Ah ja. Er soll also vom Eight Voice über den OB-X und den OB-Xa bis zum OB-8 alles abdecken. Na ja, nicht ganz alles, Matrix-* kann er nicht, aber die Dinger sind ja auch fast schon virtuell-modular.
Ich hör sie aber schon jammern:
- "Mimimi, kein OKOF" (hatte letztmalig der Eight Voice, und der bestand aus 8 SEMs und war nicht voll speicherbar – richtig gelesen, der OB-X war schon nicht vollbeknopft)
- "Mimimi, keine Wheels" (das is'n Oberheim, der hat zwei Hebel; wenn ihr einen Moog oder Prophet wollt, dann kauft euch einen)
- "Mimimi, digitale Hüllkurven" (erwartet ihr, daß jede Hüllkurve pro Stimme dreifach in analogen Schaltkreisen vorhanden ist, also jeweils eine OB-X-Schaltung, eine OB-Xa-Schaltung und eine OB-8-Schaltung pro Hüllkurve und Stimme?)
- "Mimimi, wiegt mehr als 10 Kilo"/"Mimimi, baut tiefer als ein Nord Electro" (da stecken 16 analog-diskrete VCOs, 8 analog-diskrete State-Variable-VCFs und acht analog-integrierte VCFs drin, damit euer Scheiß-"Jump"-Sound genau wie bei Eddie klingt, das geht nur in so schwer)
- "Mimimi, ich hör Unterschiede zu meinem 10.000-€-OB-X von 1979" (wenn ich dir noch einen OB-X danebenstell, der zwei Seriennummern entfernt ist, wirst du auch Unterschiede hören)
- "Mimimi, klingt nicht so fett wie ein Moog" (nochmal, wenn ihr einen Moog wollt, dann kauft euch einen)
- "Mimimi, klingt nicht so fett wie ein originaler OB-X" (wenn der so fett klänge wie ein originaler OB-X, würde er sich auch so schnell verstimmen wie ein originaler OB-X; auch bei Moog kann man nicht die ultrahyperfetten Oszillatoren eines 1967er Moog IIIc und gleichzeitig die Stimmstabilität von Omnisphere haben)
Konsequenterweise müßte es den OB-X8 eigentlich auch im 80er-Jahre-Inter-Mailand-Look und vielleicht auch in SEM-Beige geben.
Ich hatte mich ja eigentlich nur gefragt, ob sich das Ganze angesichts der vermutlich verschwindend kleinen Zielgruppe kommerziell überhaupt rechnen wird.
Was glaubst du, warum originale Vintage-Polysynths aus den späten 70er/frühen 80er Jahren so exorbitant teuer sind?
Vermutlich nicht unberechtigt, wenn man in ein paar Jahren technischen Support bzw. Ersatzteile benötigt und das Produkt mangels verkaufter Masse eingestellt wurde...
An Ersatzteile für die Originale kommt man noch bedeutend schlechter.
Der OB-X8 wird für 5,699,- € angeboten.
Zum Vergleich:
1980 OB-Xa 12.423,- DM
1981 OB-Xa 14.230,- DM
o.A. OB-8 12.500,- DM
Jetzt gucke man sich zum Vergleich mal
die Gebrauchtpreise für OB-X, OB-Xa und OB-8 auf Syntacheles an, die schon ein paar Jährchen alt sind. Seit 2020 steht da ein OB-Xa für 7200 € drin. Fast genau der 1981er Neupreis.
Davon, was solche Synths in der Bucht erzielen können, will ich gar nicht erst reden. Zumindest erreichen sie noch nicht solche Mondpreise wie Yamaha CS80 oder Memorymoog.
Ich finde es ja prinzipiell auch schön, sehe es aber selber eher aus der praktischen Perspektive des Livemuggers, der neben analogen auch noch einen ganzem Sack voll anderer Sounds anbieten möchte und keinen Bock mehr auf die Schlepperei hat ( ich bin auch schon mit 4 Keys und Leslie auf der Bühne gestanden).
Die Feinheiten von „Sweetspots“ eines Filters gehen live i.d.R. sowieso verloren.
Aber klar - wer Zuhause oder im Studio aufnimmt, für den ist das Teil mit Sicherheit toll…
Diese Synths werden zu 99% in Studios gehalten.
