In der Praxis ist jede Gitarre etwas oktavunrein, deshalb stimmen viele auch pro Lied nach der Grundtonart (so, dass der 1. Stufenakkord absolut sauber klingt, dafür verschieben sich dann die anderen).
Hier möchte ich noch ein wenig ergänzen, beziehungsweise korrigieren.
Etwas Hintergrundwissen: Tonabstände werden in Intervallen angegeben (Terz, Quarte, Quinte, Oktave). Diese Intervalle sind auf physikalischer Ebene (Schwingungen) logarhithmisch. Deshalb werden z.B. die Abstände der Bundstäbchen immer kleiner und bleiben nicht gleich.
Eine Oktave entspricht exakt der Halbierung der schwingenden Saite (dabei muss auch das Herunterdrücken und die Dicke der Saite berücksichtigt werden. Das ist aber relativ simple Mathematik).
Wenn jetzt eine Gitarre nicht oktavrein ist, bedeutet dass, dass alle Oktaven auf dieser Saite inkorrekt sind (also etwa E-E, F-F, A-A). Aber es sind in Folge auch alle Oktaven mit anderen Saiten unrein, wenn diese Saiten korrekt sind.
Unser Gehör hat eine gewisse Toleranz in der wir ein Intervall als "rein" wahrnehmen und als das nämliche erkennen. Diese Toleranz hängt extrem von der Art des Intervalls ab.
Bei einer Oktave sind wir sehr kompromisslos und erkennen schon sehr kleine Abweichungen. (Bei einer Terz etwa lassen wir uns Abweichungen von bis zu einem Achtelton relativ problemlos gefallen)
Deshalb ist die Oktave als "Testobjekt" besonders gut geeignet um die Reinheit einer Stimmung zu überprüfen. (Außerdem geht das dann sehr einfach mit den Obertönen)
Prinzipiell sollte eine Gitarre aber oktavrein sein, wenn der Gitarrenbauer etwas Ahnung von der Materie hat, weil das im Grunde wirklich nur Mathematik ist. Bei E-Gitarren lässt sich die Oktavreinheit auch durch Reiter einstellen. Bei akustischen Gitarren bis zu einem gewissen Grad durch sogenannte "kompensierte" Stegeinlagen oder auch Sättel. Hier mal ein Bild:
http://www.guitarpartscanada.com/images/Earvana.jpg
Dass sich soetwas nicht im "unter 100€" Segment findet, versteht sich von selbst, es gibt aber durchaus Gitarren für 250-300€ die serienmäßig soetwas mitbringen.
Man kann davon ausgehen, wenn eine Gitarre schon nicht oktavrein ist, dann ist sie es bei allen anderen Intervallen erst recht nicht. Zudem können sich solche Effekte addieren (eine Saite zu hoch, nächste zu niedrig, schon ist die Abweichungen zwischen den Saiten sehr groß).
Beim Neukauf würde ich schon darauf achten, dass eine Gitarre oktavrein ist.
Oft wird hier auch der Begriff "bundrein" aufgeworfen, was prinzipiell bedeutet, dass die Töne in allen Bünden rein sind. Das ist aber mit geraden Bundstäbchen einfach nicht erreichbar, und spielt auch in unserem Stimmungssystem eigentlich keine Rolle, weil wir uns nicht im reinen Stimmungssystem aufhalten, sondern in der sogenannten Temperierten Stimmung, wo alle Intervalle (außer der Oktave!!!) eine gewisse prozentuale Abweichung aufweisen.
Dass jemand seine Gitarre auf die Grundtonart einstimmt hab ich ehrlich gesagt noch nie gehört. Ehrlich gesagt wüsste ich momentan auch nicht wie das vonstatten gehen sollte. Aber vllt kann uns korns children das mal erklären?
Du schriebst, dass dann der erste Stufenakkord sauber klingt. Aber wenn der erste sauber klingt, sollten prinzipiell auch alle anderen sauber klingen. Und selbst wenn es da Unterschiede geben sollte (was ich momentan noch nicht so ganz glaube), was hab ich dadurch gewonnen, wenn mein erster Stufenakkord (Tonika) sauber klingt, aber etwa die vierte und fünfte Stufe (Subdominante und Dominante) nicht? Diese Akkorde kommen mindestens genauso oft vor..
Aber ich bin da für jedes begründete Argument offen ;-)