Hallo Zusammen,
Eure Beiträge hier sind insgesamt sehr hilfreich und informativ. Es werden auch viele Missverständnisse teilweise aufgeklärt bzw. darauf hingewiesen. Manches ist mir aber immer noch nicht so ganz klar. So hat Uranus geschrieben:
Bei Kosto liegt ein Mißverständnis vor: Die GVL hat noch nie für Tonträgerverkäufe ausgeschüttet bzw. kassiert, denn das ist ja die Erstverwertung, für die der Künstler direkt von der Plattenfirma vergütet wird. Also sind selbst 1.000.000 verkaufte Einheiten keine Grundlage für Ansprüche. Was die GVL aber bisher gemacht hat, war in etwa folgendes: Man hat gesagt, wir wissen nicht welche Berechtigten wie wo und wann auf Sendung gehen, ganz zu schweigen, wer wann in welchem Club aufgelegt wird, etc. deshalb
gehen wir einfach her und fragen die Künstler: Wieviel Geld hast Du aus der Erstverwertung von deiner Plattenfirma, Produzenten, etc. bekommen? Da wir ungefähr davon ausgehen können, dass vielverkaufte oder hochbezahlte Produktionen mit entsprechend hohen Einnahmen auch entsprechen viel zweit- (z.B. Sendung, öffentliche Wiedergabe) und drittverwertet (z.B. private Aufnahme von Radioprogrammen) werden, bekommen dieses auch einen entsprechenden Anteil aus dem gesamten Topf. Das war bisher schon sehr "Pi mal Daumen", da aber JEDER was bekommen hat, kann man sagen, keiner wurde übergangen, nur die Großen leicht benachteiligt.
Das wusste ich so bisher gar nicht, da ich in den letzten 15 Jahren immer meine Lizenzabrechnungen einreichen konnte und nach Vorab-Abzug von 55% als Produzentin dann ca. 30-35 % von der GVL auf die Lizenzabrechnungen ausgeschüttet bekam.
Habe mir daher noch einmal den GVL-Wahrnehmungsvertrag angesehen. Nachfolgend ein Auszug:
GVL-Wahrnehmungsvertrag
Der Berechtigte überträgt der GVL zur Wahrnehmung im eigenen Namen alle ihm gegenwärtig zustehenden und während der Vertragsdauer zufallenden Leistungsschutzrechte als ausübender Künstler, insbesondere
- das Recht auf Einwilligung, wenn
- seine Darbietung außerhalb des Raumes, in dem sie stattfindet, durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich gemacht werden soll,
- seine Darbietung auf Bild- oder Tonträger aufgenommen werden soll,
- Bild- oder Tonträger vervielfältigt und körperlich oder unkörperlich verbreitet werden sollen,
- Seine Darbietung durch Funk gesendet werden soll;
- den Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, wenn
- erschienene Bild- und Tonträger durch Funk gesendet werden
seine Darbietung mittels Bild- oder Tonträger oder öffentlicher Zugänglichmachung öffentlich wahrnehmbar gemacht wird.
Hmmmh, das ist mal wieder Auslegungssache und ein Fall für die Juristen. Denn es heißt ja, dass der Berechtigte u.a. den Anspruch auf Zahlung einer Vergütung hat, wenn seine Darbietung mittels Bild- oder Tonträger oder öffentlicher Zugänglichmachung öffentlich wahrnehmbar gemacht wird.
Erst einmal steht hier gar nichts von Erst- und Zweit- und Drittverwertung. Dann stelle ich mir die Frage, wie man denn genau "öffentlich wahrnehmbar" definiert?
Sind denn beispielsweise Tonträger erst dann öffentlich wahrnehmbar, wenn sie mal im Radio, im Fernsehen gesendet worden sind? Oder auch schon, wenn sie in Clubs, Discos, Schulen, Kindergärten etc. gespielt werden? Sind manche Tonträger nicht schon alleine durch massive Print-Werbung oder Bewerbung und Herausstellung im Saturn, Mediamarkt etc. öffentlich wahrnehmbar gemacht? Was ist mit Tonträgern, die z.B. in der Deutschen Bahn immer wieder eingesetzt werden (kann man sich da über Kopfhörer was wählen - alle paar Monate wechselnde Titel, Hörspiele etc.) - sind die nicht auch öffentlich wahrnehmbar gemacht worden? Was ist mit den Tonträgern, die auch im Fernsehen beworben wurden und somit der Öffentlichkeit wahrnehmbar gemacht wurden? Und was ist mit Tonträgern, die über das Internet, wie z.B. Youtube, Myspace, erst öffentlich wahrnehmbar gemacht wurden und später auch u.a. von itunes, musicstore etc. weiter bekannt gemacht wurden und vertrieben wurden?
Fällt unter "öffentliche Zugänglichmachung" denn tatsächlich nur die Wahrnehmung über Funk und TV? Und wo steht das differenziert? Im Wahrnehmungsvertrag der GVL habe ich jedenfalls nichts gefunden.
Somit wurde hier aus meiner Laien-Sicht die Vertragsgrundlage einseitig seitens der GVL zu Ungunsten vieler Berechtigter wahrscheinlich einfach so geändert. Von "medialer Nutzung" als Grundlage für Zahlungsansprüche habe ich jedenfalls im Wahrnehmungsvertrag nichts lesen können.
Vielleicht wäre das mal ein nicht gänzlich uninteressanter Ansatz zu hinterfragen, wie genau "öffentliche Zugänglichmachung" definiert ist...
Und auch die Definition von "Öffentlichkeit". Wer ist denn die "Öffentlichkeit"? Etwa nur die Radiohörer und Fernsehzuschauer? Wohl kaum. Zur Öffentlichkeit gehören wohl sicherlich auch Besucher von Konzerten, von Discos, von Clubs, Kunden von diversen Märkten, die Tonträger, DVD´s etc. verkaufen, Kunden des Internets etc. etc.
Und was im Übrigen die Meldelisten auch von "öffentlich rechtlichen" Sendern angeht, so weiß ich aus sehr verlässlicher Quelle, das da auch Einiges im Argen liegt. Unabhängig davon, dass auch die großen Sender wohl auch eher "Pauschalen" an die GEMA und GVL leisten, sind sie aber trotzdem verpflichtet, auch Titellisten zu erstellen, von eben den Titeln, die sie gesendet haben. In der Theorie... Praktisch funktioniert das aber nach meinen Informationen nicht sehr oft...Und selbst WENN tatsächlich diese Titellisten erstellt worden sind, so gibt es teilweise ein "jahrelanges" Hick Hack darum, WER denn letztendlich den gesendeten Titel auf welchen Kostenträger verbuchen muss... Da schiebt wohl die eine Abteilung die Zuständigkeit auf die nächste, die wiederum auf die übernächste und so weiter und so fort...
Tja, das ganze Thema ist leider sehr schwierig, komplex und für uns Laien kaum durchschaubar und nachvollziehbar, da eben nicht sehr transparent.
Bin mal sehr gespannt, wie sich das Ganze weiter entwickelt...
Alles Gute
Kosto