nix, deshalb frag ich mal in die Runde.
Hab auf meiner Westerngitarre die Saiten gewechselt und jetzt is die Oktavreinheit weg. Seitenstärke müsste eigentlich gleich geblieben sein. Hab hier mal zwei Fragen:
1. Kann es sein dass neue Saiten, trotz gleicher Stärke wie die vorherigen, die Oktavreinheit stören?
2. Kann ich die Oktavreinheit bei einer Akustikgitarren selber einstellen? Wenn ja wie?
 
Eigenschaft
 
Sie sollte sich nicht stark geändert haben, ein wenig ist aber normal. Spiel die Saiten erstmal ein paar Tage ein, bis sich alles richtig gesetzt hat. Welche Saiten sind es eigentlich?

Die Oktavreinheit kann bei den meisten Akustikgitarren nur durch das zurechtfeilen/schleifen der Auflagepunkte an der Stegeinlage eingestellt werden.
 
Saiten haben unterschiedliche Zugstaerken, da kann schonmal minimal was auseinandergehen.
Allerdings sollte es nicht so stark bemerkbar sein, dass die Oktavreinheit "weg" ist. Wieviele cent bist Du denn weg?
Einstellen kann man da nicht viel, der Steg, respektive die Stegeinlage ist ja nur maximal 2 mm dick.
 
Mit einem elektronischen Stimmgerät lässt sich die Oktavreinheit ganz gut prüfen. Hat man die Gitarre EAdghe gestimmt, muss im 12. Bund auch EAdghe abzulesen sein. Ist der Ton zu hoch ist die Saite zu kurz, ist der Ton zu tief, ist die Saite zu lang. Mit etwas handwerklichem Geschick kann die Stegeinlage für die abweichende Saite so umgefeilt werden, dass sie mit einer Kante nach hinten die schwingende Saite verlängert bzw nach vorn verkürzt. Bei Westerngitarren ist die 2. Saite in der Regel der Übeltäter und muss mit einem Schliff der Stegeinlage nach hinten verlängert werden.
 
Ich frag jetzt mal dumm, ist die Stegeinlage bei Dir lose und hast Du sie beim Saitenwechseln ggf. entnommen und falsch rum wieder eingesetzt? Korrekterweise ist die Stegeinlage im Profil leicht abgeflacht und die flache Seite zeigt in Richtung hinterer Gurtpin (damit die Saite nicht über eine 'scharfe' Kante läuft). Möglicherweise ist die Einlage auf der Seite der tiefen E Saite auch höher.
Durch Saitenwechsel Oktavreinheit verlieren kann ich mir sonst nicht erklären.
 
Durch Saitenwechsel Oktavreinheit verlieren kann ich mir sonst nicht erklären.

Ein einflußreicher Faktor bezüglich Oktavreinheit von Saiten ist die Steifigkeit.
Der Reflexionspunkt der Schwingung ist nicht genau an den Auflagepunkten sondern mehr oder weniger in den Schwingungsbereich hineinverschoben.
Wenn man die anderen Faktoren von unterschiedlicher Zugkraft, Saitenlage bzw. die Saitenzugerhöhung beim Greifen außer acht lässt und nur die Steifigkeit betrachtet dann hilft nachfolgendes theoretisches Beispiel beim Verständnis des Problems:
Mensur = 650 mm --> Annahme: die Reflexionspunkte sind um je 1 mm in den Schwingungsbereich verschoben.
Schwingungslänge Leersaite: 650 - 2 mm = 648 mm
Schwingungslänge Oktave: (650/2) - 2 mm = 323 mm --> die Oktave klingt in diesem Fall etwas höher, da die halbe Schwingungslänge 324 mm betragen müsste.

Auch bei gleicher Saitenstärke und Zugkraft gibt es schon Unterschiede in der Saitensteifigkeit --> dies hat mit den verwendeten Kerndraht- und Umwicklungsdrahtdurchmessern, mit der Kerndrahtform (hexagonal, roundcore), mit eventuellen Beilagen (z.B. Seide), mit dem Wicklungsprozess (Kompaktheit, mehr oder weniger stark aufgepresst), ect. zu tun.

steifigkeit.gif


Unter Wissenswert - Intonation bei Gitarrenbau Gropius ist diese Problematik neben den anderen Faktoren gut erklärt.
 
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Ok, so genau wusste ich das noch nicht, sehr schöner Beitrag von Dir, wie so häufig.

Das klärt für mich jedoch die Fragestellung immer noch nicht vollständig.

Ist der Reflexionspunkt bei gleicher Saitenstärke so unterschiedlich das sich das Saitenmaterial nennenswert auswirkt? Wenige Cent kann ich mir bei den umsponnenen Baßsaiten schon vorstellen, aber bei den blanken Saiten?

Gropius erklärt damit ja die Grundlagen für die Erfordernis eines kompensierten Stegs. Er schreibt bei Stahlsaiten von 2, bzw. 5mm zur Kompensation des unterschiedlichen Saitenzugs und der unterschiedlichen Steifigkeit der Saiten; um wieviele mm müsste sich der RP den verlagern, damit wir von Abweichungen im nennenswerten Cent-Bereich reden? Beim Stimmen sind die Saiten - zumindest bei mir - auch eher gering ausgelenkt?
 
