Um mal hier ein wenig Spannung aus der Diskussion zu nehmen:
Jeder urteilt natürlich immer aus seinem eigenen Erfahrungsschatz heraus, und da ist es generell sehr schwierig Aussagen zu treffen, die irgendwie eine allgemeine Wahrheit wiederspiegeln.
Es mag doch gut sein, dass diese Profis ihre speziellen Ansprüche haben, und diese früher besser verwirklicht sahen, als heute.
Und genauso mag es sein, dass andere Ansprüche heutzutage eher erfüllt werden als früher. Das schließt sich ja überhaupt nicht gegenseitig aus, führt aber zu einer völlig konträren Ansicht der Sachlage.
Von daher macht es wenig Sinn hier jetzt über "die Profis haben keine Ahnung" zu lästern. Die mögen durchaus ihre validen Standpunkte haben. Es wäre da interessanter, konkrete Beispiele zu nennen, welche Ansprüche nicht mehr erfüllt werden.
Wenn ich hier Dinge lesen wie "Sattel ist nicht richtig gefeilt gewesen, so, dass die hohe E-Saite fast runterrutscht"... ja mei.. sowas ist ne Sache von 5 Minuten, dass dem Techniker im Laden zu geben, oder nem Gitarrenbauer, dass er nen neuen Sattel feilt. Solche Kleinigkeiten machen ja kein Instrument unspielbar.. genauso wie überstehende Bundenden.. da ists dann vllt etwas trocken in dem Raum, wo die Gitarren stehen, was bei viel Holz schonmal passieren kann.. entweder gibt sich das von alleine, sobald man die Gitarre in besser klimatisierte Wohnräume stellt, oder wieder 5 Minuten beim Tech, dass er die abfeilt.
Das ist mMn alles Pillepalle, die keinen Profi ernsthaft stört. Wenn man viel spielt, müssen Gitarren mal zum Doc, das ist nix Spektakuläres, oder Neues.
Der zweite Punkt ist die Frage des Überblicks: Wer hat ernsthaft einen Überblick darüber, wie die Gitarrenwelt vor 10, 20 Jahren aussah und wie sie heute aussieht.
Wie viele Gitarren von wie vielen Firmen muss man in der Hand gehabt haben, um da berechtigterweise Aussagen treffen zu dürfen.
Der Schreiberling vor mir denkt, dass 15 Martin Gitarren "über die Jahre hinweg" ihm den Durchblick verschaffen. Reicht das, sind es zuwenige? Die Frage darf sich jeder selbst stellen.
Ich hatte so 2007-2010 ein paar Jahre, wo ich wirklich viel in Musikläden rumhing und Gitarren angespielt hab. Grob geschätzt hatte ich in der Zeit sicher 1500 verschiedene Gitarren in der Hand. Ich persönlich bilde mir immer noch nicht ein, dass ich damals den Überblick hatte, sondern denke, dass ich nur einen kleinen Ausschnitt betrachtet hab. Und um einen ähnlichen Ausschnitt zu betrachten, müsste ich dasselbe heute nochmal machen.. Puh..
Um mal ne Zahl zu nennen: Martin hat laut eigener Webseite von 2004-2011 über 500.000 Gitarren gebaut.
Also über 70.000 Gitarren im Jahr..
Wer sollte da irgendwie auch nur annähernd irgendeine Übersicht haben, ob jetzt Gitarren aus 2014 besser sind, als von 2004, oder von 1994..
Und wenn man jetzt alle anderen Hersteller miteinbezieht, werden pro Jahr sicher mehrere Millionen akustische Gitarren produziert.. inwieweit sollte da selbst 1000 einen repräsentativen Durchschnitt darstellen.. und wer spielt schon 1000 Gitarren im Jahr an..?
Von daher ist jede ernsthafte Behauptung "x war früher besser als heute" generell nicht wirklich ernst zu nehmen, weil kein Mensch das wirklich umfassend behaupten könnte.
Wir machen alle nur Stichproben. Und vllt hab ich Glück, und bei 15 Gitarren sind 15 Gute dabei, oder ich hab Pech und bei 15 Gitarren sind 13 Miese dabei. Darauf aber Rückschlüsse auf die Gesamtproduktion zu ziehen, ist in beiden Fällen einfach unsinnig, weil es einen infinitesimalen Prozentsatz der Produktion widerspiegelt, der eben auch noch abhängig vom ungleichmäßigen Faktor Holz ist.
Das Thema ist jedenfalls spannend.
Evtl sollten wir das aus dem Userthread hier ausgliedern? Weil es ja doch eher ein allgemeines Thema ist..
EDIT: Nach kurzer Rücksprache ausgegliedert.