Ein typischer Irrglaube hier im MuBo ist, daß die Zielgruppe für elektronische Musikinstrumente aller Art beinahe (oder tatsächlich) ausschließlich Keyboarder in Rock- oder Top40-Coverbands mit zwei Gitarristen sind, die ihre Livemucke auf Stadtfestbühnen abliefern, über deren räudige PA im allgemeinen Frequenzmulm sowieso alles dieselbe Matschepampe ist und ein MODX oder ein Nord Stage einen Yamaha CS80, einen PPG Wave, ein NED Synclavier oder einen Moog 55 zu 99,9% vollwertig ersetzen könnte (aber eine Hammond B3 mit Leslie 122 nicht mal zu 10%). Daß auch noch andere Hersteller als Roland, Yamaha, Korg, Kurzweil und Nord bestehen können (ich sag nur Electron, Novation, Waldorf, UDO Audio, Erica Synths, Malekko, Bastl Instruments), scheint hier völlig unbegreiflich zu sein, weil deren Zeugs zum Livemucken unnötig bis unbrauchbar ist.
Genauso ist es ein Irrglaube, daß sich der Einsatz im Studio auf eine winzigkleine Anzahl an Leuten beschränkt, die alle die Musik komplett neu erfinden wollen und sich in keinster Weise auf die Vergangenheit beziehen wollen. Wenn dem so wäre, warum kostet dann heute noch eine gebrauchte Roland TB-303 mehr als so manch eine nagelneue Workstation?
Wie erklärt sich außerdem, daß das Nachbarforum™ immer noch gut frequentiert wird, ohne daß da auch nur ein einziger reiner Bandmucker rumläuft? Alles Sockenpuppen? Oder wie erklärt sich der anhaltende Erfolg der Superbooth? Interessieren sich wirklich tausende Bandkeyboarder für eine Messe, wo es um den Faktor 100 mehr Eurorack als Hammond/Rhodes-Klone gibt und sich die Leute bei Korg nicht wegen Nautilus scharen, sondern wegen des Minisynth oder Reissue du jour? Wo die Leute den Nord Stage mit dem Arsch nicht angucken, aber meterlange Schlangen vorm Korg Minilogue oder vorm gerade frisch gedroppten Novation Peak bilden (Quelle: dagewesen und selber gesehen)?
Die Zeiten sind sowieso vorbei, in denen der Hardwaresynthesizer im Studio tot war. Komplett in-the-box arbeiten eigentlich nur noch Rookies, denen es an Budget und/oder Ahnung fehlt und die, wenn überhaupt, nur auf YouTube releasen, plus ein paar Hipsters, die sich und anderen ständig beweisen müssen, wie geil ihr MacBook doch ist.
Wer Ahnung hat und es ernst meint, hat längst erkannt, daß echte Hardware zum einen zugänglicher ist und zum anderen, wenn sie analog oder zumindest hybrid ist, jede Software-Emu aus dem Wasser bläst. Nicht eine Software-303 hat auch nur den Hauch einer Chance gegen einen Analogklon. Nicht eine. Außerdem haben die Leute keinen Bock mehr, ihre Musik auf einem Computer zusammenzuklicken. Deswegen importieren sie sich wie die Blöden Deluges von einmal halb um den Erdball rum.
Es sollte einem auch zu denken geben, daß es nicht erst seit der Chipknappheit immer wieder Wartezeiten im Modularbereich gibt. Das kann doch nur heißen, daß gewisse Module einfach so gut nachgefragt sind, daß die Ein-Mann-Klitschen dahinter mit Löten nicht hinterherkommen. Genauso sollte es zu denken geben, daß nach dem letzten ARP-2600-Klon immer vor dem nächsten ARP-2600-Klon ist. Dabei spielt der ARP 2600 in der Rockmusik überhaupt keine Rolle und in Jazz, Soul und Funk auch nicht, weil sie da fast alle nur Minimoogs hatten.
Außerdem ist Retro gerade auch in der elektronischen Musik ein anhaltendes Thema. Synthwave – der Versuch, den Synthpop der 80er wiederzubeleben, aber von Leuten, die die 80er nur von YouTube oder
Stranger Things kennen – ist schon lange ein Thema. Italo Disco wird auch wieder mehr, genau wie Spacesynth (Instrumentalmusik, wie sie Laserdance gemacht hat). Nicht zu vergessen diejenigen, die immer noch der Berliner Schule verhaftet sind – und neben dem Stil von 1977 auch den Sound beibehalten wollen.
Martman