Ist der Reflexionspunkt bei gleicher Saitenstärke so unterschiedlich das sich das Saitenmaterial nennenswert auswirkt?
Wenige Cent kann ich mir bei den umsponnenen Baßsaiten schon vorstellen, aber bei den blanken Saiten?

um wieviele mm müsste sich der RP den verlagern, damit wir von Abweichungen im nennenswerten Cent-Bereich reden?
Beim Stimmen sind die Saiten - zumindest bei mir - auch eher gering ausgelenkt?

Das hast Du richtig erkannt --> bei den blanken Stahlsaiten gleicher Stärke (also wenn die Oktave mit 012 und 016er Saiten für e und b gestimmt hat und man wieder diese Saitenstärken verwendet) dürfte kein merkbarer Unterschied aufgrund der Steifigkeit auftreten --> obwohl auch Stähle deutlich unterschiedliche Steifigkeiten bzw. Biegsamkeiten aufweisen können (aber die Stahldrahtsorten bei den üblichen Westerngitarrensaiten sind doch eher sehr ähnlich).

Bei den umsponnenen Saiten halte ich einen Unterschied des Reflexionspunktes zwischen zwei gleichdicken Saiten von bis zu 3 mm durchaus möglich. (manchmal merkt man ja gleich beim Auspacken und Handhaben von Saiten eine mehr oder weniger vorhandene Biegsamkeit).

Zum vorher genannten Beispiel 650-2 bzw. 325-2: in dem Fall würde der Oktavton um 5,35 Cent zu hoch sein.
Bei einem Unterschied des Reflexionspunktes von 2 mm an einer Seite würde der Oktavton um ca. 11 Cent höher sein. Bei 3 mm Differenz des Reflexionspunktes an einer Seite um ca. 17 Cent.

Auch der Anschlag der Saite (zarter oder kräftiger Anschlag) bewirkt einen merkbaren Unterschied.
Die Saite schwingt ja nicht nur in einer Sinusschwingung, sondern der Ton der erklingt setzt sich ja aus vielen Obertönen (ganzzahligen Vielfachen der Grundschwingung) zusammen. Die möglichen Obertöne sind sehr empfindlich auf Saitensteifigkeit bzw. dessen verschobenen Reflexionspunkt --> da können durchaus sehr schräge Frequenzen mitschwingen.
Erfahrungsgemäß ist es so, dass eine sehr geringe Abweichung der Oktave bei sehr zartem Anschlag bei einem im Vergleich viel heftigeren Anschlag auch etwas stärker wird.


Nachfolgend ein Klangspektrumbeispiel eines einzelnen Gitarrentones --> diese Grafik habe ich irgendwo in anderen Beiträgen, die ich gerade jetzt nicht finde auch schon beigefügt, um die Komplexität eines einzelnen Gitarren-Tones zu veranschaulichen (ist vermutlich nur für jene interessant, die technisch bzw. mathematisch begabt sind und solche dreidimensionalen Diagramme lesen können).
125186d1264362362-besaitung-fuer-open-g-mittenreicher-klang-klangspektrum-eines-gitarrentones.jpg


Abschließend: In der Praxis spielen alle Faktoren (Saitenzug, Saitenart, Materialien, Anschlagart, Saitenlage, Halskrümmung, Stimmgerät, ect.) gemeinsam eine Rolle und beeinflussen sich gegenseitig --> oft ist es nicht leicht ersichtlich wo hauptsächlich eine Ursache eines Fehlers verborgen liegt.
 
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..interessanter, wenn auch inzwischen betagter thread (der aber nicht wirklich an Aktualität verlieren dürfte).
Ich denke, ich habe die Zusammenhänge einigermaßen kapiert ;)

die praktische Frage, die sich da für mich anschließt: gibt es überhaupt eine Möglichkeit, gezielt Saiten nach dem "Erscheinungsbild" der Oktavunreinheit zu kaufen?
In meinem Fall: Westerngitarre (Epiphone EJ-200CE N 2012 Indonesien) ist auf allen Saiten passabel oktavrein, selbst am 17. Bund gecheckt ordentlich (Saiten Elixir Nanoweb 80/20 Bronze, 12/53), die tiefe E reisst aber deutlich aus (abgegriffen zu hoch). Ich habe das schon mal bei einer alten 12-strings und Martinsaiten erlebt so ähnlich (Oktavreinheit der tiefen und hohen E lagen völlig auseinander, da hat sich ein freundlicher Verkäufer tatsächlich mal die Zeit genommen, einfach unterschiedliche Sätze auszuprobieren, bis es am Ende passte ... aber eben mit reinem Ausprobieren ...)
Tendenziell: müsste das eine stärkere oder eine dünnere Saite beheben können?
Und: sollte es an der Steifigkeit liegen: gibt es überhaupt diesbezüglich klar definierte Saiten, deren Specs ich finden könnte? und wäre das "steifer" oder "weniger steif" die Lösung?
 
Zuletzt bearbeitet:
man kann sich auch evtl. eine etwas breitere Stegeinlage besorgen und diese entsprechend zurechtfeilen.
 
Tendenziell: müsste das eine stärkere oder eine dünnere Saite beheben können?

Es müsste eine dünnere Saite sein.

Ich hab Dir mal ein Foto gemacht wie man eine konventionelle 3 mm starke Stegeinlage zurechtfeilen kann um die Oktavreinheit der E-Saite zu kompensieren. Darauf kann man auch erkennen dass die dicke Saite an der Stegeinlage sehr hart geknickt wurde, was beim aufziehen der Saiten extrem wichtig ist.

IMG_0237.jpg
 
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