Yeah! Das ist mein Thread, wo ich doch seit mittlerweile 11 Jahren den Musikunterricht besuche!
Aber ich muss sagen, der Musikunterricht an Schulen ist eines meiner Ansicht nach einer der größten Fehler im deutschen Schulsystem. In der Grundschule und der Unterstufe am Gymnasium war Musik immer lustig, weil eigentlich nur gesungen wird und wenn es auf die Mittelstufe und vor allem Oberstufe zu geht, kommen dann eben noch die Biographien einiger der großen Musiker aus der Klassik, dem Barock, usw. (Schubert, Mozart, etc.) dazu und Musiktheorie.
Als Schlagzeuger kann ich musiktheoretisch natürlich nicht mit der Saxophonistin meiner Klasse mithalten, aber darum geht es ja auch nicht, denn der Musik ist ja für die völligen Musiklaien gedacht, wie es die meisten Schüler auch sind.
Meine Zeugnisnoten sind mit zunehmender Therorie auch abgesackt und jetzt in der 11. Klasse bin ich auch nach 13,5 Jahren Schlagzeug spielen bei der Zeugnisnote 4 angelangt. (In der 5. und 6. Klasse war es noch eine 1) :screwy:
Ich muss auch sagen, dass ich weiß Gott nicht der Schüler bin, der den ganzen Tag nichts anderes macht als für die Schule zu lernen, aber dass die Zeugnisnote für den Musikunterricht tatsächlich so unabhängig davon ist, wie sehr ich mich sonst mit Musik beschäftige, finde ich doch kurios.
Auch wenn ich eine Rockband habe, die meiste Zeit bei einem klassischen Rockschlagzeuger Unterricht hatte (9 oder 10 Jahre, danach Musikschulwechsel) und eben gerne auch mal mit einfachen Grooves auf die Pauken....sorry, Trommeln schlage, kann ich auch anders. Ich spiele in der (Jazz-)Schulband und mache Gelegenheitsjobs bei Gitarrenensembles, Saxophonensembles oder dem Percussion Ensemble meines Schlagzeuglehrers. Und bei solchen Sachen werde ich am meisten dafür gelobt, dass ich so leise und dezent wär und kein Solo aus meinem Posten als Begleitinstrumentalist mache.
Aber was nach der Unterstufe dann im Musikunterricht passiert, ist für mich einfach nicht akzeptabel und es wundert mich nicht, dass in der Jugend keiner mehr Lust hat auf Klassik (mich zähle ich hier dazu). Denn mit dieser ganzen Theorie, die wir lernen müssen, wird der Unterricht ganz schön trocken. Ich sehe es vollkommen ein, dass man ein bisschen Hintergrundwissen haben sollte über berühmte Musiker aus früheren Jahrhunderten und dass der Quintenzirkel auch seine Daseinsberechtigung hat, ABER wer wundert sich darüber, dass keiner von uns den Quintenzirkel auswendig lernen will, wenn wir nicht einmal wissen, was man damit soll und was man damit anstellen kann??? Und warum muss ich die Geschichte des fliegenden Holländers in und auswendig können und alle möglichen Stilmittel lernen?
Worauf ich hinauswill, ist, dass es zum einen zu viel Theorie ist und man viel zu viele Kleinigkeiten behandelt, die gerade einen Nicht-Musiker niemals interessieren werden. Zum anderen fehlt die Umsetzung des ganzen. In der Grundschule haben wir oftmals ein bisschen auf den Glockenspielen zusammengespielt, es waren zwar ganz einfache Sachen, aber so fängt man nun mal an Musik zu machen und Spaß gemacht hat es (mir zumindest) immer. Aber jetzt in der Ober- und auch schon in der Mittelstufe gibt es das nicht mehr. Kein Singen und kein Spielen. Der Musik-Unterricht der 11. Klasse besteht zu 100% (!!!!) aus auswendig lernen. Daher auch meine ausreichende Note, denn ein großer Auswendig-Lerner bin ich nun mal nicht. Und da ginge für mich der Spaß an der Musik völlig verloren, wenn ich nicht wüsste, was Musik wirklich ist.
Es muss ja nicht einmal etwas kompliziertes oder höchst geniales sein, was man als Lehrer mit seinen Schülern macht, aber einfache Rhytmus Übungen oder eben einfache Melodien mit Glockenspielen o.ä. würde das ganze schon um einiges interessanter machen. Oder man könnte die Schüler auch einfach mal mit dem Quintenzirkel vor ein Klavier setzen (und das gibt es in jedem Musikraum) und dann sollen sie sich mal selbst eine Tonleiter zusammenbasteln. Dann wissen sie auch, was es überhaupt bedeutet, wenn eine Tonleiter 3 # oder 4 b hat.
Auswendig lernen tun wir Schüler in anderen Fächern schon genug. Und auch wenn viele oder die meisten sogar erst einmal laut aufstöhnen oder sich darüber lustig machen, haben sie doch mehr davon, als von irgendwelchen Stilmitteln, die sie sowieso nicht lernen. Vielleicht ist die 11. Klasse auch einfach die extremste Stufe in dieser Hinsicht, aber anstatt der einen Musikstunde in der Woche, hätten wir auch eine Geschichtsstunde mehr machen können und das da lernen.
Puh, was für ein Text. Aber wenigstens interessiert sich mal ein Lehrer dafür und vielleicht kann ich ja dann zumindest in einem Fall etwas daran ändern. Sicherlich habe ich jetzt noch irgendetwas vergessen von dem, was ich noch schreiben wollte, aber wenn es so ist, melde ich mich nochmal.
Edith sagt mir gerade, dass hier noch jemand geschrieben hat, während ich auch mit Schreiben beschäftigt war. Also zu Hiaslayer:
Meine Musiklehrerin wusste (ich hatte nur das erste Halbjahr Musikunterricht) auch, dass ich in der Schulband spiele, aber ich weiß eben nicht auf Anhieb, wie viele Kreuze C-moll hat und ich weiß auch nicht, wie jeder einzelne Takt in einer Sinfonie auszusehen hat, weshalb ich natürlich meine 4 auch absolut verdient habe.
Mal ganz abgesehen davon, dass ich es auch nicht besonders kreativ finde, ein Stück genau nach so einem ziemlich detaillierten Schema zu schreiben. Aber zum Glück hat sich die Musik ja doch weiterentwickelt...