Eine kleine Anekdote zu diesem Thema:
Neulich hat mein Kirchenchor Mendelssohns Version von Psalm 42, "Wie der Hirsch schreit" aufgeführt. Ein Stückfür Chor, Solosopran und Orchester. Bei der Generalprobe brachte die junge Sopransolistin ihr Tablet mit und stellte es vor sich auf einen Notenständer. Von meiner Warte in der Bass-Riege aus konnte ich ihr über die Schulter schauen. Sie hatte immer die richtige Stelle der Partitur vor sich, und auch wenn die Dirigentin ab einen bestimmten Takt wiederholen wollte, fand die Solistin die richtige Stelle. Beeindruckend! Bei der Aufführung musste sie lediglich einmal pro Seite tippen, um auf die neue Seite zu kommen.
Tags darauf hatten wir die zweite Aufführung in einer anderen Kirche. Wieder hatte ich den Blick über die Schulter der Sopranistin. Und wieder tippte sie sich durch die Partitur ... bis zur zweiten Arie! Da war plötzlich kein Notenblatt mehr auf ihrem Tablet zu erkennen, sondern etwas, das wie ein Menu aussah. Die Solistin sang weiter, aber sie tippte dabei wie wild auf ihrem Bildschirm herum. Offensichtlich stand eine mehrstufige Ordnerstruktur zwischen ihr und ihrer Arie. Aber sie sang weiter auswendig - und gar nicht schlecht - und kurz vor dem Schluss der Arie hatte sie wieder ihr Notenblatt auf dem Schirm.
Ich war beeindruckt - so schön singen und dabei durch Menus browsen! Typisch Frau: Multitaskingfähig bis dort hinaus!
Andererseits: wenn sie so schön singen kann, während ihr Tablet sie ablenkt, wie wunderschön hätte sie gesungen, wenn sie von vorn herein auswendig gesungen hätte. Oder wenn sie zur Sicherheit nur eine Papier-Partitur in der Hand gehabt hätte.
Cheers,
Jed